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EU-Kommission stellt Richtlinien­entwurf zum Schutz von Whistleblowern vor

04.05.2018

Am Montag, den 23. April 2018, wurde in Brüssel ein Richtlinienentwurf veröffentlicht, der einen erhöhten Schutz von Whistleblowern ermöglichen soll („proposal for a directive of the european parliament and of the council on the protection of persons reporting on breaches of Union law“). Durch die Konstruktion eines sicheren gesetzlichen Fallnetzes, sollen Whistleblower ermutigt werden, Missstände zu melden. Whistleblowing wird als wirksames Instrument angesehen, um größere Schäden vom Gemeinwohl abzuwenden. Gleichzeitig soll der höhere Schutzstandard für Whistleblower auch eine abschreckende Wirkung zeigen und zur Prävention gegen Rechtsbrüche beitragen. Konkret soll ein einheitlicher und grenzüberschreitender Schutzmechanismus geschaffen werden, der Whistleblower vor Kündigungen, Zurückstufungen und anderen Repressalien aus Vergeltung bewahrt und für Rechtssicherheit/-klarheit im Umgang mit Whistleblowern sorgt.

Finanzielle Anreize, wie sie beispielsweise im US-amerikanischen Recht durch schwindelerregende Whistleblower-Prämien gesetzt werden, sind im Richtlinienentwurf nicht vorgesehen. Die europäischen Regelungsvorschläge entsprechen in dieser Hinsicht dem russischen Anti-Korruptionsgesetz, welches ebenfalls von der Einführung eines Prämiensystems absieht.

Anwendungsbereich

Die Regelungen des Entwurfs beziehen sich auf alle Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von mindestens zehn Millionen Euro. Darüber hinaus werden auch alle Landes-/ Regionalverwaltungen und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern erfasst.

Gleichzeitig wurde eine sachliche Begrenzung auf Verstöße gegen EU-Recht in den Bereichen wie Nuklearsicherheit, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche und Terrorfinanzierung, öffentliches Vergabewesen, Sozialhilfe und Gesundheitswesen, Verbraucherschutz, Produkt-/ Verkehrssicherheit, Datenschutz, Lebensmittel-/ Futtermittelsicherheit und Umwelt- / Tierschutz vorgeschlagen. Die neuen Regelungen sollen außerdem bei Verstößen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften und die Körperschaftssteuervorschriften sowie bei Schädigung der finanziellen Interessen der EU zur Anwendung kommen.

Dreistufiger Eskalationsprozess

Die Richtlinie sieht für Whistleblower einen Drei-Stufen-Plan vor. Zunächst müssen Hinweisgeber intern die Möglichkeit haben, Rechtsverstöße zu melden. Hierzu müssen vertrauenswürdige Kommunikationswege geschaffen werden, die einen sicheren Umgang mit den sensiblen Informationen gewährleisten - zum Beispiel in Form von Ombudsfrauen/-männern oder Hotlines.
Erst wenn auf diesem Wege keine Reaktion auf Hinweise erfolgt, sollen sich Whistleblower in einem zweiten Schritt an staatliche Kontrollbehörden wenden können.
Der Gang an die Öffentlichkeit, z. B. über Journalisten und Medien, soll nur als ultima ratio legitimiert werden können.

Im Gegensatz zum deutschen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Geheimnisschutzrichtlinie sieht die Kommission keine Gesinnungsprüfung vor. Dem Whistleblower wird damit bedingungslos Schutz gewehrt, gerade auch wenn dieser nicht in der Absicht handelt, das Interesse des Gemeinwohls zu schützen.

Geschützter Personenkreis

In den Schutzbereich der Richtlinie fallen nicht nur Arbeitnehmer der Privatwirtschaft. Vielmehr soll im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Richtlinie jede Person geschützt werden, die Kenntnis von brisanten Informationen erlangen kann. Konsequenterweise wird daher auch Angestellten des öffentlichen Dienstes, Auftragnehmern, Zulieferern, Selbständigen, unbezahlten Praktikanten, Bewerbern und ehrenamtlich Tätigen Schutz gewährt.

Schutz vor Repressalien

Zum verbesserten Schutz des Hinweisgebers vor Repressalien sehen die Empfehlungen der Kommission eine Beweislastumkehr vor. Das betroffene Unternehmen muss in diesem Fall nachweisen, dass es keine Vergeltungsmaßnahmen gegen den Hinweisgeber ergriffen hat. Darüber hinaus soll der Hinweisgeber durch die Befreiung von der Haftung für offengelegte Informationen auch im gerichtlichen Verfahren geschützt werden.

Was bedeutet der Entwurf für die Praxis?

Der Richtlinienentwurf stellt zunächst nur eine Empfehlung der EU-Kommission zum erweiterten Schutz von Whistleblowern dar. Bevor die Mitgliedstaaten diese Regelungen in nationales Recht umsetzen müssen, bedarf es zwar noch der Zustimmung der Staats- und Regierungschefs. Dennoch ist bereits absehbar, dass Unternehmen und Behörden sich mit einem internen Hinweisgebersystem sowie mit Schutzmechanismen für Whistleblower zeitnah auseinandersetzen werden müssen. Nicht zuletzt durch das Einrichten und Unterhalten eines Hinweisgebersystems und den damit verbundenen datenschutz- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen wird ein zusätzlicher administrativer und finanzieller Aufwand auf Unternehmen und Behörden zukommen.

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