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Entgelte für die Nutzung von PayPal oder Sofort­über­weisung

14.10.2019

Mit Spannung ist die jüngst getroffene Berufungsentscheidung zum Urteil des LG München I vom 13.12.2018 (Az. 17 HK O 7439/18) erwartet worden, mit dem das Gericht dem Unternehmen Flixbus auf Antrag der Wettbewerbszentrale verboten hatte, für die Nutzung der Zahlungsmethoden PayPal und Sofortüberweisung mit seinen Kunden ein Entgelt zu vereinbaren. Dieses Urteil hat das OLG München mit seiner Entscheidung vom 10. Oktober 2019 (Az. 29 U 4666/18) aufgehoben und damit zu Gunsten von Flixbus entschieden. Laut der Berufungsentscheidung verstößt ein Händler nicht gegen § 270a BGB, wenn er mit seinen Kunden für die Nutzung der Zahlungsmethoden PayPal und Sofortüberweisung ein Entgelt vereinbart. Das letzte Wort ist damit allerdings noch nicht gesprochen, da das OLG München die Revision zugelassen hat, so dass voraussichtlich der BGH die für die Praxis wichtige Rechtsfrage entscheiden wird.

Inhalt

§ 270a BGB – Vereinbarungen über Entgelte für die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel
PayPal
Sofortüberweisung
Fazit

§ 270a BGB – Vereinbarungen über Entgelte für die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel

Nach § 270a Satz 1 BGB ist eine Vereinbarung unwirksam, durch die der Kunde eines Händlers verpflichtet wird, dem Händler ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten. Vom Begriff der Zahlungskarte sind Zahlungsinstrumente im sog. Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren und damit die meisten gängigen Debitkarten (früher: „EC-Karten“) und Kreditkarten umfasst (vgl. § 270a Satz 2 BGB). Mit dem so genannten „Surcharging“-Verbot in § 270a BGB wurde Art. 62 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2015/2366 (PSD2) in deutsches Recht umgesetzt. Entsprechend den EU-Vorgaben wird mit § 270a BGB das Ziel verfolgt, Entgeltzuschläge für die gängigen Methoden bargeldloser Zahlung – SEPA-Zahlverfahren und Kartenzahlungen – zu verhindern.

Im Fall Flixbus standen den Kunden insgesamt vier Zahlungsmethoden zur Verfügung: Die Kunden konnten sich entweder für eine der beiden unentgeltlichen Zahlungsarten „EC-Karte“ oder „Kreditkarte“ entscheiden oder eine entgeltliche Zahlungsmöglichkeit wählen – PayPal oder Sofortüberweisung. Die vom LG München I und nunmehr vom OLG München zu beantwortende Frage lautete damit, ob auch die Zahlungsmittel PayPal und Sofortüberweisung von § 270a BGB erfasst werden und damit von Flixbus ebenfalls unentgeltlich hätten angeboten werden müssen.

PayPal

Das LG München I hat PayPal als von § 270a BGB umfasst angesehen: Bei PayPal erfolge letztlich eine Zahlung mittels SEPA-Lastschrift/Überweisung oder Kreditkarte. Mit dieser Ansicht wich das LG München I nicht nur von der den E-Geld-Charakter von PayPal-Zahlungen betonenden, überwiegenden Meinung im rechtswissenschaftlichen Schrifttum ab, sondern auch von der Gesetzesbegründung zu § 270a BGB, nach der PayPal-Zahlungen gerade nicht von § 270a BGB erfasst werden sollten.

Denn auch wenn sich vermutlich nur wenige Nutzer von PayPal darüber im Klaren sein werden, stellt PayPal den für die Praxis wohl wichtigsten Anwendungsfall für E-Geld i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG dar. Nach der dortigen Legaldefinition ist E-Geld jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert in Form einer Forderung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB (das heißt, jede Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrags) durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird.

Wählt ein Kunde die Zahlart PayPal, so wird von dem bei PayPal geführten E-Geld-Konto des Kunden ein entsprechender Betrag abgebucht und dem Zahlungsempfänger (z.B. dem Unternehmen Flixbus) auf dessen ebenfalls bei PayPal geführten E-Geld-Konto innerhalb weniger Sekunden gutgeschrieben. Es wird somit E-Geld von einem PayPal-Konto (des Kunden) auf ein anderes PayPal-Konto (das des Händlers) transferiert. Zwar wird das E-Geld-Konto des Kunden u.a. mittels Lastschrift, Kreditkarte oder Banküberweisung „aufgeladen“. Das muss aber nicht zwingend im zeitlichen Zusammenhang mit der betreffenden E-Geld-Zahlung erfolgen. Vielmehr kann der Kunde Guthaben auf seinem E-Geld-Konto vorhalten, aus dem die betreffende Zahlung erfolgt. Das Guthaben auf seinem E-Geld-Konto muss auch nicht vom Kunden „initiiert“ worden sein; es kann auch von einem Dritten stammen, etwa aus einer Rückerstattung eines anderen Händlers nach einer Warenretoure durch den Kunden. Die Ausgabe von neuem E-Geld bzw. ein „Aufladen“ des E-Geld-Kontos per (von PayPal initiierter) Lastschrift oder Kreditkartenabbuchung anlässlich der konkreten Zahlung (etwa an Flixbus) ist dann jeweils nicht erforderlich. Zu einem unmittelbaren Geldtransfer vom (Haus-)Bankkonto des Zahlers auf das (Haus-)Bankkonto des Händlers (Flixbus) kommt es bei einem E-Geld-Transfer dementsprechend nicht. Darin unterscheidet sich die Zahlung mittels E-Geld von der durch § 270a BGB erfassten Überweisung, der Lastschrift oder der Kreditkartenzahlung.

