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Anti-Korruption - Das Jahr 2021 im Rückblick

12.01.2022

Gesetzespolitisch stand das Jahr 2021 unter dem Eindruck der sogenannten „Maskenaffäre“, erheblichen Provisionszahlungen an Abgeordnete für die Einflussnahme auf Beschaffungsentscheidungen von Ministerien zum Erwerb von Schutzausrüstung. Dies hat zu gesetzlichen Änderungen im Zusammenhang mit Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten geführt. Daneben gab es auch obergerichtliche und höchstrichterliche Entscheidungen, die für die Compliance Praxis große Bedeutung haben werden.

Geschenke, Spenden und Sponsoring

Mit Urteil vom 18.05.2001 – 1 StR 144/20 bestätigte der Bundesgerichtshof seine frühere Rechtsprechung, wonach die Gewährung von Spenden zur Förderung von Kunst und Wissenschaft, mildtätigen oder sozialen Zwecken und auch des Sports grundsätzlich zulässig ist. Eine die Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB auslösende Pflichtverletzung liege dann nicht vor, wenn dies zu Zwecken der Werbung, der Steigerung der Bekanntheit des Unternehmens oder zur Verbesserung der Reputation erfolge und die Zuwendung aufgrund sachgerechter Motive gewährt werde, sie eine Nähe zum Unternehmensgegenstand habe, sie im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage des Unternehmens angemessen sei und innerbetriebliche Transparenz gewahrt bleib. Dies gilt selbst dann, wenn der wirtschaftliche Nutzen für das Unternehmen nicht genau bestimmt werden kann.

Während diese Grundsätze für Zuwendungen an Dritte uneingeschränkt gelten, betont der Bundesgerichtshof die Pflicht zur Wahrung des Gesellschaftsvermögens bei unternehmensinternen Zuwendungen an Mitglieder der Geschäftsführung oder des Aufsichtsrats. Geschenke und sonstige Zuwendungen, die nicht mit einem Vermögensvorteil für das Unternehmen verbunden sind, dürften nur in geringem Wert und aus herkömmlichen Gründen von Höflichkeit und Anstand gewährt werden. Luxuriöse Geschenke innerhalb der Unternehmensleitung seien keinesfalls zulässig.

Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten

Im Zusammenhang mit der so genannten Maskenaffäre hatte das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 17.11.2021 – 8 St 3/21, 8 St 4/21) über die Frage zu entscheiden, ob Provisionszahlungen an Bundestags- bzw. Landtagsabgeordnete für die Vermittlung von Maskengeschäften mit Behörden als Tätigkeit „bei Wahrnehmung seines Mandats“ dem Bestechungsverbot des § 108e StGB unterfallen. Unter Bezugnahme auf die Gesetzgebungshistorie entschied es, dass hierunter nur solche Handlungen oder Unterlassungen fielen, die einen Parlamentsbezug besitzen. Dies betreffe alle Tätigkeiten, die in Zusammenhang mit parlamentarischen Entscheidungen, Prozessen oder Ähnlichem stünden. Hierzu zählen nur Handlungen, die der Ausübung des Mandats im Parlament selbst, in parlamentarischen Gremien oder Gruppen sowie innerhalb der Fraktion dienten. Nicht tatbestandsmäßig seien hingegen Zuwendungen für außerhalb des Mandats liegende Sachverhalte, beispielsweise für Nebentätigkeiten oder wenn die Autorität des Mandats oder die Kontakte des Mandatsträgers ausgenutzt werden, um einen außerparlamentarischen Vorgang zu beeinflussen, insbesondere zur Beeinflussung von Entscheidungen von Ministerien, Behörden oder sonstiger Stellen der Verwaltung. Obgleich sowohl die Strafrechtskonvention des Europarates über Korruption vom 27.01.1999 und das UN-Übereinkommen gegen Korruption vom 31.10.2003 eine Strafbarkeit auch solcher Verhaltensweisen gebieten, habe sich jedoch der Bundesgesetzgeber bei Schaffung des § 108e StGB bewusst gegen eine derart weite Strafbarkeit entschieden.

In Reaktion auf die Maskenaffäre wurde das Abgeordnetengesetz geändert und Verbote für die Annahme von Geld oder geldwerten Zuwendungen für unmittelbar mit dem Mandat im Zusammenhang stehende Tätigkeiten, die entgeltliche Interessenvertretung für Dritte gegenüber Bundestag oder Bundesregierung oder für entgeltliche Beratungstätigkeiten im Zusammenhang mit der Mandatsausübung ausgesprochen sowie Anzeigepflichten für Nebentätigkeiten erweitert. Zudem wurde § 108e StGB zu einem Verbrechen hochgestuft und die Strafdrohung erheblich angehoben. Anstelle von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe beträgt die Strafdrohung nunmehr Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Hierdurch ist eine Ahndung im Strafbefehlswege nicht mehr möglich, zudem stehen den Ermittlungsbehörden nunmehr weitere Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung, u.a. der Einsatz verdeckter Ermittler.

