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BGH zu Stoffverboten nach RoHS und ElektroStoffV

13.02.2017

Mit einer erst kürzlich veröffentlichten Entscheidung vom 21.09.2016 (Az. I ZR 234/15) hat der Bundesgerichtshof (BGH) soweit ersichtlich erstmals in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren zu den Stoffverboten gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 ElektroG a.F. bzw. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroStoffV Stellung genommen.

I. Hintergrund

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. hatte im Jahr 2012 Kompaktleuchtstofflampen aus zwei verschiedenen Serien des Sortiments eines Herstellers auf die Einhaltung stoffbezogener Anforderungen überprüft und dabei Quecksilbergehalte von 13 mg bzw. 7,8 mg festgestellt. Sie hatte daraufhin den Hersteller auf Unterlassung in Anspruch genommen, da die Lampen nach ihrer Einschätzung mehr Quecksilber enthalten haben, als gesetzlich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ElektroG a.F. bzw. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ElektroStoffV erlaubt.

II. Entscheidung

Der BGH hat den erhobenen Unterlassungsanspruch letztinstanzlich bestätigt. Der Hersteller habe durch den Vertrieb von Energiesparlampen mit einem Quecksilbergehalt von 7,8 mg bzw. 13 mg gegen die zum damaligen Zeitpunkt geltenden Vorgaben des § 5 ElektroG a.F. verstoßen. Der Vertrieb der in Rede stehenden Lampen verstoße darüber hinaus nunmehr gegen § 4 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1, Abs. 3 ElektroStoffV und sei damit auch im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung noch wettbewerbswidrig.

1. Stoffverbote sind Marktverhaltensregelungen

Der BGH betont, dass sowohl nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ElektroG aF als auch nach § 4 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 und 3 ElektroStoffV Kompaktleuchtstofflampen 5 mg Quecksilbergehalt nicht überschreiten dürfen. Die Vorinstanz war noch davon ausgegangen, dass bei Überschreitung dieses absoluten Grenzwertes, der aus einer Ausnahmeregelung gem. Anhang III zur 2011/65/EU („RoHS“) folgt, wieder auf den relativen Grenzwert von 0,1 Gewichtsprozent je homogenem Material abzustellen sei. Diesem Ansatz ist der BGH jedoch nicht gefolgt. Ein derartiger Rückgriff auf den relativen Grenzwert komme nach Ansicht des BGH im Anwendungsbereich einer Ausnahme nach den Vorgaben der zugrunde liegenden Richtlinie nicht in Betracht.

Ausdrücklich bestätigt hat der BGH, dass die in § 4 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Elektro-StoffV enthaltenen Stoffverbote Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG darstellen. Der BGH stützt diesen Befund im Wesentlichen darauf, dass die Stoffbeschränkungen jedenfalls auch dem Gesundheits- und Verbraucherschutz dienen. Der BGH begründet die Einordnung der Stoffverbote als Marktverhaltensregelung dabei mit einer spezifischen Risikobetrachtung, da höhere Quecksilbergehalte insbesondere beim Zerbrechen von Lampen zu erhöhten Gesundheitsrisiken führen würden.

Aus der Entscheidung dürfte aber nicht gefolgert werden können, dass es für die Einordnung eines Stoffverbotes gem. ElektroStoffV als Marktverhaltensregelung stets einer zumindest abstrakten produkt- und stoffspezifische Risikolage in Bezug auf den Verwender bzw. Verbraucher ankommt. Dies hätte zur Folge, dass z.B. in Abhängigkeit von dem konkret belasteten homogenem Material und der Verwendung des Produktes die Beantwortung der Frage nach der wettbewerbsrechtlichen Relevanz des Stoffverbots sehr unterschiedlich ausfallen würde. Allerdings sind Elektro- und Elektronikgeräte bei Verstoß gegen die Stoffverbote nach § 3 Abs. 1 ElektroStoffV generell nicht verkehrsfähig; auf eine Risikobetrachtung kommt es insofern nicht an. Zudem ist die Einhaltung der Stoffverbote gem. ElektroStoffV bzw. RoHS durch Anbringung eines CE-Kennzeichen zu erklären. Die wettbewerbsrechtliche Relevanz folgt daher bereits aus einer entsprechend unzutreffenden Kennzeichnung von Produkten, welche die anwendbaren Stoffverbote nicht einhalten, gleichwohl aber ein CE-Kennzeichen tragen.

2. Strenge Anforderungen für bloße „Bagatellverstöße“

Der BGH hat sich nicht vertieft mit der Frage auseinandergesetzt, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die beanstandeten Produkte als bloße „Ausreißer“ hätten angesehen werden können. Der beklagte Hersteller hat hierzu nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Es wäre aber gerade die Aufgabe des darlegungs- und beweisbelasteten Herstellers gewesen, das Vorliegen bloßer „Ausreißer“ z.B. durch Vorlage geeigneter technischer Unterlagen und Prüfberichte nachzuweisen. Ausdrücklich betont hat der BGH allerdings, dass an die Geltendmachung eines bloßen Bagatellverstoßes „strenge Anforderungen“ zu stellen sind. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Stoffverbote auch den Schutz der Gesundheit bezwecken und daher regelmäßig geeignet sind, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen.

III. Fazit

Mit der nun vorliegenden Entscheidung hat der BGH die wettbewerbsrechtliche Dimension der Stoffverbote gem. ElektroStoffV bzw. RoHS klargestellt. Jenseits der Maßnahmen der zuständigen Marktüberwachungsbehörden werden sich Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten daher auch weiterhin wettbewerbsrechtlichen Angriffen ausgesetzt sehen können, soweit die Stoffverbote nicht eingehalten werden. Darüber hinaus dürfte aus dem nun vorliegenden Urteil des BGH gefolgert werden können, dass auch Stoffverbote in anderen Regelungsbereichen dann als Marktverhaltensregelungen anzusehen sind, wenn diese zumindest auch dem Gesundheits- und Verbraucherschutz dienen. Dies wäre etwa für Beschränkungen gem. Anhang XVII zur Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 („REACH“) anzunehmen, die nach Artikel 68(1) oder (2) REACH mit Blick auf ein identifiziertes „unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit“ erlassen wurden – wobei betroffene Unternehmen in diesen Fällen auch das strafrechtliche Risiko gem. § 5 ChemSanktionsV nicht außer Acht lassen sollten.

Eine ausführliche Urteilsanmerkung finden Sie auch in der Zeitschrift für Stoffrecht, Heft 1/2017.

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