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Adidas verliert eine seiner (vielen) "Drei Streifen"-Marken – EuG bestätigt Nichtigkeit

08.07.2019

Am 19. Juni 2019 hat das Gericht der Europäischen Union („EuG“) in Bezug auf die folgende Unionsmarke der adidas AG („adidas“): 

                                                                                                           

ein Urteil erlassen (Rechtssache T-307/17). Das EuG bestätigte darin die Entscheidungen zweier Vorinstanzen, nämlich der Nichtigkeitsabteilung und der 2. Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO), in denen diese die Auffassung vertraten, dass die streitgegenständliche Unionsmarke keine Unterscheidungskraft besitze, und zwar weder originäre, noch durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft. Gegen das Urteil kann (und wird aller Wahrscheinlichkeit nach) Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingelegt werden.

Der Konflikt besteht seit Dezember 2014, als Shoe Branding Europe BVBA („Shoe Branding“) einen Antrag auf Nichtigerklärung gegen die streitgegenständliche Marke einreichte, die als Bildmarke für „Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen“ in Klasse 25 eingetragen war und wie folgt beschrieben wurde: „Die Marke besteht aus drei parallelen und im gleichen Abstand zueinander angeordneten Streifen einheitlicher Breite, die in beliebiger Richtung an der Ware angebracht sind.“ Shoe Branding beanstandete, dass das Zeichen keine Unterscheidungskraft habe. Adidas bestritt nicht, dass die Marke keine originäre Unterscheidungskraft besitze, im Klageverfahren versuchte adidas (mit Unterstützung des Markenverbands Marques) jedoch nachzuweisen, dass die vorgenannte „Drei Streifen“-Marke Unterscheidungskraft durch Benutzung erlangt hatte.

In diesem Zusammenhang trug adidas zunächst vor, dass das EUIPO die Marke falsch interpretiert habe und argumentierte, dass es sich bei dieser um ein “Muster” handele, das je nach den Waren, auf denen es angebracht wird, in unterschiedlichen Dimensionen und Proportionen wiedergegeben werden kann. Das EuG wies demgegenüber darauf hin, dass ein Markeneigentümer keinen weitergehenden Schutz beanspruchen könne, als denjenigen, der durch die grafische Darstellung seiner Marke gewährt werde. Daher wies das Gericht die Argumentation von adidas mit der Begründung zurück, dass die streitgegenständliche Marke nicht in spezifischen Dimensionen beantragt worden sei, da sie als Bildmarke eingetragen worden sei, und dass sich aus der grafischen Darstellung nicht ergebe, dass sie aus einer Reihe von Elementen, die regelmäßig wiederholt werden (d. h. einem Muster), bestehe.

adidas berief sich des Weiteren darauf, dass das EUIPO das “Prinzip der zulässigen Abweichungen” falsch angewendet habe, wonach die Nutzung einer Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, welche die Unterscheidungskraft der Marke nicht beeinflussen, ebenfalls als Benutzung dieser Marke anzusehen ist.

In diesem Zusammenhang erörterte das EuG den Begriff der „Benutzung“ und erinnerte daran, dass die Anforderungen an eine rechtserhaltende Benutzung denjenigen an eine erworbene Unterscheidungskraft entsprechen. In diesem Sinne ist es möglich, die Nutzung eines Zeichens zu berücksichtigen, das lediglich unwesentlich von der Form abweicht, in der dieses eingetragen wurde, sodass beide Zeichen als insgesamt gleichwertig angesehen werden können.

Zum Zweiten befasste sich das Gericht im vorliegenden Fall mit der Anwendung des „Prinzips der zulässigen Abweichungen” und nahm dabei u.a. Bezug auf nachstehende Beispiele für die von adidas vorgelegten Beweise: 

                                                                               

Das EuG stellte fest, dass dann, wenn eine Marke extrem einfach ist, selbst geringfügige Änderungen dieser Marke signifikante Änderungen darstellen können, sodass die geänderte Form nicht mehr als weitgehend gleichwertig mit der Marke, wie sie registriert wurde, angesehen werden kann. Die streitgegenständliche Marke enthalte keinerlei Wortelemente und verfüge nur über sehr wenige Merkmale, eines hiervon sei die Verwendung von drei schwarzen Streifen vor einem weißen Hintergrund, was einen spezifischen Kontrast hervorrufe. Angesichts der extremen Schlichtheit der Marke und der Bedeutung dieser Charakteristik könne die Umkehrung des Farbschemas selbst dann nicht als unbedeutende Abweichung im Vergleich zur eingetragenen Form angesehen werden, wenn ein scharfer Kontrast beibehalten werde. Aus diesen Gründen hat die Beschwerdekammer des EUIPO aus Sicht des Gerichts die Beweismittel, auf denen drei weiße (oder helle) Streifen vor einem schwarzen (oder dunklen) Hintergrund, zwei schwarze Streifen vor einem weißen Hintergrund, oder in Breite und Länge variierende und signifikant zugeschnittene Streifen zu sehen waren, zu Recht zurückgewiesen.

