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Aktuelle Änderung des polnisches Wettbewerbs- und Verbraucherschutzes

10.11.2015

 

Am 16. Oktober 2015 wurde erneut eine umfassende Änderung des Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetzes im polnischen Gesetzblatt veröffentlicht, die in 6 Monaten in Kraft treten wird. Die Gesetzesänderung gibt dem polnischen Amt für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz („UOKiK“) sehr wirksame neue Werkzeuge an die Hand. Diese sind das Ergebnis der fortbestehenden Fokussierung auf die Bekämpfung von missbräuchlichen Praktiken auf dem Markt für Finanzprodukte und sonstiger Verstöße gegen den Verbraucherschutz.

Die Änderung beruht auf einer gemeinsamen Initiative des UOKiK, des Finanzministeriums und des Justizministeriums. Obschon es diesbezüglich umfangreiche öffentliche (branchenfokussierte) Konsultationen gab, lief der gesamte Gesetzgebungsprozess im beschleunigten Verfahren und dauerte insgesamt weniger als ein halbes Jahr ab Veröffentlichung des ersten Gesetzesvorschlags.

Das neue Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetz verbietet das Anbieten von Finanzprodukten, die für Verbraucherbedürfnisse nicht geeignet sind. Neue Bestimmungen ermöglichen es dem UOKiK, Mitteilungen und Warnungen im öffentlichen Radio und Fernsehen zu veröffentlichen, um Verbraucher schnell und effektiv über Marktverhalten informieren zu können, das den kollektiven Verbraucherinteressen zuwider läuft. Darüber hinaus wird das UOKiK die Befugnis erhalten, Stellungnahmen im Rahmen von Gerichtsverfahren abzugeben, soweit dies im Verbraucherinteresse geboten erscheint.

Weitere Änderungen betreffen Verfahrensaspekte des Verbraucherschutzes. Das neue Kontrollverfahren für Praktiken, die mutmaßlich gegen kollektive Verbraucherinteressen verstoßen, kann nun von Amts wegen oder auf Wunsch von Verbrauchern, ihren rechtlichen Vertretern, dem Versicherungsombudsmann oder einer Verbraucherorganisation eingeleitet werden. Der Präsident des UOKiK wird den missbräuchlichen Charakter einer Klausel oder Praktik prüfen und deren weitere Anwendung untersagen können. Die Wirkung einer solchen Entscheidung wird jedoch nur auf das Unternehmen, das eine solche Klausel oder Praktik angewendet hat, sowie auf die Verbraucher, die aufgrund der Klausel oder der Praktik einen Vertrag mit dem Unternehmen geschlossen haben, begrenzt sein. Ferner kann der Präsident des UOKiK künftig diverse Ordnungsstrafen und Abhilfemaßnahmen anordnen – d.h. bestimmte Maßnahmen, die das Unternehmen zu ergreifen hat, um die Folgen einer missbräuchlichen Klausel in einem Verbrauchervertrag zu beheben (z.B. Information der Verbraucher über die Entscheidung). Nach den neuen Kronzeugenregelungen entgeht ein Unternehmen, bei dem ein Verstoß gegen die Verbraucherschutzbestimmungen festgestellt wurde, der Strafe (bis zu 10% des Umsatzes), wenn es sich eigenständig zur Änderung der Praktik verpflichtet (d.h. wenn es ihren missbräuchlichen Charakter beseitigt).

Ferner wird mit dem neuen Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetz die Institution der sogenannten „Mystery Shopper“ eingeführt. Dadurch kann das UOKiK Beweise für Verbraucherinteressen verletzende Praktiken erlangen und Informationen prüfen, die Verbrauchern vor Vertragsschluss erhalten. Das UOKiK wird einen „Mystery Shopper“ nur nach richterlicher Verfügung einsetzen können. Weiterhin wird der Einsatz des „Myster Shoppers“ auf die Überprüfung der Methoden, die ein Unternehmen im Rahmen des Angebots eines Produktes oder einer Dienstleistung anwendet, oder des Verfahrens, das zum Abschluss von Verbraucherverträgen führen soll, beschränkt sein.

Ein weiteres und vermutlich das schärfste der neuen Werkzeug im Arsenal des UOKIK ist die Befugnis zur Verhängung einstweiliger Verfügungen im Rahmen laufender Kontrollverfahren. Einmal verhängt, bleibt eine solche Verfügung bis zur Verkündung der abschließenden Entscheidung wirksam. Einstweiligen Verfügung werden es dem UOKiK ermöglichen beim Schutz kollektiver Verbraucherinteressen schneller zu reagieren. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass dieses wirksame Werkzeug schwerwiegende – in manchen Fällen ungerechte - Vermögenseinbußen beim betroffenen Unternehmen verursachen könnte.

Es ist hervorzuheben, dass dies bereits die zweite Runde umfassender Änderungen des  Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetzes innerhalb der vergangenen 12 Monate ist. Die Änderungen der ersten Runde traten im Januar 2015 in Kraft und brachten lang erwartete und viel diskutierte Änderungen, die auf eine Entformalisierung und Vereinfachung zahlreicher Verfahren abzielten. Damit wurden neue Verfahren für die Fusionskontrolle eingeführt und Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Absprachen verbessert. Somit geht der Trend deutlich zur Verbesserung der Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen, Durchsetzungsmechanismen und Rechtsbehelfen. Abgesehen von diesen wirksamen Werkzeugen im Dienste des Wettbewerbs- und Verbraucherschutzes, hat sich das UOKiK auf der anderen Seite auch einem offenen Dialog, der direkten Kommunikation mit Unternehmen und der Transparenz der eigenen Tätigkeiten verschrieben. Dieser Richtungswechsel beruht nicht nur auf den mit den Gesetzesänderungen verbundenen neuen Pflichten, sondern auch auf der Änderung der internen Richtlinien. Ein Schritt, der sichtbar mehr Unternehmer einlädt, mit dem UOKiK und seinen Vertretern offener zusammenzuarbeiten.

 

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