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EuGH stutzt Red Bull die Flügel

08.08.2019

Am 29. Juli 2019 hat der Gerichtshof der Europäischen Union („EuGH“) das von der Red Bull GmbH („Red Bull“) gegen das Urteil des Gerichts der Europäischen Union (“EuG“) vom 30. November 2017 eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen und die Feststellung, dass die Farbkombination blau/silber nicht als Gemeinschaftsmarke schutzfähig ist, [Gemeinschaftsmarke (GM) - jetzt: Unionsmarke (UM)] bestätigt (Rechtssache C-124/18 P).

Zur Vorgeschichte des Rechtsstreits: Im Jahr 2005 bzw. im Jahr 2011 wurden im Namen von Red Bull zwei Gemeinschaftsmarken (jetzt Unionsmarken) für die Farbkombination blau/silber für Energiegetränke in Klasse 32 auf der Basis einer durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft angemeldet. Die Beschreibung der ersten
Marke lautete: „Der beantragte Schutz umfasst die Farben Blau (RAL 5002) und Silber (RAL 9006) an sich.
Das Verhältnis der beiden Farben ist ungefähr 50 %-50 %.“, während die zweite Marke die Beschreibung enthielt, dass „die beiden Farben im gleichen Verhältnis und nebeneinandergestellt verwendet werden“.

Die von der Optimum Mark sp. z o.o. im Jahr 2011 bzw. 2013 eingereichten Anträge auf Nichtigerklärung wurden in allen Instanzen bestätigt, die feststellten, dass die betreffenden Marken nicht den Anforderungen an die Wiedergabe von Gemeinschaftsmarken (nunmehr Unionsmarken) gemäß Art. 4 und 7 Abs. 1a der vormaligen Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (GMV) nicht genügten. Diese Feststellungen wurden nun durch den EuGH bestätigt.

Red Bull stützt das Rechtsmittel auf die folgenden fünf Gründe, die alle zurückgewiesen wurden:

  1. Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit: Nach Ansicht von Red Bull hat das Gericht zu Unrecht die „naturgemäß geringere Genauigkeit von Farbmarken per se“, ihre eingeschränkte Fähigkeit, irgendeine präzise Bedeutung zu vermitteln, und Wettbewerbsüberlegungen berücksichtigt, und diese Marken somit auf bloße farbige Bild-, Muster, oder Positionsmarken reduziert. Der EuGH vertrat demgegenüber die Auffassung, dass das EuG die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs korrekt angewandt habe, welche die systematische Anordnung einer Farbkombination erfordert, um die Verfügbarkeit von Farben für andere Wirtschaftsteilnehmer nicht ungerechtfertigt einzuschränken.

  2. Verstoß gegen Art. 4 und 7 Abs. 1 lit. (a) GMV: In diesem Grund rügt Red Bull, dass das EuG das Urteil Heidelberger Bauchemie (Rechtssache C-49/02) falsch ausgelegt habe, indem es entschieden habe, dass Marken, die in einer Farbkombination bestehen, stets systematische Angaben über die räumliche Anordnung der Farben enthalten müssen. Nach Ansicht von Red Bull habe das EuG daher (1) gegen die Regel verstoßen, dass eine Marke in ihrer angemeldeten Form zu beurteilen ist, und somit die Besonderheit von in einer Farbkombination bestehenden Marke missachtet habe (nämlich, dass diese keine Konturen enthalte), (2) festgestellt, dass Marken, die in einer Farbkombination bestünden, eine Beschreibung der graphischen Darstellung enthalten müssten, obwohl sich die Parteien stets frei für oder gegen eine solche Beschreibung hätten entscheiden können, und (3) unzulässigerweise die tatsächliche Benutzung der streitigen Marken berücksichtigt, um festzustellen, dass die graphische Darstellung der streitigen Marken eine Vielzahl von Anordnungen zulasse. 

