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Entscheidung in Sachen EDEKA/Tengelmann

11.01.2018

Mit Beschluss vom 23. August 2017, Az. VI - Kart 5/16 (V), hat das OLG Düsseldorf über eine Beschwerde in Sachen EDEKA/Tengelmann entschieden. Der Beitrag „Erledigungseintritt und Fortsetzungsfeststellungsinteresse i.S.v. § 71 Abs. 2 S. 2 GWB bei Erlass einer Ministererlaubnis – Anmerkung zur Entscheidung des OLG Düsseldorf in Sachen EDEKA/Tengelmann“ in Neue Zeitschrift für Kartellrecht 2018, S. 33 ff. gibt einen Überblick über den Hintergrund des Verfahrens und vollzieht die Prüfung des Erledigungsgrunds bei Vorliegen einer Ministererlaubnis durch das Gericht nach. Anschließend wird das Unterlassen des Gerichts, den Erledigungsbegriff näher zu präzisieren, kritisch gewürdigt und die Bedeutung des Präjudizinteresses als Fallgruppe des Fortsetzungsfeststellungsinteresses unterstrichen.

Hintergrund des Verfahrens

Gegen die Untersagung des Zusammenschlusses der EDEKA-Gruppe mit der Tengelmann-Gruppe durch das Bundeskartellamt gingen die Beteiligten in einem Beschwerdeverfahren vor, in dessen Verlauf der Bundeswirtschaftsminister schließlich gemäß § 42 GWB die Erlaubnis für den Zusammenschluss erteilte. Im Gegensatz zum Bundeskartellamt und einigen Unternehmen der Tengelmann-Gruppe hielten insbesondere die Unternehmen der EDEKA-Gruppe das Verfahren nicht für durch die Ministererlaubnis erledigt, sondern führten die Beschwerde fort. Somit hatte das OLG Düsseldorf die Fragen zu beantworten, ob die Ministererlaubnis zu einer Erledigung im Sinne des § 71 Abs. 2 S. 2 GWB geführt hat und ob die Beschwerde in diesem Fall als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde aufrecht erhalten werden kann.

Ministererlaubnis als Erledigungsgrund

Das Gericht stellte fest, dass das zunächst bestehende Vollzugsverbot für den Zusammenschluss und damit auch die Beschwer nach § 41 Abs.1 S.1 GWB durch die Ministererlaubnis entfallen ist. Auch sei der Eintritt der mit der Erlaubnis verbundenen auflösenden Bedingungen ausschließlich vom Verhalten der Zusammenschlussbeteiligten abhängig und ändere somit nichts am Erledigungseintritt. Dem Einwand, in einem etwaigen Entflechtungsverfahren nach § 41 Abs.3 GWB sei auch zu klären, ob das Bundeskartellamt den Zusammenschluss zu Recht untersagt habe, setzt das OLG Düsseldorf die Besonderheiten der Ministererlaubnis entgegen: Ein aufgrund der Erlaubnis durchgeführter Zusammenschluss sei zum einen der Entflechtung entzogen, zum anderen sei Voraussetzung der Erteilung einer solchen Erlaubnis gerade die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Untersagung. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Ministererlaubnis zu einer Erledigung im Sinne des § 71 Abs. 2 S. 2 GWB geführt hat. Es sieht mit der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses aber ein rechtliches Interesse für die Aufrechterhaltung der Beschwerde als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde als gegeben an.

Keine Präzisierung des Erledigungsbegriffs

Das OLG Düsseldorf bejaht im Ergebnis zutreffend den Erledigungseintritt. Es versäumt es aber, sich näher mit dem Begriff der Erledigung auseinander zu setzen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Literatur soll Erledigung dann eintreten, wenn die angefochtene Verfügung keine Rechtswirkungen mehr entfalten kann, somit gegenstandslos wird und in der Folge die rechtliche Beschwer des Beschwerdeführers entfällt. Präziser formuliert liegt eine Erledigung vor, wenn der ursprüngliche Gegenstand des Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers entfällt. Diese trägt auch dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall: Zunächst ist der Erlass einer Ministererlaubnis mit der Rücknahme der Untersagungsverfügung durch die Kartellbehörde vergleichbar, diese entfällt als Gegenstand des ursprünglichen Rechtsschutzinteresses. Auch sind die negativen Folgen einer etwaigen Entflechtung unabhängig von einer Ministererlaubnis nicht mehr als Gegenstand des ursprünglichen Rechtsschutzinteresses anzusehen.

Präjudizinteresse der Beschwerdeführer

Die Anerkennung eines Präjudizinteresses der Beschwerdeführer als rechtliches Interesse i.S.d. § 71 Abs. 2 S. 2 GWB durch das OLG Düsseldorf ist im Ergebnis richtig und angesichts des in weiten Teilen unstrittigen Sachverhalts nur knapp begründet. Neben den anderen Fallgruppen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses wie der Wiederholungsgefahr und dem Rehabilitationsinteresse kommt dem Präjudizinteresse indes wachsende Bedeutung zu. Soll eine Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde auf ein Präjudizinteresse gestützt werden, so muss das Beschwerdeverfahren dazu geeignet sein, eine Vorfrage eines angestrebten Folgeprozesses zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu klären. Ein solcher Folgeprozess muss von dem Beschwerdeführer substantiiert angekündigt werden, etwa durch Ausführungen zur Schadensberechnung und -höhe, und darf nicht offensichtlich aussichtslos sein. Ob es letzterer Voraussetzung bedarf, ist noch nicht höchstrichterlich entschieden, aber aus prozessökonomischen Gesichtspunkten zu verlangen.

Das OLG Düsseldorf bedient sich in Sachen EDEKA/Tengelmann der von der Rechtsprechung überwiegend angewandten Formel der Erledigung und kommt zu einer im Ergebnis richtigen Entscheidung. Eine nähere Präzisierung des Begriffs der Erledigung wäre wünschenswert gewesen und hätte an mehreren Stellen der Entscheidung klarstellende Wirkung entfaltet. Die Entscheidung zeigt eindrucksvoll die praktische Bedeutung der Fallgruppe des Präjudizinteresses auf.

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