Amtsträgerkorruption

Im Zusammenhang mit der Regensburger Spendenaffäre hat der Bundesgerichtshof zur Strafbarkeit von Zuwendungen an einen Bewerber für politische Ämter Stellung genommen. Die Strafvorschriften der §§ 331 ff. StGB über Amtsträgerbestechung (gleiches gilt für die Abgeordnetenbestechung nach § 108e StGB) setzen voraus, dass der Bestochene zum Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung das Amt bereits innehabe. Abmachungen mit dem Ziel, dass ein Bewerber für ein politisches Amt, der ein Amt noch nicht ausübt, nach einem Obsiegen im Sinne des Zuwendenden handle, seien straflos. Trotz dieser Ungleichbehandlung zwischen einem Amtsinhaber und einem erstmaligen Kandidaten erfordere die Amtsstellung eine bestimmte Selbstbeschränkung. Bei Amtsträgern ist strafbar jede Zuwendung für die Dienstausübung, d.h. für irgendein Handeln oder Unterlasen, das zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört. Unerheblich sei insoweit, ob der Amtsträger für die erwartete Handlung nach der internen Geschäftsverteilung hierfür auch zuständig sei. Es reiche aus, wenn die Handlung zum allgemeinen Aufgabenbereich des Amtsträgers gehöre. Diese Grundsätze der Amtsträgerbestechung seien auch dann anzuwenden, wenn sich ein Amtsträger für ein anderes Amt bei demselben Dienstherrn bewerbe. Bei Zuwendungen in Bezug auf ein künftiges Amt liegt eine Strafbarkeit somit dann vor, wenn der gegenwärtige Aufgabenbereich des Kandidaten in seiner jetzigen Funktion demjenigen des Wahlamtes vergleichbar ist, während Straflosigkeit vorliegt, wenn die Aufgabenbereiche gänzlich verschieden sind.

Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr

In dem Beschluss vom 02.02.2021 – 2 StR 155/20 hatte der Bundesgerichtshof die Strafbarkeit eines für Personalangelegenheiten zuständigen Interim-Managers einer Gesellschaft zu beurteilen, der für Personalvermittlungsleistungen einen Dienstleister beauftragt hat, an dem er selbst eine maßgebliche Beteiligung erworben hat. Der Bundesgerichtshof führte aus, dass eine Strafbarkeit des Interim-Manager wegen Untreue aus zweierlei Gründen in Betracht käme, nämlich durch Beauftragung des Dienstleisters, obgleich die Personalsuche zu seinen eigenen Aufgaben als Interim-Manager gehört habe oder durch Außerachtlassung etwaiger günstigerer Angebote von anderen Dienstleistern. Ferner komme durch Erwerb der Beteiligung eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in Betracht, wenn er die Beteiligung nur deshalb eingegangen sei, um dem Dienstleister Aufträge durch die von ihm betreute Gesellschaft zu erteilen, da er dann mittelbar von der Beauftragung des Dienstleisters persönlich profitierte.

Nach § 299 Abs. 2 Nr. 1 StGB macht sich wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr strafbar, wer Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens zum Zwecke einer unerlaubten Bevorzugung beim Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt. Zuwendungen an Privatpersonen oder an Betriebsinhabern hingegen sind straflos. Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28.07.2021 – 1 StR 506/20 soll Betriebsinhaber derjenige sein, dem der Betrieb gehöre oder der Grundlagenentscheidungen für den Betrieb treffen könne. Als Betriebsinhaber seien daher der Einzelkaufmann, der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH oder der Komplementär einer GmbH & Co. KG anzusehen. Bei einer Aktiengesellschaft soll Betriebsinhaber die Gesamtheit aller Aktionäre sein. Weil das Landgericht nicht geprüft habe, ob alle Aktionäre mit der Zuwendung an den Vorstand einverstanden gewesen seien, wurde die Verurteilung zur weiteren Sachverhaltsaufklärung aufgehoben. Mit dieser Entscheidung weicht der Bundesgerichtshof von der bislang ganz einhelligen Auffassung ab, wonach das Einverständnis des Arbeitgebers oder des Geschäftsherrn unbeachtlich sei und eine Strafbarkeit nicht ausschließen könne, da § 299 StGB vor allem die Interessen der Wettbewerber schütze. Ob damit künftig in allen Fällen von einer Straflosigkeit auszugehen ist, in denen ein im Voraus ausgesprochenes Einverständnis des Geschäftsherrn vorliegt, kann jedoch nicht prognostiziert werden. Ebenso bleibt offen, welche Voraussetzungen an ein derartiges Einverständnis des Geschäftsherrn zu stellen sind.

Betriebsausgabenabzugsverbot von korruptiven Zuwendungen

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG dürfen Zuwendungen, die den Gegenstand eines Strafgesetzes verwirklichen, nicht als Betriebsausgaben steuerlich in Abzug gebracht werden. Der Bundesfinanzhof hat im Urteil vom 15.04.2021 – IV R 25/18 klargestellt, dass die Finanzbehörde die Beweislast für das Eingreifen eines Betriebsausgabenabzugsverbotes habe. Für das Abzugsverbot genüge es zudem nicht, wenn nur der objektive Tatbestand einer Korruptionstat verwirklicht wurde. Vielmehr müsse auch der subjektive Tatbestand erfüllt sein. Daher müsse die Finanzbehörde auch das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes, bei Korruptionsdelikten insbesondere vorsätzliches Handeln, nachweisen.

Herausgabe von Schmiergeldzahlungen

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Arbeitnehmer oder Beauftragter, der sich bestechen lässt, dem Arbeitgeber bzw. Geschäftsherrn zur Herausgabe des erlangten Schmiergeldes verpflichtet. In seinem Urteil vom 25.2.2021 – 8 AZR 171/19 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der bestochene Arbeitnehmer auch dann persönlich zur Rückzahlung verpflichtet sei, wenn das Schmiergeld nicht an ihn, sondern einen als Strohmann agierenden Dritten bezahlt worden war. Zwar müsse der Arbeitgeber im Regelfall beweisen, dass der Arbeitnehmer etwas erlangt habe. Könne der Arbeitnehmer aber keinen vernünftigen Grund nennen, warum Zahlung an einen Dritten erfolgt sei, dürfe der Tatrichter dies im Rahmen der Beweiswürdigung von der Strohmanneigenschaft des Dritten ausgehen. 

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