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Brexit bis zum 31. Januar 2020, Übergangsperiode endet am 31. Dezember 2020

20.12.2019

Die Folgen für Unionsmarken, Gemeinschaftsgeschmacksmuster und laufende Verfahren

 

Nachdem es Premierminister Boris Johnson in den Parlamentswahlen im Vereinigten Königreich vom 12. Dezember 2019 nun gelungen ist, eine überzeugende Mehrheit zu erzielen, scheint es unvermeidlich, dass das Vereinigte Königreich die zwischen Johnson und der Europäischen Union im Oktober 2019 vereinbarte Fassung des Austrittsabkommens ratifizieren wird, wonach das Vereinigte Königreich am 31. Januar 2020 um 23:00 Uhr britischer Zeit, d. h. in etwas mehr als einem Monat ab heute, aus der EU austreten wird.

Mit diesem Austrittsabkommen, das eine Übergangsperiode bis zum 31. Dezember 2020 vorsieht, während der das Vereinigte Königreich in jeder Hinsicht weiterhin als Mitgliedsstaat der EU behandelt wird, wird das Schreckgespenst eines abrupten No-Deal-Brexit verscheucht.

Mit Blick auf Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster und damit verbundene laufende Verfahren sieht das Austrittsabkommen Folgendes vor:

  • Kontinuierlicher Schutz im Vereinigten Königreich von eingetragenen/gewährten Rechten, die am Ende der Übergangsperiode auf Unionsebene existieren

Die Inhaber von eingetragenen Unionsmarken und eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustern, einschließlich solcher, die auf der Grundlage von internationalen Abkommen gewährt wurden (Madrid/Den Haag) – werden ohne weitere Kosten und Prüfung zum Ende der Übergangsperiode (31. Dezember 2020) Inhaber eines vergleichbaren eingetragenen und durchsetzbaren Rechts im Vereinigten Königreich. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hatte bereits bestätigt, dass dies selbst im Falle eines No-Deal-Szenarios der Fall sein würde, und dass der Prozess automatisch wäre, mit der Option, den Erwerb von britischen Rechten auszuschließen (Opt-out). Für mindestens drei Jahre wäre keine Korrespondenzadresse im Vereinigten Königreich notwendig. Das Austrittsabkommen sieht weiterhin vor, dass für den Fall, dass das ursprüngliche Unionsrecht aufgrund eines am letzten Tag der Übergangsperiode anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens gelöscht wird, das entsprechende Recht im Vereinigten Königreich ebenfalls gelöscht wird (wenngleich das Vereinigte Königreich nicht verpflichtet ist, eine solche Löschung zu bewirken, wenn die Gründe für die Löschung nicht im Vereinigte Königreich galten, z. B. aufgrund eines älteren nationalen Rechts in einem anderen Mitgliedsstaat der EU als dem Vereinigten Königreich). Vergleichbare britische Rechte genießen den Schutz des Anmelde-/Prioritätstages , bzw. des Zeitrangs des Unionsrechts. Vergleichbare britische Marken unterliegen nicht einem Verfall wegen Nichtnutzung aufgrund einer nicht ernsthaften Benutzung der entsprechenden Unionsmarke im Vereinigte Königreich vor dem Ende der Übergangsperiode, was bedeutet, dass eine Benutzung andernorts in der EU gegebenenfalls berücksichtigt würde.

  • Ein Mechanismus zur Wahrung – für das Vereinigte Königreich – des Anmelde-/Prioritätsdatums von Unionsanmeldungen, die am Ende der Übergangsperiode anhängig sind, durch Einreichung einer separaten Anmeldung im Vereinigte Königreich für dieselbe Marke/dasselbe Gebrauchsmuster innerhalb von neun Monaten nach dem Ende der Übergangsperiode;

  • Fortbestand von Rechten an nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustern im Vereinigten Königreich für den Zeitraum ihrer Schutzdauer (3 Jahre seit der ersten Offenbarung; NB – die Frage von Ansprüchen in Bezug auf nicht eingetragene Geschmacksmusterrechte nach der Übergangsperiode werden vermutlich Gegenstand künftiger Verhandlungen über Handelsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigtem Königreich sein);

  • Fortgeltung der existierenden EU-Rechtsvorschriften zur Anerkennung und Vollstreckbarkeit von Urteilen in Zivil- und Handelssachen, einschließlich der Bestimmungen der Unionsmarkenverordnung und der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung für sämtliche Gerichtsverfahren, die vor Ende der Übergangsperiode eingeleitet wurden, unabhängig davon, wann diese abgeschlossen werden. Dies schafft Rechtssicherheit und wäre im Falle eines No-Deal-Brexit zweifelhaft gewesen.

  • Eine Weitergeltung der existierenden Rechtsvorschriften zur Erschöpfung für alle vor dem Ende der Übergangsperiode auf den EU-/britischen Markt in Verkehr gebrachten Waren;

  • Recht der britischen Vertreter, in Verfahren vor dem EUIPO, die vor dem Ende der Übergangsperiode eingeleitet wurden, „in allen Phasen des Verfahrens“ die Interessen der Parteien zu vertreten.

Diese zukunftsorientierten Aspekte des neuen Verhältnisses zwischen dem Vereinigte Königreich und der EU nach der Übergangsperiode, einschließlich der zivilrechtlichen und regulatorischen Zusammenarbeit und möglicherweise der Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in nach dem 31. Dezember 2020 eingeleiteten Fällen, werden Gegenstand der planmäßig im Januar 2020 beginnenden Verhandlungen sein. Wenngleich gemäß dem Austrittsabkommen für das Vereinigte Königreich die Möglichkeit besteht, eine Verlängerung der Übergangsperiode über den 31. Dezember 2020 hinaus zu beantragen, sah das Wahlprogramm von Premierminister Johnson die Verpflichtung vor, die Übergangsperiode nicht zu verlängern, und zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels strebt Boris Johnson zudem an, diese Position im Rahmen der Ratifizierung des Austrittsabkommens im britischen Recht zu verankern.

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