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Das BMWi-Konzept für ein Reallabore-Gesetz

07.09.2021

Am 3. September 2021 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sein Konzept für ein Reallabore-Gesetz vorgelegt, welches einen bundesweiten Rechtsrahmen für Reallabore und Experimentierklauseln schaffen und neue Freiräume zur Erprobung von Innovationen ermöglichen soll.

Mit seinem Konzept für ein Reallabore-Gesetz hat das BMWi die Arbeiten dieser Legislatur gebündelt und will seine Reallabore-Strategie zur Stärkung digitaler Innovationen und Weiterentwicklung der Regulierung auch in Zukunft konsequent fortsetzen.

Reallabore als Testräume für Innovation und Regulierung

Ein Reallabor ist ein Raum im übertragenen Sinne, in dem neue Technologien, Produkte und Geschäftsmodelle in der Praxis unter realen Bedingungen erprobt werden können. Weil Innovationen oft an regulatorische Grenzen stoßen, spielt bei Reallaboren nicht nur die Technik eine Rolle, sondern auch ihre Regulierung: Einerseits mit Blick auf den Erprobungszeitraum, andererseits mit Blick auf die künftige dauerhafte Anwendung der Innovation. Im Reallabor kann über die Chancen und Herausforderungen von Innovationen gelernt werden und damit ein künftiger Rechtsrahmen vorbereitet werden.

Experimentierklauseln können die rechtliche Grundlage für Reallabore sein. Sie legen –  bisher noch recht uneinheitlich und abhängig vom jeweiligen Anwendungsbereich – fest, ob und unter welchen Bedingungen eine Erprobung stattfinden kann. Hieran knüpft das Konzept für ein Reallabore-Gesetz des BMWi an.

Das Konzept für ein Reallabore-Gesetz

Das Konzept des BMWi verfolgt das Ziel, übergreifend einheitliche und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für Reallabore und Experimentierklauseln in einem Bundesgesetz festzulegen. Auf der Grundlage von Gutachten zur rechtlichen Machbarkeit einer Art Generalklausel für Reallabore und Experimentierklauseln, hat das BMWi nun einen Konzept-Vorschlag und damit eine Diskussionsgrundlage geschaffen.

Den äußeren Rahmen eines Reallabore-Gesetzes sollen die bereichsübergreifenden Anforderungen an die Zulassung, die Durchführung und die Evaluation von Reallaboren bilden. Dieser Rahmen soll sodann durch fachspezifische Experimentierklauseln ausgefüllt werden, die die Besonderheiten des jeweiligen Sektors, aus dem eine Innovation stammt, abbilden.

Als übergreifende Standards hat das BMWi in seinem Konzept für ein Reallabore-Gesetz bestimmte Elemente identifiziert, die Experimentierklauseln stets enthalten sollen und damit ein Schema für solche Regelungen vorgegeben. Dieses Schema greift wesentliche Aspekte einer Ermächtigungsnorm auf. Es sieht Festlegungen im formellen wie im materiellen Bereich vor. Dies beinhaltet Angaben zum Verfahren, zur Zuständigkeit, zum Ermächtigungsumfang der jeweiligen Behörden, aber auch zu den Anforderungen an die Erprobung, die Pflichten, die damit einhergehen können und die Befristung von Entscheidungen und der jeweiligen Klausel. Ganz wesentlicher Bestandteil von Experimentierklauseln nach diesem Schema sollen zudem Regelungen zur Evaluation der Erprobung und zum Transfer der Technologie oder des Geschäftsmodells in den Regelbetrieb sein. Dabei sind zum jetzigen Zeitpunkt noch keine konkreten Festlegungen erfolgt, die geplanten Regelungsthemen sind aber bereits ersichtlich.

Das Konzept des BMWi für ein Reallabore-Gesetz befasst sich aber nicht nur mit  bereichsübergreifenden Anforderungen, sondern nimmt zur praktischen Umsetzung auch potentielle Anwendungsfälle für neue Experimentierklauseln in den Blick, die in wichtigen digitalen Innovationsbereichen die Fachgesetze ergänzen sollen. Einen besonderen Fokus scheint das BMWi hier auf datengetriebene KI-Anwendungen in verschiedenen Anwendungsbereichen zu legen.

Zielsetzung und weitere Maßnahmen

Das Gesetz soll insbesondere dazu beitragen, für Innovatoren und Innovatorinnen sowie Investoren und Investorinnen mehr Planungssicherheit zu schaffen und auf Behördenseite die Voraussetzungen für Reallabore zu klären. Auch der Umgang mit den Erkenntnissen aus der Erprobung soll gesetzlich verankert sein.

Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung eines Bundesgesetzes und von Fachgesetzen sieht das Konzept vor, dass Experimentierklauseln einen festen Platz im Gesetzgebungsverfahren erhalten und somit in allen Gesetzgebungsverfahren „mitgedacht“ werden. Dies soll über einen Experimentierklausel-Check erfolgen, mit dessen Hilfe jedes neue Gesetz auf die Möglichkeiten von neuen Reallaboren in seinem Anwendungsbereich überprüft wird.

Ein zentrale Erleichterung verspricht auch die Idee des One-Stop-Shops für Reallabore, die sich ebenfalls im Konzeptpapier findet. Diese Stelle, deren Ansiedelung und Institutionalisierung noch offen ist, soll potentiellen Anwenderinnen und Anwendern von Reallaboren entgegenkommen: Sie dient der Beratung und Unterstützung in den verschiedenen Phasen eines Reallabors von der Initiative über Wissensbündelung und Erfahrungsaustausch bis hin zur Überführung in den und Skalierung im Regelbetrieb.

Ausblick

Auch wenn mit dem Konzeptvorschlag einige Parameter des Reallabore-Gesetzes noch offen bleiben müssen, zeichnet sich nun eine Richtung dahingehend ab, wie das BMWi bestimmten Innovationshindernissen begegnen will. Damit stellt das Konzept eine Antwort auf die ganz konkreten Probleme, die für Innovatorinnen und Innovatoren mit Rechts- und Planungsunsicherheit bei neuen Technologien und deren Anwendung einhergehen, in Aussicht. Es bleibt abzuwarten, wie dieses Konzept von der nächsten Regierung weiterentwickelt werden wird. Seine Vorstellung kurz vor Ende der Legislaturperiode dürfte aber wohl sicherstellen, dass das Thema auch nach der Bundestagswahl Berücksichtigung findet und – so darf man hoffen – der Weg hin zu einem Bundesgesetz für Reallabore weiter beschritten wird.