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Erbschaft­steuer­reform

09.06.2015

Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17.12.2014 Teile der Regelungen der erbschafsteuerlichen Begünstigung für Unternehmensvermögen für verfassungswidrig erklärt hat, hat das Bundesfinanzministerium der Finanzen (BMF) nun am 02.06.2015 einen ersten Gesetzentwurf vorgelegt. Damit soll nun ein verfassungsgemäße Regelung für Unternehmensvermögen geschaffen werden. Die Änderungen sind entgegen der Ankündigung des Finanzministers Dr. Schäuble nicht „minimal invasiv“ sondern erheblich, insbesondere für diejenigen, die Unternehmensbeteiligungen übertragen wollen, die einen Wert in Höhe von EUR 20 Mio. übersteigen.  

Beibehaltung des Grundkonzepts

Der Gesetzentwurf behält im Grundsatz das derzeitige Begünstigungskonzept mit der Gewährung eines Verschonungsabschlags in Höhe von 85 % (Regelverschonung) bzw. von 100 % (Optionsverschonung) und eines Abzugsbetrages von maximal EUR 150.000,00 bei. Er sieht aber ansonsten erhebliche Änderungen vor.  

Änderungen für alle Unternehmen

Zahlreiche Änderungen finden sich bei den Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen. So wird das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ für die Gewährung der Verschonung abgeschafft. An seine Stelle tritt ein Aufteilungsprinzip. Danach sind die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen nur noch für das begünstigte Unternehmensvermögen anzuwenden, während das nicht begünstigte Unternehmensvermögen in vollem Umfange der Erbschaftsteuer unterliegt.

Ferner wird der Verwaltungsvermögenstest abgeschafft. An seine Stelle tritt ein System, das die Einordnung als begünstigtes Unternehmensvermögen grundsätzlich davon abhängig macht, ob ein Wirtschaftsgut einer originären gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit dient.  

Änderungen für Großunternehmen

Die wesentlichen Änderungen betreffen – wie zu erwarten war – die Erwerber von Beteiligungen an Großunternehmen. Diese sollen laut dem Bundesverfassungsgericht nicht mehr ohne eine Bedürfnisprüfung in den Genuss der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen gelangen. Aus diesem Grunde sieht der Gesetzentwurf vor, dass die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen grundsätzlich nur noch gewährt werden, wenn das auf einen Erwerber übertragene begünstigte Unternehmensvermögen EUR 20 Mio. nicht übersteigt. Diese Grenze wurde damit – wie bereits im Eckpunktpapier des Bundesfinanzministerium vom Februar dieses Jahres vorgesehen – erwerberbezogen ausgestaltet.

Die Grenze erhöht sich auf EUR 40 Mio., wenn im Gesellschaftsvertrag bestimmte Entnahme-, Abfindungs- und Verfügungsbeschränkungen enthalten sind. Allerdings müssen diese zehn Jahre vor und 30 Jahre nach dem Übertragungsstichtag vorliegen.

Die Prüfung der Freigrenze von EUR 20. Mio. gilt zudem für alle Erwerbe, die innerhalb von zehn Jahren von derselben Person stammen. Überschreiten mehrere dieser Erwerbe innerhalb von zehn Jahren die Freigrenze von EUR 20 Mio., wird nicht nur die Gewährung der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen des Letzterwerbs (durch den die EUR 20 Mio.-Grenze überschritten wird), sondern rückwirkend auch die der vorherigen Schenkungen versagt. Für die Gesamtübertragungen kommen nur noch die Begünstigungen zur Anwendung, die für Erwerbe über EUR 40 Mio. vorgesehen sind.  

Künftige Begünstigungen für Großunternehmen mit Optionsrecht

Wird die Freigrenze von EUR 20 Mio. überschritten, steht dem Erwerber eines solchen Vermögens hinsichtlich der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen ein Wahlrecht zwischen der Nutzung eines sich reduzierenden Verschonungsabschlags (§ 13c ErbStG-E) und eines Steuererlasses im Fall der Bedürftigkeit des Erwerbers (§ 28a ErbStG-E) zur Verfügung.

In beiden Fällen sind die Mindestlohnsummen und Behaltensvorschriften einzuhalten. Ansonsten mindern sich die im Übertragungszeitpunkt gewährten Begünstigungen entsprechend. 

Erste Alternative: Sich reduzierender Verschonungsabschlag ohne Verschonungsbedarfsprüfung

Bei der Wahl der Verschonungsabschlags kann auch für den Erwerb einer Beteiligung an einem Großunternehmen ein Verschonungsabschlag (Regel- oder Optionsverschonung) beansprucht werden. Dieser vermindert sich allerdings um jeweils einen Prozentpunkt für jede EUR 1,5 Mio., die der Wert des begünstigten Vermögens den Betrag von EUR 20 Mio. übersteigt. Mindestens steht dem Erwerber eines Großunternehmens ohne Bedürfnisprüfung je nach Wahl des Verschonungsabschlags ein Mindestabschlag von 25 % (Regelverschonung) bzw. 40 % (Optionsverschonung) zur Verfügung.  

Zweite Alternative: Steuererlass nach Verschonungsbedarfsprüfung

Alternativ können Erwerber anstatt des Verschonungsabschlags einen Erlass der Erbschaftsteuer beantragen. Hierfür muss der Erwerber aber nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, diese Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen. Das verfügbare Vermögen umfasst dabei 50 % der Summe aus dem mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen Vermögen und dem im Übertragungszeitpunkt beim Erwerber vorhandenen Vermögen. Nicht zum verfügbaren Vermögen gehört in beiden Fälle begünstigtes Unternehmensvermögen.

Da die – ohne Anwendung der Verschonungsabschläge – festgesetzte Steuer nur insoweit erlassen wird, als sie nicht durch verfügbares Einkommen beglichen werden kann, bedeutet dies tatsächlich nur einen Teilerlass.  

Änderungen für Kleinstunternehmen

Außerdem sollen künftig deutlich mehr kleinere Unternehmen unter die Lohnsummenregelung fallen. Bisher musste diese von Unternehmen nicht beachtet werden, die nicht mehr als 20 Beschäftigte hatten.

In der Zukunft muss die Lohnsummenvoraussetzung von allen Unternehmen mit mehr als drei Mitarbeitern eingehalten werden. Allerdings kommen Unternehmen, die nur zwischen vier und zehn Beschäftigte haben, in den Genuss einer geringeren Mindestlohnsumme. Hierbei reduziert sich die für den Abschlag von 85 % erforderliche Mindestlohnsumme von 400 % auf 250 %. Wird dagegen die Optionsverschonung beantragt, steigt die Mindestlohnsumme, die für den 100 %-Abschlag notwendig ist, auf 500 %.  

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