News

Datenschutzrechtliche Fragen beim Einsatz von Handelsvertretern

11.08.2015

 

Die Auslagerung des Vertriebs und der Kundenbetreuung auf externe Dienstleister ist keine neue Erscheinung einer zunehmend arbeitsteiligen Wirtschaft; sie ist jedoch für ein Unternehmen in der Regel mit mehreren Vorteilen verbunden, die im Zeitalter größer werdender Märkte und schnellerer Produktzyklen immer wichtiger werden. Die dabei entstehenden externen Vertriebsstrukturen sind im Detail unterschiedlich ausgestaltet. Sie basieren jedoch regelmäßig entweder auf dem Einsatz von Handelsvertretern im Sinne der §§ 84 ff. HGB, dem Einsatz von Vertragshändlern oder von Mischformen bzw. „Derivaten“ wie z.B. Franchisenehmern.

Der wesentliche und für eine datenschutzrechtliche Betrachtung relevante Unterschied zwischen den beiden am häufigsten einschlägigen Grundstrukturen, also zwischen Vertragshändlern und Handelsvertretern, besteht darin, dass der Vertragshändler Verträge mit Endkunden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung schließt, d.h. etwaige personenbezogene Daten seiner Kunden erkennbar für sich selbst erhebt, während der Handelsvertreter als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, entweder für das Unternehmen Geschäfte zu vermitteln (Vermittlungsvertreter) oder in dessen Namen abzuschließen (Abschlussvertreter), und damit erkennbar für einen Dritten tätig wird.

Datenschutzrechtlich relevante Vorgänge beim Einsatz von Handelsvertretern

Das Einschalten eines Handelsvertreters bringt zwangsläufig den Umgang mit personenbezogenen Endkundendaten durch den Handelsvertreter sowie die (teilweise) Weitergabe dieser Daten an das Unternehmen mit sich. Ist der Handelsvertreter aufgrund seiner vertraglichen Vereinbarung mit dem Unternehmen damit betraut, die Endkunden auch über den Vertragsabschluss hinaus zu betreuen, wird er hierfür wiederum häufig auf personenbezogene Endkundendaten zurückgreifen müssen, die ihm das Unternehmen typischerweise im Wege eines Zugriffs auf die eigenen Systeme zugänglich macht und die aus der Abwicklung der angebahnten Geschäfte stammen.

Dies wirft nicht selten die Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit einer derartigen Datenverwendung auf, da nach dem Bundesdatenschutzgesetz jede Verwendung personenbezogener Daten unzulässig ist, soweit sie nicht gesetzlich erlaubt oder angeordnet ist, oder der datenschutzrechtlich Betroffene hierzu seine Einwilligung erteilt hat (sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Die Beschränkung des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt bekommt dadurch ein besonderes Gewicht, dass das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) – von der Konstellation der Auftragsdatenverarbeitung einmal abgesehen – eine Zusammenfassung rechtlich selbständiger Akteure zu einer wirtschaftlichen Einheit, innerhalb derer personenbezogene Daten ohne Beachtung des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt ausgetauscht werden können, nicht kennt.

Datenschutzrechtliche Fragen bei Vermittlung bzw. Abschluss von Geschäften durch den Handelsvertreter

Die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch den Handelsvertreter beurteilt sich – soweit nicht datenschutzrechtliche Sondertatbestände eingreifen – nach § 4 Abs. 1 BDSG. Danach ist das Erheben, Verarbeiten und Nutzen personenbezogener Daten zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene (Endkunde) eingewilligt hat. Im Rahmen der Vermittlung bzw. des Abschlusses des Geschäfts durch den Handelsvertreter für das Unternehmen kommt es zunächst zu dem erlaubnispflichtigen Vorgang des Erhebens personenbezogener Daten, da der Handelsvertreter für die Vermittlung oder den Abschluss des Geschäfts regelmäßig personenbezogene Daten des Endkunden benötigt. Ist der Handelsvertreter im Verhältnis zum Unternehmen als Dritter zu qualifizieren, stellt die Weitergabe dieser personenbezogenen Daten an das Unternehmen ferner eine erlaubnispflichtige Übermittlung dar.

