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Ein Viertel­jahr­hundert ProdHaftG

10.12.2014
Am 15. Dezember 2014 jährt sich der Erlass des Produkthaftungsgesetzes (ProdHaftG) zum 25. Mal. Es geht auf die EG-Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG zurück. Das Gesetz, das heute einen völlig selbstverständlichen Platz im Haftungsregime, aber auch in der forensischen Tätigkeit von Anwälten und Gerichten aufweist, war seinerzeit eher stiefmütterlich aufgenommen worden. Das lag vor allem daran, dass die Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH seit vielen Jahrzehnten die schon auf das Reichsgericht zurückgehende deliktsrechtliche Rechtsprechung zu § 823 BGB fest etabliert hatte. Anders als in manch anderen damaligen EWG-Mitgliedsstaaten, die diese Herstellerverantwortung außerhalb der vertragsrechtlichen Lieferketten gar nicht kannten, konnte das Gesetz also in Deutschland eher zögerlich angenommen werden, zumal sich der Unterschied zwischen der reinen, verschuldensabhängigen Gefährdungshaftung des ProdHaftG und den doch vielfältigen Beweislasterleichterungen zu § 823 BGB in der Praxis nicht sofort zeigte. Vor allem aber stand dem Anwendungs-Siegeszug des ProdHaftG bis 2002 drastisch entgegen, dass über das ProdHaftG ein Schmerzensgeldanspruch nicht zu erlangen war; allein für diesen Anspruchsteil war der Geschädigte ohnehin darauf angewiesen, eine Argumentation über § 823 BGB aufzubauen. Dies wurde erst mit der großen Schuldrechtsreform 2002 geändert und es ist kein Wunder, dass seitdem die Zahl der Verfahren, in denen das ProdHaftG den streitentscheidenden Tatbestand liefert, stetig zugenommen haben.

In jüngster Zeit hat das ProdHaftG wieder für Aufmerksamkeit gesorgt, weil der BGH einen elektrischen Überspannungsschaden haftungsrechtlich auf das ProdHaftG gestützt hat (dazu Kermel/Katschthaler/Wende, PHi 2014, 70): Er konnte dies tun, weil § 2 ProdHaftG ausdrücklich die Elektrizität als Produkt im Rechtssinne definiert hat - eine Argumentation, die bei deliktsrechtlichen Verkehrssicherungspflichten im Rahmen des § 823 BGB jedenfalls bisher noch nicht versucht wurde. Ob wiederum der deutschrechtliche Ausschluss des ProdHaftG in § 15 Abs. 1 zu Gunsten der Arzneimittelhaftung nach AMG europarechtlich zulässig ist, wird just auf Vorlage des BGH beim EuGH geklärt (C-301/13).

Dass schließlich die erwähnte Schuldrechtsreform 2002 der letzte Eingriff in den Text des ProdHaftG war, zeigt, dass - auch auf europarechtlicher Ebene - die Notwendigkeit zu weiteren Nachjustierungen rechtspolitisch nicht gesehen wird. Das Gesetz gilt als stabil und in sich stimmig. Auf der parallelen Seite der öffentlich-rechtlichen Produktsicherheitsvorschriften ist dagegen deutlich mehr Bewegung, zuletzt mit der Verordnung (EU) Nr. 765/2008/EG (Marktüberwachungsverordnung) sowie das sukzessive zur Umsetzung anstehende New Alignement Package im Bereich der CE-Richtlinien.

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