    Hierzu stellte der EuGH fest, dass ein Zeichen nach früherer ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nur dann als Marke eingetragen werden könne, wenn der Anmelder es in Form einer graphischen Darstellung gemäß den Anforderungen des Art. 4 GMV einreiche, sodass Gegenstand und Reichweite des begehrten Schutzes klar und eindeutig bestimmt seien. Werde der Anmeldung eine verbale Beschreibung des Zeichens beigefügt, so müsse diese zur Klarstellung von Gegenstand und Reichweite des beantragten markenrechtlichen Schutzes beitragen. Unter Bezugnahme auf sein früheres Urteil Heidelberger Bauchemie stellte der EuGH fest, dass eine graphische Darstellung von zwei oder mehr abstrakt und konturlos beanspruchten Farben systematisch so angeordnet sein müssten, dass die betreffenden Farben in vorher festgelegter und beständiger Weise verbunden sind, was durch ein reines Nebeneinanderstellen oder einen Hinweis auf „jegliche denkbare Formen“ nicht gegeben sei. Vor diesem Hintergrund bestätigte der EuGH, dass die beiden fraglichen graphischen Darstellungen und Beschreibungen die vorgenannten Anforderungen nicht erfüllen. Dies zeigt sich nach Auffassung des Gerichts auch in den durch Red Bull beigefügten Beweisen, die diese Marken in einer im Vergleich zu dem vertikalen Nebeneinanderstellen der beiden Farben, wie es in der graphischen Darstellung dieser Anmeldungen gezeigt werde, sehr unterschiedlichen Art und Weise wiedergeben. Dass eine in einer Farbkombination bestehende Marke systematisch so angeordnet sein muss, dass die Farben in vorher festgelegter und beständiger Weise verbunden sind, könne zudem - entgegen dem Vorbringen von Red Bull – nicht dazu führen, dass diese Art von Marke in eine Bildmarke umgewandelt wird, als dies nicht bedeute, dass die Farben durch Konturen begrenzt sind. Da die streitigen Marken aufgrund einer durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft eingetragen wurden, konnten das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und danach das EuG berechtigterweise die tatsächliche Benutzung dieser Marken im Rahmen ihrer Prüfung von Art. 4 GMV berücksichtigen.

  3. Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes: Red Bull rügt, dass – gemäß den Urteilen in Brandconcern ./. EUIPO und Scooters India (C‑577/14 P) und EUIPO ./. Cactus (C‑501/15 P) – die Anforderungen aus dem Urteil Heidelberger Bauchemie nicht rückwirkend angewandt werden dürften, sondern nur für nach diesem Urteil eingetragene Marken gälten, und dass die ursprüngliche Auffassung des EUIPO, dass die Marke gültig sei, aufrechtzuerhalten sei. Demgegenüber stellte der EuGH fest, dass sich Red Bull nicht erfolgreich auf diese Urteile stützen könne, da diese keinen absoluten Nichtigkeitsgrund betroffen hätten bzw. die Praxis des EUIPO für ungültig erklärt worden sei, die zuvor in einer seiner Mitteilungen dargelegt worden war (und somit nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar seien). Des Weiteren konnte aus Sicht des EuGH die Tatsache, dass das EUIPO die streitigen Marken zunächst eingetragen hat, das EUIPO nicht für die Zukunft binden (tatsächlich bedeute die Überprüfung der Unterscheidungskraft nicht unbedingt, dass die Anforderungen des Art. 4 GMV erfüllt seien). 

  4. Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Red Bull rügt in diesem Zusammenhang, dass das EuG nicht geprüft habe, ob die streitigen Entscheidungen unverhältnismäßig seien, und der Rechtsmittelführerin nicht gestattet worden sei, die Beschreibung der streitigen Marken zu präzisieren, um deren Nichtigerklärung zu verhindern. Da Red Bull in seiner beim EuG eingereichten Klageschrift begehrt hatte, die streitigen Marken im Hinblick auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes – und nicht den der Verhältnismäßigkeit – ergänzen zu können, sah der EuGH diesen Rechtsmittelgrund als ein neues Angriffsmittel an und wies ihn daher als unzulässig zurück.

  5. Verletzung der Art. 134 Abs. 1 und 135 der Verfahrensordnung des EuG: Nach Auffassung von Red Bull hätte das EuG ihr (Red Bull) nicht sämtliche Kosten auferlegen dürfen. Vielmehr hätte das Gericht angesichts dessen, dass es sich um eine außergewöhnliche Rechtssache handelte, die Kosten aus Billigkeitsgründen dem EUIPO auferlegen müssen. Nach Art. 58 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Rechtsmittel nur gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Kostenfestsetzung jedoch unzulässig. Da alle anderen Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind, wurde dieser Rechtsmittelgrund vom EuGH als unzulässig zurückgewiesen.

Angesichts der derzeit hohen Anforderungen an die graphische Darstellung von „Farbmarken per se“ stellt dieses Urteil keine Überraschung dar. Was wir daraus lernen können, ist, dass es in der Praxis nach wie vor schwierig ist, Farbmarken per se als Unionsmarken einzutragen und dass bei der Anmeldung solcher Marken besonderes Augenmerk auf eine präzise und klare Beschreibung und die korrekte Abgrenzung der Marke zu legen ist, um die Verfügbarkeit von Farben für andere Händler nicht übermäßig einzuschränken. In der Zwischenzeit wurde das Gesetz geändert. Art. 4 UMV verlangt keine graphische Darstellung des Zeichens mehr. Diesem Artikel zufolge muss das Zeichen jedoch noch „in einer Weise dargestellt werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des dem Inhaber einer solchen Marke gewährten Schutzes klar und eindeutig bestimmen können“. Vor diesem Hintergrund, und mit Blick auf das vorstehende Urteil des EuGH, ist es unwahrscheinlich, dass sich die Herangehensweise bezüglich der Beurteilung von „Farbmarken per se“ in Zukunft maßgeblich ändern wird.

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