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Bundestag verabschiedet Gesetz zum automatisierten Fahren

05.04.2017

Der Bundestag hat am vergangenem Donnerstag Regelungen zum Fahren von Autos mit hoch- und vollautomatisierter Fahrfunktion („automated vehicles“) verabschiedet. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD stimmten einem Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der durch den Verkehrsausschuss geänderten Fassung zu.

„Im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung“

Das StVG soll dahingehend ergänzt werden, dass Kraftfahrzeuge mit automatisierten Systemen im Verkehr auf öffentlichen Straßen in der Form eingesetzt und genutzt werden können, dass der Fahrer dem technischen System in bestimmten Situationen die Fahrzeugsteuerung übergeben kann. So soll der Betrieb von automated vehicles „im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung“ zulässig sein.

Der Nutzer des automated vehicle soll dabei nach dem neu eingeführten § 1 a Abs. 4 E-StVG Fahrzeugführer bleiben, d.h. während der automatisierten Phase wird er nicht durch das hoch- oder vollautomatisierte System ersetzt. Dies wäre erst beim autonomen Fahren der Fall, bei dem es keinen Fahrer, sondern nur Passagiere gibt. Diese Klarstellung ist notwendig, da bisher als Fahrzeugführer nur gilt, wer das Kfz lenkt und die tatsächliche Gewalt über das Steuer hat.

Haftungsfragen: „unverzügliche Wiederaufnahme der Fahrzeugsteuerung“

Der Fahrzeugführer muss bei Nutzung der automatisierten Fahrfunktion besonders geregelte Pflichten zur unverzüglichen Wiederaufnahme der Steuerung beachten. Nach § 1 b Abs. 2 E-StVG ist der Fahrzeugführer zur unverzüglichen Wiederaufnahme verpflichtet, wenn das System ihn dazu auffordert oder er ohne Aufforderung erkennt oder auf Grund offensichtlicher Umstände erkennen musste, dass die „Voraussetzungen für eine bestimmungsgemäße Verwendung“ der automatisierten Fahrfunktionen nicht mehr vorliegen. Hält der Fahrer sich nicht an diese Sorgfaltspflichten, kann dies zukünftig eine (verschuldensabhängige) Haftung nach § 18 StVG auslösen. Auch das pflichtwidrige Nichterkennen einer „Übernahmesituation“ kann damit eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellen und zu einer Haftung führen.

Trifft den Fahrer keine Ersatzpflicht für einen Unfall, kommt nach wie vor ein Ersatz des Schadens durch den Fahrzeughalter nach der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung in Betracht (§ 7 StVG).

Reaktion auf Kritik

Es wurde von vielen Seiten kritisiert, dass Haftungsrisiken in zu hohem Maße auf Nutzer abgewälzt würden. Im Rahmen einer Anhörung im Bundestag äußerten Experten, dass der erwünschte Mehrwert automatisierter Systeme sich nicht einstellen könne, wenn die gesamte Zeit darauf geachtet werden müsse, die Steuerung „unverzüglich“ wieder zu übernehmen. Zwar wurde in der jetzigen Fassung in § 1 b E-StVG der Passus „Der Fahrzeugführer darf sich (…) vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden“ eingesetzt. Allerdings „muss er derart wahrnehmungsbereit bleiben“, dass er die Steuerung „jederzeit“ wieder übernehmen kann.

Auch wurde empfehlend geäußert, die Verantwortungssphären zu trennen und den Hersteller vermehrt zur Rechenschaft zu ziehen, wenn das System selbst fahre. Eine Haftung des Herstellers kann sich gegenwärtig vor allem aus der Produkt- oder Produzentenhaftung ergeben. Die bisher geltende Halter- und Fahrerhaftung nach §§ 7, 18 StVG bleibt jedoch vorerst unverändert bestehen. Ein expliziter Verweis auf die Haftung des Herstellers findet sich nicht.

Datenspeicherung

Viel kritisiert wurde auch der geplante Datenspeicher („Black Box“), der insbesondere bei Unfällen Haftungsfragen klären soll. An der vorherigen Fassung wurde beanstandet, es würden konkrete Regeln zur Zweckbestimmung, Löschung sowie Verwendung der Daten und zur Gestaltung des technischen Speichermediums fehlen.

So regelt der neu gefasste § 63 a E-StVG, dass je die durch ein Satellitennavigationssystem ermittelten Positions- und Zeitangaben in bestimmten Fällen gespeichert werden sollen. Nämlich, wenn ein Wechsel der Fahrzeugsteuerung zwischen Fahrzeugführer und automatisiertem System erfolgt, das System zu einer Steuerungsübernahme auffordert oder eine technische Störung auftritt. Der Zeitraum der Speicherung ist nach der nun angenommenen Entwurfsfassung auf 6 Monate begrenzt, es sei denn, das Kfz war in einen Unfall entwickelt, in diesem Fall sind die Daten nach 3 Jahren zu löschen.

Ausblick

Der verabschiedete Entwurf ist ein Versuch, die Diskrepanz zwischen hohem technischen Potenzial, Fragen der Sicherheit und der Haftungsverteilung in ein Verhältnis zu bringen. Solange es die angestrebte europäische Lösung nicht gebe, müsse man nationale Regelungen erlassen, heißt es in der Gesetzesbegründung. Ob die vorgenommenen Änderungen die Kritiker zufrieden stellen können, bleibt abzuwarten. Wenn der Bundesrat keine Einwände erhebt, wird die Änderung des StVG in der jetzigen Fassung in Kraft treten.

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