Eine Einschaltung des Handelsvertreters als Auftragsdatenverarbeiter im Sinne des § 11 Abs. 1  BDSG des Unternehmens kommt nur nach der umstrittenen Vertragstheorie in Betracht und dies auch nur dann, wenn dem Handelsvertreter im Vertrag mit dem Unternehmen der Umfang und der Zweck der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Kundendaten und deren Art vorgegeben und eine Abweichung von den Weisungen des Auftraggebers weitestgehend eingeschränkt wird. Es muss also für den Handelsvertreter ein eigenständiger Erlaubnistatbestand gegeben sein, damit dieser rechtmäßig Kundendaten erheben, verarbeiten und an den Unternehmer übermitteln darf. Von Fällen der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung besonderer Arten personenbezogener Daten und spezialgesetzlich geregelter Konstellationen abgesehen, kann die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch den Handelsvertreter im Rahmen der Vermittlung bzw. des Abschlusses des Geschäfts für das Unternehmen regelmäßig auf den Erlaubnistatbestand in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG gestützt werden.

Kundenbetreuung durch den Handelsvertreter

Unter dem Begriff der „Kundenbetreuung“ durch den Handelsvertreter im Nachgang zur Vermittlung bzw. dem Abschluss des Geschäfts kann eine Vielzahl von Aktivitäten verstanden werden, angefangen von der Beantwortung eingehender Kundenanfragen betreffend das laufende Vertragsverhältnis zwischen dem Endkunden und dem Unternehmen, bis hin zur Aufnahme des Kontakts durch den Handelsvertreter zum Endkunden mit dem Ziel, andere Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens zu vermitteln oder einen Vertrag hierüber für das Unternehmen abzuschließen. Soll der Handelsvertreter für diese „Kundenbetreuungsmaßnahmen“ Zugriff auf personenbezogene Daten der Endkunden beim Unternehmen erhalten, stellt sich erneut die Frage der Zulässigkeit der Gewährung eines solchen Zugriffs auf diese Daten sowie deren Verarbeitung und Nutzung durch den Handelsvertreter für die oben beschriebenen Kundenbetreuungsaktivitäten.

Anzeige des Ausscheidens des bisherigen Handelsvertreters aus der Absatzorganisation des Unternehmens und des Eintritts eines neuen Handelsvertreters

Scheidet der bisherige Handelsvertreter aus der Absatzorganisation des Unternehmens aus und tritt an seiner Stelle ein neuer Handelsvertreter in die Absatzorganisation ein, wird das Unternehmen daran interessiert sein, seine Kunden über diesen Wechsel zu informieren. Häufig soll dieser Hinweis durch den neuen Handelsvertreter erfolgen, wofür der Handelsvertreter einen Zugriff auf die beim Unternehmen vorhandenen Kundendaten benötigt. Die Gewährung eines solchen Zugriffs auf die beim Unternehmen vorhandenen Kundendaten zugunsten des Handelsvertreters ist wiederum eine erlaubnispflichtige Übermittlung dieser Daten an den neuen Handelsvertreter, soweit der Handelsvertreter hierbei nicht als Auftragsdatenverarbeiter für das Unternehmen fungiert. Je nachdem, ob der Handelsvertreter einen Zugriff auf die personenbezogenen Kundendaten, auch für die Zwecke der nachfolgenden „Kundenbetreuung“ erhalten soll oder ob dem Handelsvertreter allein für die Zwecke der Benachrichtigung der Kunden der Zugriff auf die Daten gewährt wird, ergibt sich eine andere datenschutzrechtliche Beurteilung.

Eine ausführliche Aufarbeitung der datenschutzrechtlichen Fragen beim Einsatz von Handelsvertretern finden Sie in einem Beitrag von Tobias Kugler in der ZVertriebsR 2015, S. 219. Sofern Sie an dem vollständigen Beitrag von Herrn Kugler in der ZVertriebsR 2015, S. 219 interessiert sind, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail oder rufen uns an, wir senden Ihnen dann den Beitrag gerne zu. Auch für spezielle Fragen zu dieser oder einer anderen datenschutz- oder vertriebsrechtlichen Thematik stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Weitere Artikel: Datenschutzcompliance beim konzerninternen Datentransfer; EU-Datenschutz-Grundverordnung: EU-Minister erzielen Einigung auf europaweite StandardsAGB-rechtliche Zulässigkeit von Laufzeitregelungen in FranchiseverträgenE-Commerce in Franchise- und anderen Vertriebssystemen  

 

IT & Outsourcing
Einkauf Logistik & Vertrieb

Share