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Besteuerungsfragen zu Bitcoin, Ethereum und anderen Kryptowährungen

11.09.2018

In jüngster Zeit sind Kryptowährungen, nicht zuletzt wegen der eindrucksvollen Kursentwicklung des Bitcoin bis kurz vor Weihnachten 2017, in aller Munde und aus der Tages- und Fachpresse nicht mehr wegzudenken. Aus Sicht der Steuerpflichtigen wurden mit der und im Anschluss an die EuGH-Entscheidung im Fall Hedqvist (Urteil vom 22. Oktober 2015, Az. C-264/14) wichtige Meilensteine bei der umsatzsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen gesetzt. Darüber hat die Bundesregierung Ende Januar 2018 zu Fragen der umsatz- und ertragsteuerlichen Behandlung des Mining und der Verwendung von Kryptowährungen Stellung bezogen (s. BT-Drs. 19/370 vom 5. Januar 2018, S. 21 f.). Vor dem Hintergrund der Flut der zur Themenstellung veröffentlichten Fachliteratur dient der folgende Beitrag einer Kurzzusammenfassung von geklärten und (noch) offenen Fragen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Kryptowährungen.

1. Umsatzsteuer: Das EuGH-Urteil in der Rechtssache Hedqvist und seine Folgen

Mit Urteil vom 22. Oktober 2015 entschied der EuGH (s.o.), dass es sich beim Umtausch konventioneller Währungen in Bitcoin und umgekehrt um eine entgeltliche Dienstleistung  handelt, die allerdings gem. Art. 135 Abs. 1 lit. e) MwStSysRL einer Umsatzsteuerbefreiung unterliegt. Die Finanzverwaltung benötigte daraufhin über zwei Jahre, um der Umsetzung des Urteils mit der Veröffentlichung im Bundessteuerblatt II (s. BStBl. 2018 II, S. 211) und einem BMF-Schreiben vom 27. Februar 2018 (s. BStBl. 2018 I, S. 316) sowie einer Erweiterung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (s. Abschnitt 4.8.3 Abs. 3a UStAE) gerecht zu werden. Seither gelten die folgenden Grundsätze bei der Umsatzbesteuerung von Kryptowährungen aus Verwaltungssicht als gefestigt:

    • Kryptowährungen sind gem. Abschnitt 4.8.3 Abs. 3a UStAE – artenunabhängig (Bitcoin, Ethereum etc.) – als sog. virtuelle Währungen den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichzustellen. Hierzu ist allerdings erforderlich, dass diese von den an der Transaktion beteiligten als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert worden sind und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen.

    • Der Umtausch von Kryptowährungen in konventionelle Währungen und umgekehrt stellt folglich – im Einklang mit dem eingangs erwähnten EuGH-Urteil – eine steuerbare sonstige Leistung dar, die gem. § 4 Nr. 8 lit. b) UStG (betrifft Umsätze und Vermittlung von Umsätzen mit gesetzlichen Zahlungsmitteln) umsatzsteuerfrei ist.

    • Darüber hinaus ist die Verwendung von Kryptowährungen als Zahlungsmittel, z.B. bei der Hingabe von Bitcoins als Bezahlung für erhaltene Leistungen, als bloße Entgeltentrichtung nicht steuerbar.

    • Beim Erhalt von Kryptowährungen als Zahlungsmittel bestimmt sich die für die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage maßgebende Entgelthöhe für den leistenden Unternehmer anhand des zum Leistungszeitpunkt zuletzt veröffentlichten Umrechnungskurses der jeweiligen Kryptowährung. Den leistenden Unternehmer trifft die entsprechende Dokumentationspflicht.

    • Beim Mining von Kryptowährungen, mithin der Zurverfügungstellung eigener Rechenleistung zur Erlangung von Kryptowährungseinheiten bzw. Transaktionsgebühren, handelt es sich um nichtsteuerbare Vorgänge, da die Leistungen der Miner nicht im Rahmen von Leistungsaustauschverhältnissen erbracht werden.

    • Hinsichtlich der Leistungen aus der Zurverfügungstellung von Wallets und Handelsplattformen handelt es sich grundsätzlich um steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen, soweit der Leistungsort im Inland verortet werden kann.

Insgesamt lässt sich positiv festhalten, dass die Finanzverwaltung im Nachgang des EuGH-Urteils im Fall Hedqvist (s.o.) umfänglich zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen Stellung bezogen hat.

Die sich aus dem Schreiben vom 27. Februar 2018 ergebende Auffassung der Finanzverwaltung ist allerdings in den Fällen mit äußerster Vorsicht zu genießen bzw. überhaupt nicht auf solche Fälle übertragbar, in denen die entsprechenden Kryptowährungseinheiten über die Zahlungsmittelfunktion hinausgehende Funktionen beinhalten. Dies betrifft insbesondere Umsätze in Zusammenhang mit sog. Crypto Tokens, die Unternehmen immer häufiger in Form von Initial Coin Offerings (ICO) zu Finanzierungszwecken emittieren. Die umsatzsteuerliche Behandlung der Ausgabe, des Umtauschs und der Verwendung entsprechender Crypto Tokens bedarf folglich einer Einzelfallbetrachtung unter Zugrundelegung der durch die Crypto Tokens zu erfüllenden Funktionen.

