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Zur EU-Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden - Teil 3

07.01.2020

Wie können sich Arbeitgeber vor Missbrauch des von der Richtlinie gewährten Schutzes für Hinweisgeber schützen?

Wie in Teil 1 dieser Serie dargelegt, gewährt die Richtlinie einen sehr weitreichenden Schutz vor Repressalien jeder Art. Da die Richtlinie zudem dem Arbeitgeber auferlegt, den Beweis dafür zu erbringen, dass eine ergriffene arbeitsrechtliche Maßnahme in keinem Zusammenhang zu einem erteilten Hinweis des betroffenen Arbeitnehmers steht, ist die Missbrauchsgefahr des von der Richtlinie gewährten Schutzes evident. Begrüßenswert ist daher immerhin, dass die Richtlinie eine Sanktionierung wissentlich falscher Hinweise verlangt (Art. 23 Abs. 2).

1. Unzureichender Schutz vor falscher Verdächtigung

Die Richtlinie erschwert die Durchsetzung dieser Sanktionsmöglichkeit aber, indem gemäß Art. 23 Abs. 1 lit. c Sanktionen für natürliche und juristische Personen eingeführt werden sollen, die mutwillige Gerichtsverfahren gegen Hinweisgeber anstrengen. Dabei ist unklar, was es bedeutet, ein Gerichtsverfahren gegen einen Hinweisgeber anzustrengen. Verteidigt sich etwa ein Unternehmen auf Beklagtenseite im Rahmen eines gegen das Unternehmen geführten Kündigungsschutzverfahrens, dürfte dies nach dem Wortlaut nicht durch Art. 23 verboten sein. Denn die Richtlinie verlangt umfangreiche Rechtsschutzmöglichkeiten des Hinweisgebers (vgl. Erwägungsgründe 97, 98), womit die Rolle des Unternehmens auf Beklagtenseite naturgemäß korrespondiert. Fraglich ist jedoch, ob Art. 23 Abs. 1 lit. c auch einer Klage gegen den Hinweisgeber wegen falscher Verdächtigung entgegensteht oder gar einer Strafanzeige. Eine solche Auslegung wäre zu weitgehend. Denn eine Offenbarung von (womöglich falschen) Informationen kann für ein Unternehmen rufschädigend sein, hiergegen muss es sich gerichtlich schützen dürfen, ohne gerade dafür Repressalien zu befürchten; das gebietet schon Art. 19 Abs. 4 GG. Zudem kann es nicht mutwillig sein, sich eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu bedienen. Unternehmen müssen daher die Möglichkeit haben, gegen einen solchen Verdacht notfalls gerichtlich vorzugehen.

2. Wie kann sich ein Arbeitgeber vor Missbrauch des durch die Richtlinie gewährten Schutzes wehren?

Um sich vor Missbrauch zu schützen und sich gegen den Vorwurf, ergriffene arbeitsrechtliche Maßnahmen stünden mit einem zuvor abgegeben Hinweis im Zusammenhang, wirksam verteidigen zu können, ist eine möglichst umfassende Dokumentation anzuraten. Dabei sollte die Dokumentation jedenfalls den Eingang der Meldung und den Umgang mit ihr umfassen. Werden arbeitsrechtliche Schritte gegen einen Hinweisgeber erwogen, sollten die Beweggründe dafür ebenfalls umfassend dokumentiert werden, um den Nachweis zu erleichtern, dass die Maßnahme keine Repressalie für einen Hinweis hin darstellt. Dazu wird es hilfreich sein, verschiedene arbeitsrechtliche Prozesse (bspw. Krankmeldungen, Eingang eines Hinweises und die ergriffene arbeitsrechtliche Maßnahme) zusammenzuführen, um Missbrauchspotential frühzeitig zu erkennen. 

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