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Zunehmende Bedeutung der außen­wirtschafts­rechtlichen Investitions­kontrolle für das Transaktions­geschäft

01.02.2019

Die Verschärfung der Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen stellt einen globalen Trend dar, der sowohl in den USA als auch innerhalb der Europäischen Union zu beobachten ist. Diesem liegt die allgemeine Befürchtung des Ausverkaufs nationaler Schlüsseltechnologien und einer damit verbundenen Bedrohung der nationalen Sicherheit zugrunde. Korrespondierend steigt die Bedeutung einer Beachtung der einschlägigen Regelungen für das Transaktionsgeschäft. Dieser Beitrag widmet sich daher den wesentlichen Auswirkungen der Vorschriften zur Investitionskontrolle nach deutschem Recht auf Unternehmenstransaktionen.

Aktuelle Verschärfung der AWV

Mit der am 19.12.2018 beschlossenen und am 29.12.2018 in Kraft getretenen Zwölften Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) (wir berichteten) hat die Bundesregierung die Prüfschwellen in einigen Bereichen deutlich herabgesetzt und zudem Medienunternehmen in den Kreis der der Investitionskontrolle unterliegenden besonders gefährdeten Unternehmen aufgenommen. Damit hat sie den Anwendungsbereich der in §§ 55-62 AWV geregelten Investitionskontrolle erheblich erweitert.

Anwendungsbereich der Investitionskontrolle

Nach aktueller Rechtslage ist hinsichtlich des Prüfungsrechts des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) nach der Art des von der Transaktion betroffenen Unternehmens zu differenzieren:

  • Für Unternehmen der Rüstungs- sowie IT-Sicherheits-Industrie liegt die Prüfeintrittsschwelle nach §§ 60 Abs. 1 S. 1, 60a Abs. 1 AWV bei einer Mindestbeteiligung von 10% der Stimmrechte.
  • Für Unternehmen, die bestimmte, besonders sicherheitsrelevante zivile Infrastrukturen betreiben oder Leistungen im Umfeld solcher Infrastrukturen erbringen (§ 55 Abs. 1 S. 2 AWV) gilt nach §§ 55 Abs. 1 S. 1, 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV ebenfalls eine Mindestbeteiligung von 10% der Stimmrechte als Prüfeintrittsschwelle. Betroffen sind Unternehmen in folgenden Sektoren: Energie, Wasser, Lebensmittel, Informationstechnologie und Telekommunikation, Cloud Computing, Gesundheit, Finanzen und Versicherungen, Transport und Verkehr, Telematik und Medien.
  • Bei den übrigen Unternehmen ist das BMWi erst ab einer Mindestbeteiligung von 25% der Stimmrechte zu einer Prüfung befugt.

Auswirkungen auf Transaktionen

Aufgrund der Ausweitung des Anwendungsbereichs der Investitionskontrolle unterfallen nun Transaktionen noch häufiger einer außenwirtschaftsrechtlichen Prüfung. Dabei sind v.a. folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Meldepflichten

Der Erwerb eines Unternehmens der Rüstungs- oder IT-Sicherheits-Industrie iSv § 60 Abs. 1 S. 1 AWV ist dem BMWi nach § 60 Abs. 3 AWV schriftlich zu melden. Eine derartige Meldepflicht besteht nach § 55 Abs. 4 AWV ebenfalls für den Erwerb der Unternehmen im Umfeld besonders sicherheitsrelevanter ziviler Infrastrukturen iSv § 55 Abs. 1 S. 2 AWV. Die Verletzung der Meldepflichten ist derzeit nicht bußgeldbewehrt. Sie verzögert jedoch den Anlauf von Prüffristen (s.u.).

Beantragung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung

Unabhängig vom Bestehen einer Meldepflicht empfiehlt sich aus Gründen der Rechtssicherheit die Beantragung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des BMWi nach § 58 AWV. Zwar ist diese kein gesetzliches Erfordernis einer Transaktion, insbesondere besteht kein gesetzliches Vollzugsverbot wie etwa im Kartellrecht. Bei negativem Prüfungsergebnis stellt die Untersagung des Unternehmenserwerbs durch das BMWi allerdings nach § 15 Abs. 2 AWG eine auflösende Bedingung des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts dar. Bei Unternehmen der Rüstungs- und IT-Sicherheits-Industrie führt die Untersagung nach § 15 Abs. 3 AWG sogar zur Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts. Zur Vermeidung unnötiger Risiken ist die Einholung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung vor Signing oder spätestens vor einem Closing daher zu empfehlen. Würde man sich dem Risiko einer Rückabwicklung aussetzen, wäre je nach Käufer- oder Verkäufersicht Vorsorge zu treffen, dass ein gezahlter Kaufpreis wieder zurückgezahlt oder ein veräußertes Unternehmen in einem Zustand wie bei Übertragung an den Verkäufer wieder herausgegeben werden kann. Regelmäßig sind dahingehende Reglementierungen nicht praktikabel.

Beachtung zeitlicher Anforderungen

Zudem gilt zu beachten, dass sich von der Investitionskontrolle betroffene Transaktionen verzögern können. So bleiben dem BMWi im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung nach § 55 Abs. 3 S. 1 AWV drei Monate ab Kenntniserlangung zur Einleitung einer Prüfung und nach § 59 Abs. 1 S. 1 AWV weitere vier Monate zur Durchführung. Die Höchstfrist zur Einleitung des Prüfverfahrens beträgt gemäß § 55 Abs. 3 S. 6 AWV fünf Jahre. Im Rahmen einer sektorspezifischen Prüfung betragen die beiden Fristen nach § 61 S. 2 AWV sowie
§ 62 Abs. 1 AWV jeweils drei Monate. Auch in diesem Zusammenhang weist die Beantragung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung den Vorteil auf, dass sie nach § 58 Abs. 2 S. 1 AWV als erteilt gilt, wenn nicht innerhalb von zwei Monaten nach Antragseingang ein Prüfverfahren eröffnet wird (sog. Phase 1-Prüfung). Auf diese Weise kann die erste Frist zumindest um einen Monat reduziert werden. Zudem kann hinsichtlich des sich streckenden Prüfungsverfahrens die Aufnahme bestimmter Vertragsklauseln für Rechtssicherheit sowie eine interessengerechte Risikoverteilung sorgen. So kann etwa das Long Stop Date auf eine voraussichtliche Prüfverfahrensdauer abgestimmt werden.

Vertraulichkeit

Anders als etwa das Kartellverfahren ist das Verfahren nach dem Außenwirtschaftsrecht nicht öffentlich. Das BMWi hat zudem besondere Maßnahmen zur Wahrung der Vertraulichkeit getroffen. Die Vertraulichkeit bestimmter mit der Transaktion zusammenhängender Informationen sollte die Beteiligten daher jedenfalls nicht per se von der Beantragung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung abhalten.

Fazit

Bei grenzüberschreitenden Transaktionen gehört die Wahrung der Anforderungen der Investitionskontrolle zu den immer wichtiger werdenden Aspekten der Unternehmenstransaktion. Es gilt, deren mögliche Implikationen bei der Investitionsentscheidung und Planung der Transaktion zu antizipieren. Findet dies Beachtung, sollte das Außenwirtschaftsrecht nicht zum Fallstrick eines Deals werden.

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