2. Ertragsteuern: Punktuelle Rechtssicherheit

Während bei den österreichischen Nachbarn durch ein Schreiben des hiesigen BMF vom 25. Juli 2017 weitgehende Klarheit hinsichtlich der ertragsteuerlichen Einordnung von Kryptowährungen im Privat- und Betriebsvermögen herrscht, hat die deutsche Finanzverwaltung bislang nur punktuell Stellung bezogen.

Aus einem Erlass der Finanzbehörde Hamburg vom 11. Dezember 2017 (Az. S 2256-2017/003-52), den eingangs erwähnten Antworten des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf eine Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN) vom 5. Januar 2018 (s.o.) sowie einer Kurzinformation der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westphalen vom 20. April 2018 ergeben sich die folgenden ertragsteuerlichen Beurteilungsgrundsätze.

Hinsichtlich des Mining von Kryptowährungseinheiten durch Privatinvestoren ist aus Verwaltungssicht wie folgt zu unterscheiden:

    • Soweit es sich beim Mining von Kryptowährungen um eine gelegentliche Tätigkeit eines Privatinvestors handelt, können Einkünfte aus sonstigen Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG vorliegen. Diese sind erst ab einer Höhe von EUR 256,00 im Kalenderjahr einkommensteuerpflichtig.

    • Das Mining von (etablierten) Kryptowährungen ist nach Auffassung der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westphalen mittlerweile aber derart ressourcenintensiv, dass insoweit regelmäßig von Einkünften aus Gewerbebetrieb auszugehen sei. Siehe hierzu die untenstehenden Ausführungen für gewerbliche Investoren.

    • In letzterem Fall ist eine Einzelfallprüfung der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG (insb. Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht, Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, Abgrenzung zur Vermögensverwaltung) geboten.

Die Verwendung von erworbenen Kryptowährungseinheiten durch Privatinvestoren stellt sich nach Auffassung der Finanzverwaltung wie folgt dar:

    • Der Tausch oder Rücktausch von angeschafften (d.h. nicht selbst geminten) Kryptowährungen in eine konventionelle Währung oder eine andere Kryptowährung innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung bei Privatinvestoren stellt ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar. Das gleiche gilt für die Verwendung von erworbenen Kryptowährungseinheiten als Zahlungsmittel. Im Umkehrschluss unterliegt die Veräußerung/Verwendung von Kryptowährungseinheiten nach über einem Jahr nicht der Einkommensteuer.

    • Als Veräußerungspreis ist der Wert der erhaltenen Kryptowährung, konventionellen Währung bzw. Ware anzusetzen. Ergibt sich nach Gegenüberstellung mit den Anschaffungskosten (für die im Falle unterschiedlicher Anschaffungszeitpunkte die FiFo-Methode Anwendung finden soll) ein Gewinn, bleibt dieser bei Unterschreitung der in § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG vorgesehenen Freigrenze i.H.v. EUR 600,00 p.a. steuerfrei. Verluste sind gem. § 23 Abs. 3 Sätze 7 und 8 EStG nur eingeschränkt nutzbar.

Für das Mining bzw. die Verwendung von Kryptowährungseinheiten durch gewerbliche Investoren (insb. Kapitalgesellschaften, gewerbliche Personengesellschaften) gilt nach der Verwaltungsauffassung das Folgende:

    • Anschaffungs-, Herstellungs- und Veräußerungsvorgänge von Kryptowährungen unterliegen den allgemeinen Bewertungs- und Bilanzierungsgrundsätzen.

    • Die Kosten für das Mining von Kryptowährungen sind steuerlich berücksichtigungsfähig, wobei erzielte Gewinne vollständig steuerpflichtig sind (Einkommensteuer/Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag sowie Gewerbesteuer).

In Grundzügen bestehen damit auch hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen wichtige Anhaltspunkte zur steuerlichen Behandlung. Unterdessen wäre es wünschenswert, wenn die Finanzverwaltung auch zu folgenden kritischen Einzelthemen Stellung beziehen würde:

    • Hinsichtlich einer Abgrenzung der gewerblichen von der vermögensverwaltenden Tätigkeit bei Privatinvestoren im Zusammenhang mit dem Mining von Kryptowährungen in den gängigen Verfahren (Proof-of-Work, Proof-of-Stake, Pool Mining und Cloud Mining) besteht weitgehend Rechtsunsicherheit. Eine Übertragbarkeit der Grundsätze zum gewerblichen Wertpapierhandel oder zum gewerblichen Goldhandel bleibt abzuwarten.

    • Weitgehend ungeklärt ist auch die Frage nach den Besteuerungsfolgen von sog. (Hard) Forks, bei denen eine bestehende Blockchain aufgespalten wird (z.B. Bitcoin Cash, Ether Classic). Ob hierbei ein nicht steuerbarer oder ein nach Tausch- bzw-Wertabspaltungsgrundsätzen zu behandelnder Vorgang vorliegt, bleibt bislang durch die Finanzverwaltung unbeantwortet.

    • Die steuerliche Behandlung von Krypto Airdrops, bei denen Teilnehmern an einem Blockchain Projekt kostenlos Krypto Coins bzw. Token zur Verfügung gestellt werden, bleibt ebenfalls weitgehend im Dunkeln. Fraglich ist insbesondere, ob es dadurch bei Privatinvestoren zu einer Ausweitung der einjährigen Spekulationsfrist (s.o.) auf zehn Jahre kommt.

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