Schließlich wurde seitens adidas geltend gemacht, dass die Beschwerdekammer des EUIPO zu Unrecht festgestellt habe, dass adidas die erworbene Unterscheidungskraft durch Benutzung ihrer Marke nicht nachgewiesen habe.

Von der (enormen Menge) der eingereichten Beweismittel wurden die meisten der Dokumente verworfen, hauptsächlich deswegen, da sie sich auf Marken bezogen, die mit der Marke, wie sie eingetragen wurde, nicht weitgehend gleichwertig waren, oder weil diese sich auf andere Waren bezogen (z. B. Sporttaschen), sie nicht den Umfang und die Dauer der Benutzung oder die Auswirkung dieser Benutzung auf die Wahrnehmung der Marke durch das relevante Publikum aufzeigten, oder es nicht ermöglichten, zwischen den eingereichten Zahlen und der streitgegenständlichen Marke bzw. fraglichen Waren eine Verknüpfung herzustellen.

Insofern wurden lediglich fünf Marktstudien vom Gericht für relevant gehalten. Das Gericht erinnerte an die vom EuGH ca. ein Jahr zuvor in der „Kit Kat“-Entscheidung (verbundene Rechtssachen C‑84/17 P, C‑85/17 P und C‑95/17 P – siehe unseren Artikel hier), in Bezug auf die erworbene Unterscheidungskraft aufgestellten Grundsätze, wonach es zwar nicht notwendig ist, in Bezug auf jeden einzelnen Mitgliedsstaat Beweise vorzulegen, diese Nachweise aber geeignet sein müssen, den Erwerb von Unterscheidungskraft durch Benutzung in sämtlichen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nachzuweisen. Vor diesem Hintergrund wurden die erwähnten, lediglich in fünf Mitgliedstaaten durchgeführten Marktstudien, die weder auf sämtliche Mitgliedstaaten hochgerechnet, noch durch zusätzliche Beweise vervollständigt oder gestützt werden könnten, vom Gericht für unzureichend gehalten, um die erworbene Unterscheidungskraft in der gesamten Europäischen Union nachzuweisen.

Dieser vom EuG verfolgte strenge Ansatz bei der Prüfung der Beweise für eine erworbene Unterscheidungskraft durch Benutzung verstärkt die Bedenken, dass die Hürden (sowohl hinsichtlich der Kosten als auch des Aufwandes) insbesondere für nicht traditionelle Marken, für die das gesamte EU-Gebiet relevant ist, für Markeninhaber (insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, wie durch Marques hingewiesen) zu hoch sein könnten. Zudem weicht dieses Urteil von der früheren Rechtsprechung der EU-Gerichte in vergleichbaren Fällen ab. So vertrat das EuG zum Beispiel in seinem Urteil vom 17. Januar 2018 (Rechtssache T-68/16) unter anderem die Ansicht, dass   eine rechtserhaltende Nutzung der Unionsbildmarke  darstelle.

Das EuG führte aus, dass „wenngleich die Proportionen und die verwendete Farbe für das Kreuz variieren können (…) ändern diese Elemente hier jedoch nicht die unterscheidungskräftigen Merkmale der fraglichen Marke, die in schwarz-weiß eingetragen ist, da die Farbe nicht als einer der wesentlichen Faktoren angesehen werden kann, die dieser Marke ihre Unterscheidungskraft verleihen“. Das Gericht wies weiterhin darauf hin, dass „die Benutzung verschiedener Farben berücksichtigt werden kann, da der Kontrast zwischen der Grundfarbe und den Linien, die das Kreuz bilden, respektiert wird“. Die Marke in diesem Fall war allerdings eindeutig ein Positionsmarke und das angestrebte Monopol deutlich enger , als das von adidas beantragte. Falls dies so vom EuGH bestätigt würde, würde der Fall eine Tendenz der europäischen Gerichte bestätigen (veranschaulicht durch den Fall „Red Bull“ - verbundene Rechtssachen T-101/15 und T-102/15, siehe auch unseren Artikel hier), sehr einfache Zeichen oder solche, die einen übermäßig breiten Schutz anstreben, gegen ihre Inhaber auszulegen.

Gewerblicher Rechtsschutz

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