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Digitaler Nachlass - Vererbbarkeit des Zugangs zu sozialen Netzwerken

20.04.2016

Nach wie vor ist weitgehend ungeklärt, wie der digitale Nachlass eines Erblassers (z.B. Emails, Daten digitalen Speicherplätzen, Daten in sozialen Netzwerken) rechtlich zu behandeln ist. Im Einzelfall kann es für Erben durchaus schwierig werden, auf diese Daten zuzugreifen (vgl. unsere Private Clients News von Oktober 2014).

Nun hat sich zum ersten Mal ein deutsches Gericht mit der Frage befasst, inwieweit digitale Daten auf die Erben eines Verstorbenen übergehen. In dem konkreten Fall hatte die Mutter eines 15-jährigen Mädchens, das unter bisher ungeklärten Umständen verunglückt war, auf Zugang zu dem Facebook-Konto ihrer Tochter geklagt. Die Mutter erhoffte sich dadurch Hinweise darauf zu erhalten, ob es sich bei dem Unglück um einen Suizid gehandelt haben könnte und wenn ja, welche Motive diesem zugrunde lagen.

Mit Urteil vom 17.12.2015 hat das Landgericht Berlin (Az. 20 O 172/15) entschieden, dass die sich aus dem Vertrag mit Facebook ergebenden Rechte und Pflichten auf die Erben übergehen. Ausdrücklich abgelehnt wurde die in der Literatur teilweise vertretene Auffassung, dass für die Frage der Vererblichkeit des digitalen Nachlasses zwischen den vermögensrechtlichen und den nicht-vermögensrechtlichen Inhalten zu unterscheiden sei und nur die vermögensrechtlichen Teile auf die Erben übergehen sollen. Weiterhin hat das Gericht entschieden, dass es weder die Datenschutzrechte der Kommunikationspartner des Verstorbenen noch das postmortale Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Facebook-Nutzers verletzt, wenn Zugang zu dem Facebook-Account eines Verstorbenen gewährt wird. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts wurde in dem konkreten Fall verneint, weil die Eltern als Erziehungsberechtigte Sachwalter des Persönlichkeitsrechts ihres Kindes waren. Vor diesem Hintergrund könne eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechtes des verstorbenen Kindes nicht eintreten, wenn die Eltern Kenntnis von den bei Facebook gespeicherten Informationen erhalten.

Ausdrücklich offen gelassen hat das Gericht die Frage, ob in anderen Fällen das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen verletzt sein kann. Nicht geklärt ist somit die Frage, ob Facebook auch verpflichtet wäre, den Erben eines Erwachsenen Zugang zu dem Konto des Verstorbenen zu gewähren. Da das postmortale Persönlichkeitsrecht den Verstorbenen vor Verunglimpfung schützen soll und eine schlichte Auskunft, wie sie durch die Zugangsgewährung erfolgt, den Verstorbenen nicht verunglimpft, dürfte die Entscheidung im Falle eines erwachsenen Erblassers aber wohl nicht anders ausfallen.

Als ein erster Schritt zu mehr Rechtssicherheit im Zusammenhang mit dem digitalen Nachlass ist die Entscheidung zu begrüßen.

Vor dem Hintergrund, dass in vielen Punkten aber weiterhin Unklarheit über den Umgang mit dem digitalen Nachlass eines Verstorbenen besteht, empfiehlt es sich, Vorsorgemaßnahmen zu treffen, um so weit wie möglich zu gewährleisten, dass der Erbe auch auf den digitalen Nachlass zugreifen kann. Hierzu sollte einerseits ein Verzeichnis sämtlicher Accounts und der zugehörigen Passwörter erstellt und anderseits dem Erben Vollmacht zur Wahrnehmung aller Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit seinen digitalen Aktivitäten erteilt werden. Dies kann im Rahmen einer gesonderten „digitalen Vollmacht“ oder auch im Rahmen einer allgemeinen Vorsorgevollmacht erfolgen.

Steuerrecht

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