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Ausser­ordentliche Kündigung eines Franchise­nehmers

26.05.2015

OLG München, Urteil vom 14. Oktober 2014, Az. 7 U 2604/13

Hintergrund

Für ein Franchisesystem ist die Einheitlichkeit seines Erscheinungsbildes sowie der Qualität seiner Produkte oder Dienstleistungen für dessen Erfolg von maßgeblicher Bedeutung. Dies nicht nur deshalb, damit der Kunde bei allen Franchisebetrieben des Systems einen Wiedererkennungseffekt hat und so auch eine etwaige Kundenbindung eintritt. Verstöße einzelner Franchisenehmer gegen solche entsprechend im Franchisevertrag geregelten Vorgaben können daher nicht nur beeinträchtigende, sondern sogar schädigende Wirkung für das gesamte Franchisesystem in Form von Image- oder Rufschädigung haben. Denn jedenfalls aus der Sicht des Kunden kommen im Franchising die Produkte oder Dienstleistungen „aus einer Hand“. Begeht der Franchisenehmer entsprechende Pflichtverletzungen bleibt dem Franchisegeber oftmals nur noch der Weg einer außerordentlichen Kündigung um weiteren Schaden vom Franchisesystem abzuwenden und dessen Einheitlichkeit wiederherzustellen und das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen.

Mit dem Fall einer außerordentlichen Kündigung wegen solcher von einem Franchisenehmers begangenen vertraglichen Pflichtverletzungen hatte sich das OLG München (Urteil vom 14. Oktober 2014 – 7 U 2604/13) zu befassen.

Sachverhalt

Der Franchisenehmer eines Fastfood-Restaurants klagte auf Schadensersatz wegen der nach seiner Ansicht unberechtigten außerordentlichen Kündigung, die der Franchisegebers aufgrund einer Vielzahl von Pflichtverletzungen des Franchisenehmers aussprach. Bei den Pflichtverletzungen, die im Wesentlichen bei drei Betriebsprüfungen durch den Franchisegeber festgestellt worden sind, handelte es sich insbesondere um den Verstoß gegen die vom Franchisegeber vorgegebenen Bekleidungsvorschriften, Lebensmittel- und Hygienevorschriften sowie gegen Zubereitungsvorschriften.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das OLG München hat die Schadensersatzklage des Franchisenehmers abgewiesen, da die außerordentliche Kündigung des beklagten Franchisegebers im Ergebnis wirksam war. Damit fehlte es an einer kausalen Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB – vorliegend also einer unwirksamen Kündigung – seitens des Franchisegebers, die für einen Schadensersatzanspruch des Franchisenehmers Voraussetzung wäre.

Das OLG München führt zunächst aus, dass die Regelung zur außerordentlichen Kündigung aufgrund der Verwendung des Wortes „insbesondere“ im Franchisevertrag nicht abschließend geregelt ist. Dies bedeute, dass neben der vertraglichen Regelung auch die gesetzlichen Vorschriften betreffend einer außerordentlichen Kündigung zur Anwendung kämen, wie die allgemeine zivilrechtliche Vorschrift des § 314 BGB oder die des § 89a HGB im Handelsvertreterrecht (ob diese für ein Handelsvertreterverhältnis geltende Regelung auf den vorliegenden Franchisevertrag wirklich passen, ließ der Senat jedoch offen). Daraus folge, dass eine Mehrzahl einzelner Pflichtverstöße des Franchisenehmers, auch wenn sie je für sich die vertraglichen Anforderungen nicht erfüllten bzw. die Wesentlichkeitsschwelle nicht überschritten, den Franchisegeber jedenfalls dann zur Kündigung nach § 314 I BGB berechtigten, wenn sich in der Gesamtschau unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen ergebe, dass die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für den Franchisegeber nicht mehr zumutbar sei.

Die einzelnen Pflichtverletzungen seien dabei keine „Lappalien“, da sie den Franchisegeber der Gefahr der Rufschädigung bzw. der Beschädigung des Markenimages ausgesetzt hätten. Denn die beim Bekanntwerden der einzelnen Pflichtverstöße vorhersehbare Reaktion der Öffentlichkeit träfe nicht nur den Franchisenehmer, sondern auch und vor allem den Franchisegeber und dessen andere Franchisenehmer. Dem Franchisesystem sei nämlich immanent, dass der Kunde einen einheitlichen Standard in jedem angeschlossenen Restaurant erwarte und somit negative Abweichungen vom Standard in einem einzelnen Restaurant auf das gesamte System und damit auf jedes beteiligte Restaurant zurückfalle.

Das OLG München kommt schließlich unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu dem Ergebnis, dass nicht jede dieser Pflichtverletzungen für sich genommen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde, auch wenn, wie es festgestellt hat, die einzelnen Pflichtverletzungen keine „Lappalien“ seien. Vielmehr lasse erst die Zusammenschau der Pflichtverletzungen über einen längeren Zeitraum die außerordentliche Kündigung „vertretbar“ erscheinen. Demgegenüber hätten die Interessen des Franchisenehmers am Fortbestand des Vertragsverhältnisses zurückzutreten. Auch sei hier das Erfordernis einer Abmahnung gewahrt, da der Franchisegeber bereits in früheren Schreiben betreffend im Kern wesensähnlicher Vorgänge – auch wenn sie nicht im Detail aufgeführt worden seien – hinreichend zum Ausdruck gebracht habe, gegebenenfalls das Vertragsverhältnis zu beenden.

Fazit

Die Vergabe des operativen Geschäfts an einzelne Franchisenehmer ist für das Franchisesystem Segen und Fluch zugleich: Die Systemzentrale kann sich durch die Vergabe von Franchisen auf die Weiterentwicklung des Know-hows und der Produkte oder Dienstleistungen konzentrieren, während das operative Geschäft regelmäßig Franchisenehmern überlassen wird, die den erfolgreiche Betrieb einer Franchisefiliale als selbständige Unternehmer in Eigenverantwortung führen. Damit ist aber auch die Gefahr verbunden, bei etwaigen Pflichtverletzungen des Franchisevertrages auf die Franchisenehmer nicht mehr derart einwirken zu können, um auftretende Missstände schnell und unkompliziert abzustellen, wie es etwa der Fall wäre, wenn der Betrieb in Eigenregie durch den Franchisegebers geführt würde.

Die Entscheidung des OLG München zeigt, dass auch Pflichtverstöße, die einzeln gesehen keine „Lappalie“ sein mögen, erst in einer Zusammenschau eine außerordentlichen Kündigung nach Meinung des Gerichts lediglich „vertretbar“ erscheinen lassen. Dies ist insofern misslich, als die vorliegenden Pflichtverstöße auch einzeln bereits eine Intensität erreicht hatten, die geeignet war, den Ruf und das Image des Franchisesystems in Frage zu stellen bzw. zu gefährden. Gerade hierauf muss der Franchisegeber schnell und effektiv reagieren können, um Schaden für sein System und die anderen Franchisenehmer abzuwenden.

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