Im Gegensatz zum LG München I hat das OLG München diese Systematik bzw. den E-Geld-Charakter von PayPal-Zahlungen zutreffend erkannt und die Ansicht vertreten, dass PayPal-Zahlungen nicht durch § 270a BGB erfasst werden. Für die Praxis wird diese Sichtweise des OLG München freilich nur eingeschränkte Bedeutung haben. Dies liegt zum einen daran, dass vor der zu erwartenden Entscheidung des BGH noch keine Rechtssicherheit über den Anwendungsbereich von § 270a BGB besteht. Zum anderen wird es den mit PayPal kooperierenden Händlern in den PayPal-AGB gegenwärtig untersagt, für die Nutzung von PayPal mit Kunden ein Entgelt zu vereinbaren. Die Rechtsfolge, die § 270a BGB bei zutreffender Betrachtung gerade nicht anordnet, erreicht PayPal somit auf dem Wege einer vertraglichen Vereinbarung mit den Händlern.

Sofortüberweisung

Während es nicht überrascht, dass das OLG München PayPal-Zahlungen anders bewertet als das LG München I, war nicht unbedingt damit zu rechnen, dass das OLG München die Entscheidung der Vorinstanz auch in Bezug auf die Zahlungsmethode Sofortüberweisung aufheben würde. Denn mit seiner Entscheidung, § 270a BGB auf Sofortüberweisung anzuwenden, lag das LG München I auf der Linie praktisch der gesamten rechtswissenschaftlichen Literatur. Darüber hinaus hat sich auch das LG Berlin in seinem das Flugbuchungsportal opodo betreffenden Urteil vom 21.03.2019 (Az. 52 O 243/18) der Linie des LG München I angeschlossen.

Bei Sofortüberweisung handelt es sich um einen Zahlungsauslösedienst i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 ZAG, über den Zahlungen im Internethandel über das Online-Banking-Konto des Kunden ausgelöst werden. Ausgelöst wird eine Überweisung vom Konto des zahlenden Kunden auf das Konto des Händlers als Zahlungsempfänger. Das LG Berlin spricht in seiner opodo-Entscheidung bei Sofortüberweisung von einem „Direktüberweisungssystem.“ Kunden nutzen ihre personalisierten Sicherheitsmerkmale für das Online-Banking, indem sie dem die Bezahlmethode Sofortüberweisung anbietenden Zahlungsdienstleister (Sofort GmbH) den Zugang zu dem kontoführenden Kreditinstitut ermöglichen, so dass dieser Zahlungsdienstleister die Kontodeckung prüfen und die Zahlung zu Gunsten des Internethändlers initiieren kann.

Gegen die Anwendbarkeit von § 270a BGB auf die Bezahlart Sofortüberweisung spricht zwar mit dem OLG München, dass die Leistung der Sofort GmbH nicht die Ausführung der Überweisung ist (das erledigt die kontoführende Bank des Kunden), sondern das Auslösen der Zahlung und die Meldung darüber an den Zahlungsempfänger. Jedoch ist der Zahlungsauslösedienst auf einen Zahlungsvorgang gerichtet, der mit einer von § 270a BGB erfassten Zahlungsmethode durchgeführt wird. Daher besteht insoweit ein Unterschied zu PayPal-Konstellation, als die mit PayPal verbundene E-Geld-Zahlung rechtstechnisch etwas anderes ist als eine SEPA-Lastschrift oder SEPA-Überweisung, während mit Sofortüberweisung als Zahlungsauslösedienst lediglich das Prozedere für die Einleitung des Zahlungsvorgangs modifiziert wird. Damit erklärt sich, warum die Bezahlart Sofortüberweisung oftmals bei einer wertenden Gesamtbetrachtung nicht trennscharf von der SEPA-Überweisung unterschieden wird. Das OLG München sieht dies offenbar differenzierter, auch wenn erst die bislang noch nicht veröffentlichten Entscheidungsgründe über die wesentlichen Überlegungen des Gerichts Aufschluss geben werden.

Fazit

Die Entscheidung des OLG München stellt einen wichtigen Schritt hin zur Klärung der noch offenen Rechtsfrage des Anwendungsbereichs von § 270a BGB dar. Rechtssicherheit gibt sie indes noch nicht, weil davon auszugehen ist, dass die klagende Wettbewerbszentrale das Verfahren vor dem BGH weiterführen wird. Denkbar ist überdies, dass der BGH die Rechtsfrage dem EuGH zur Entscheidung vorlegen wird. Es bleibt damit weiter abzuwarten, ob es auch im weiteren gerichtlichen Verfahren dabei bleibt, dass Zahlungsarten wie PayPal und Sofortüberweisung aus dem Anwendungsbereich von § 270a BGB auszunehmen sind. Auch wenn dies angesichts des Gesetzeswortlauts und der Gesetzesmaterialien wünschenswert wäre, ist dies mit Blick auf eine zunehmend verbraucherfreundliche Rechtsprechung keinesfalls selbstverständlich.

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