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Ein Jahr M&A-Transaktionen und Unternehmens­kauf­verträge während der Covid-Krise

02.08.2021

Die Covid-19 Pandemie stellt die Akteure von M&A-Transaktionen vor neue Herausforderungen. Dabei konnten im letzten Jahr sowohl viele Unternehmen als auch Berater wertvolle Erfahrungen hinsichtlich einer flexiblen Anpassung an die sich dynamisch ändernden Umstände und der umfassenden Absicherung bei M&A-Transaktionen sammeln. Bereits im Vorfeld der Kaufvertragsgestaltung für M&A-Transaktionen wirkt sich die Covid-19-Pandemie aus. Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag Due Diligence Prozess von M&A-Transaktionen in der Covid-19-Pandemie – Aktuelle Fragen mit Blick auf die Perspektive danach.

Dieser Beitrag stellt daran anschließend dar, wie die im Due-Diligence-Prozess evaluierten Risiken den Unternehmenskaufvertragsschluss beeinflussen. Im Folgenden werden wesentliche Gestaltungselemente zur Risikoregulierung im Rahmen des Unternehmenskaufvertrages beleuchtet, die seit Beginn der Pandemie stark an Bedeutung gewonnen haben:

  • Kaufpreisanpassung: Flexibilität ist gefordert zur Reaktion auf kurzfristige wirtschaftliche Schwankungen, die sich aus der Pandemie ergeben können. Meist gilt daher: Weg von Locked-Box/ Fixed-Pricing hin zu Earn out/ Closing-Accounts-Mechanismen und Vereinbarungen von zusätzlichen variablen Kaufpreiselementen.

  • Material Adverse Change („MAC“)-Klausel: Rücktrittsmöglichkeit (gegebenenfalls gegen Vereinbarung eine Break-up-fee) oder Kaufpreisreduzierungsmöglichkeit zwischen Signing und Closing. Erforderlich ist die eindeutige Definition von MAC-Ereignissen und eine durch einen Prozentsatz oder eine Wertschwelle klar definierte Wesentlichkeit. Die Covid-19 Pandemie als solche lehnen Verkäufer typischerweise als MAC auslösendes Ereignis ab. Eine Konkretisierung des Ereignisses z.B. auf die wesentliche Änderung bestimmter Finanzkennzahlen (Business MAC) aufgrund der Krise, ist daher ratsam. Weitere Regelungsmöglichkeiten bestehen im Zusammenhang mit einer:

    • Branchen-Spezifische MAC-Klausel: umfasst Ereignisse innerhalb einer Branche für den Fall, dass das Unternehmen selbst ebenfalls von den Effekten betroffen ist. So gibt es Branchen (wie z.B. Beherbergung und Gastronomie), die von den Folgen der Pandemie härter betroffen sind als andere Branchen.

    • Target-Spezifische MAC-Klausel: umfasst Ereignisse im Geschäft des Zielunternehmens selbst.

  • Material Adverse Effect (MAE)-Klauseln: Diese sind vergleichbar mit MAC-Klauseln, umfassen jedoch neben der Veränderung von Umständen zwischen dem Zeitraum zwischen Signing und Closing ebenfalls Umstände, die bereits vor dem Signing eingetreten sind, sich aber erst nachträglich negativ auswirken.

  • W&I-Versicherungen zur Absicherung von Garantien, Gewährleistungen und Freistellungen. Allerdings wird eine Versicherungspolice nicht sämtliche Folgen der Pandemie als solche umfassend absichern.

  • Garantien bzgl. wesentlicher Verträge, Bilanzgarantie für nicht gebildete Rückstellungen, Realisierung von Forderungen, Datenschutzgarantie und Garantien im Hinblick auf weitere Bereiche, welche durch Unsicherheiten durch die Covid-19 Pandemie betroffen sind. Dies betrifft beispielsweise die Einhaltung von Gesetzen und Verordnungen im Zusammenhang mit der Pandemie.

Weitere zu berücksichtigende Themen:

  • Einhaltung von Formerfordernissen: Um Kontaktbeschränkungen einzuhalten und Zusammentreffen von mehreren Personen zu vermeiden, ist die Wahrung der gesetzlich vorgeschriebenen Form mit höherem organisatorischen Aufwand verbunden als vor der Pandemie. Davon betroffen sind unter anderem die Vollmachtserteilung beim Signing und Closing, Eigenhändigkeit von Unterschriften, Abstimmungen und Beschlussfassung in den Gesellschaften und der Ablauf einer notariellen Beurkundung. Dagegen helfen möglichst umfassende Vollmachtserteilungen.

  • Virtuelle Verhandlungen: Seit Beginn der Pandemie im letzten Jahr werden M&A-Transaktionen größtenteils aufgrund Einreisebeschränkungen und Lockdowns ausschließlich virtuell verhandelt. Virtuelle Meetings ersetzten persönliche Treffen. Dies führte anfänglich zu Herausforderungen für die Verhandelnden, stellt nunmehr allerdings eine reale Alternative auch für die Zeit nach der Covid-19 Pandemie dar.

  • Zeitverzögerungen: Insbesondere zwischen Signing und Closing müssen im Unternehmenskaufvertrag Zeitverzögerungen berücksichtigt werden. Verzögerungen können zum Beispiel entstehen durch längere Bearbeitungszeiten in den Behörden, Fusionskontrolle, Apostillen, Beglaubigungen etc. Diese Verzögerungen sind insbesondere bei der Vereinbarung und Festlegung eines Long-Stop-Dates zu berücksichtigen, nach dessen Ablauf einer oder allen Parteien ein Rücktrittsrecht vom Unternehmenskaufvertrag zusteht.

Fazit: Die Vertragsautonomie bietet einen großen Spielraum für die Gestaltung von Unternehmenskaufverträgen. Diesen gilt es vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie zu nutzen, um die mit ihr verbundenen Transaktionsrisiken bestmöglich abzusichern und genügend Flexibilität für Vertragsanpassungen im Hinblick auf unsichere wirtschaftliche und politische Entwicklungen während und nach der Pandemie zu haben. Hierzu müssen keine neuen Instrumente geschaffen werden. Allerdings gilt es, neue Schwerpunkte bei den Vertragsverhandlungen zu setzen und regelmäßig auf die Einbeziehung und Ausgestaltung bestimmter (oben dargestellter) Klauseln zu achten, die vor der Pandemie zum Teil in der deutschen M&A-Praxis eher ein Schattendasein geführt haben. Die Prüfung der für eine Transaktion relevanten Aspekte und der Aufnahme bzw. die konkrete Gestaltung der einzelnen Klauseln im Einzelfall ist unerlässlich.

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