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BGH verhandelt erneut zu fehler­haften Brust­implantaten in Sachen „PIP“

16.09.2019

Der Bundesgerichtshof wird am 19. September 2019 erneut über die Frage verhandeln, ob eine Benannte Stelle für fehlerhafte Silikonbrustimplantate haften muss. Bereits vor gut zwei Jahren, am 22. Juni 2017, hat der Bundesgerichtshof über einen ganz ähnlichen Sachverhalt entschieden. Der Fall betraf die Haftung einer Benannten Stelle gegenüber einer Patientin, die sich auf ärztlichen Rat von PIP hergestellte Brustimplantate hatte entfernen lassen. Nach Vorlage im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens an den Europäischen Gerichtshof hatte es der Bundesgerichtshof damals dahinstehen lassen können, ob grundsätzlich eine vertragliche oder deliktische Haftung Anwendung findet. Eine Haftung schied im konkreten Fall bereits mangels Pflichtverletzung aus. In der diese Woche zur Verhandlung stehenden Sache wird es erneut darum gehen, welche Anspruchsgrundlagen für einen Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Silikonbrustimplantate in Betracht kommt.  

 

Insbesondere kommt ein Schadensersatzanspruches nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Frage. Es ist allerdings nicht zu erwarten, dass die Klägerin, eine Krankenkasse, welche die Ansprüche aus übergegangenem Recht der bei ihr versicherten Patientinnen geltend macht, damit durchdringen kann. Für eine Einbeziehung der Patientinnen in den Schutzbereich des zwischen einer Benannten Stelle und eines Medizinprodukteherstellers geschlossenen Zertifizierungsvertrages besteht grundsätzlich kein Raum, wie in der Vorinstanz vom OLG Nürnberg aus meiner Sicht bereits zutreffend entschieden wurde. Mit der Zertifizierung des Qualitätssicherungssystems und der Auslegungsdokumentation ist nicht der Schutz von Dritten beabsichtigt. Die Benannte Stelle prüft im Rahmen der Zertifizierung lediglich einzelne Aspekte des Verfahrens - die Verantwortung für die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben an das konkrete Medizinprodukt verbleibt jedoch beim Hersteller. Nichts anderes ist in den medizinprodukterechtlichen Vorschriften angelegt. Das CE-Zeichen dient gerade nicht als Ausweis für besondere Qualität und hat haftungsrechtlich keinerlei Relevanz.

 

Auch eine Haftung nach deliktischen Grundsätzen kommt wohl nicht in Betracht, denn es fehlt an dem schutzgesetzlichen Charakter der für die Zertifizierung anwendbaren Norm, § 6 Abs. 2 des Medizinproduktegesetzes. Insbesondere sind, wie die Vorinstanz richtigerweise betont, aus der Vorschrift keine Ge- oder Verbote abzuleiten, die es rechtfertigen könnten, anzunehmen, dass der Gesetzgeber diese Norm in den deliktrechtlichen Individualschutz einbezogen wissen wollte.

 

Das mag insgesamt ein unbefriedigendes Ergebnis für die betroffenen Patientinnen sein, entspricht aber den aktuellen rechtlichen Vorgaben. Die Medizinprodukteverordnung, die ab Mai 2020 gilt, wird das Prüfprogramm der Benannten Stellen erheblich verschärfen, so dass von vornherein Fälle wie der PIP-Skandal verhindert werden sollen.

 

Schiedsverfahren

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