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Anteils­bewertung im Squeeze-out-Fall bei vorliegendem Beherrschungs- und Gewinn­abführungs­vertrag

14.07.2016

Barwert der Ausgleichszahlungen oder anteiliger Ertragswert?
Kommentar zu BGH v. 12.1.2016 – II ZB 25/14, AG 2016, 359

Die Ermittlung einer angemessenen Barabfindung im Falle des Ausschlusses eines Minderheitsaktionärs (Squeeze-out) bei vorliegendem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ist eine in der Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutierte Frage. Einige Stimmen plädieren dafür, dass allein der anteilige Ertragswert maßgeblich sei, andere wollen nur den Barwert der Ausgleichszahlungen ansetzen, während eine dritte Gruppe den Barwert der Ausgleichszahlungen als Wertuntergrenze ansieht und ein (erweitertes) Meistbegünstigungsprinzip einführen will. Aufgrund einer Vorlage des OLG Frankfurt hat der BGH am 12.1.2016 für die Praxis nun entschieden, dass der anteilige Ertragswert dann maßgebend ist, wenn dieser über dem Barwert der Ausgleichszahlungen liegt. Dabei hat er ausdrücklich offen gelassen, ob er im Barwert der Ausgleichszahlungen eine Wertuntergrenze sieht, und hat damit das Meistbegünstigungsprinzip (vorerst) nicht etabliert.

Für die Praxis hat diese Entscheidung zur Folge, dass die Annahme über die zu erwartende Restlaufzeit des Unternehmensvertrags an Bedeutung gewinnt. Beispielsweise ist die Annahme einer nächstmöglichsten Kündigung des Unternehmensvertrags durch den Mehrheitsaktionär dann naheliegend, wenn der anteilige Unternehmensgewinn nachhaltig unterhalb der festen Ausgleichszahlung fällt. Denn aufgrund dieser Entscheidung werden die Gerichte davon ausgehen, dass ein rational handelnder Mehrheitsaktionär nicht an einem für ihn nachteiligen Unternehmensvertrag festhält. Die neue Rechtsprechung des BGH lässt ebenfalls erwarten, dass die betroffenen Minderheitsaktionäre die Ausgleichszahlungen nach § 304 AktG den Abfindungen nach § 305 AktG vorziehen werden, da der Minderheitsaktionär nun mit der Ausgleichszahlung nicht nur eine von der künftigen Entwicklung des Unternehmens unabhängige Zahlung erhält, sondern ihm zugleich eine Option eingeräumt wird, die es ihm bei einem späteren Squeeze-out erlaubt, an einer günstigen Wertentwicklung in Form eines etwaig höheren anteiligen Ertragswerts zu partizipieren. Der Mehrheitsaktionär hingegen wird grundsätzlich schon dann einen Squeeze-out durchführen, wenn abzusehen ist, dass der anteilige Unternehmensgewinn nachhaltig die (feste) Ausgleichszahlung übersteigen wird.

Der gesamte Beitrag und die dazugehörige BGH-Entscheidung wurde in der aktienrechtlichen Fachzeitschrift "Die Aktiengesellschaft" (AG 10/2016, S. 354 ff. bzw. 359 ff.) veröffentlicht.