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Evaluation der Effektivität von Compliance Programmen

10.05.2019

Am 30. April 2019 hat das US Department of Justice (DoJ) eine wesentlich ergänzte und überarbeitete Fassung eines Guidance Dokuments zur Evaluation von Corporate Compliance Programmen veröffentlicht. Das Guidance Dokument können Sie über folgenden Link abrufen (https://www.justice.gov/criminal-fraud/page/file/937501/download). Das Dokument stellt die wesentlichen Kriterien dar, anhand derer das DoJ Compliance Programme bei der Strafzumessung oder beim Abschluss von Deferred oder Non-Prosecution Agreements bewerten wird. Beurteilt werden Compliance Programme dabei sowohl zu dem Zeitpunkt des Gesetzesverstoßes als auch dem der Urteilsfindung, denn die Weiterentwicklung von Compliance stellt einen wesentlichen Entscheidungsfaktor für die Strafverfolgung von Unternehmen dar.

Zu den drei Säulen Inhalt des Compliance Programms, effektive Implementierung und Funktionsweise in der Praxis werden Kriterien und Fragen formuliert, die Aufschluss über die Ernsthaftigkeit von Compliance Programmen geben sollen.

Bei der Entwicklung des Compliance Programms wesentlich ist die Ermittlung der dem Unternehmen drohenden Risiken und dessen Anpassung und Ausgestaltung entsprechend der konkreten Risikostruktur. Daher kommen der Risikoanalyse und der hierfür angewandten Beurteilungskriterien wesentliche Bedeutung zu. Richtlinien und Arbeitsanweisungen müssen hierauf zugeschnitten sein, insbesondere alle wesentlichen Risiken mit hinreichender Tiefe abdecken, für alle betroffenen Mitarbeiter zugänglich und verständlich sein und die von dem jeweiligen Risiko betroffenen Personengruppen hinreichend geschult werden. Großes Gewicht wird auf das Vorhandensein von Melde-und Berichtswegen sowie anonymen oder vertraulichen Hinweisgebersystemen und auf klar definierte Prozesse zur internen Aufklärung von Verdachtsfällen gelegt.

Im Zusammenhang mit der Implementierung von Compliance Systemen wird evaluiert, welche Maßnahmen insbesondere das obere und mittlere Management ergreifen, um die Bedeutung von Compliance im Rahmen der unternehmerischen Betätigung deutlich zu machen und deren Einhaltung sicherzustellen, welche Anreize zu normgemäßen Verhalten gegeben werden und wie regelwidriges Verhalten sanktioniert wird. Wesentliche Bedeutung hat auch die Struktur der Compliance Organisation, deren verfügbare personelle und materielle Ressourcen sowie deren Unabhängigkeit von anderen Funktionen.

Größte Bedeutung kommt der Funktionsfähigkeit und Effektivität des Compliance Programms in der Praxis zu, um „echte“ Compliance von „Papiertigern“ zu unterscheiden. Für die Beurteilung wesentlich sind Art und Umfang bestehender Kontroll- und Überwachungsprozesse, deren Wirkungsweise und Anwendung in der Praxis. Erwartet wird ferner die Nutzung von Verfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit des Compliance Systems sowie dessen ständige Anpassung und Weiterentwicklung. Wichtig ist auch die Art und Weise, wie Verdachtsfälle untersucht, in welchem Umfang die wahren Ursachen für Fehlverhalten ermittelt und welche reaktiven Maßnahmen umgesetzt werden, insbesondere zur Verbesserung und Fortschreibung des Compliance Managementsystems.

Auch für Unternehmen, die nicht dem Anwendungsbereich des U.S.-Rechts unterliegen, bietet das Guidance Papier eine gute Hilfestellung, um die Effektivität des eigenen Compliance Systems zu hinterfragen oder zu evaluieren. Im deutschen Recht, ebenso im Recht vieler anderer ausländischer Staaten, ist die Effektivität eines bestehenden Compliance Systems ein wesentliches Entscheidungskriterium, um von der Verhängung von Unternehmenssanktionen abzusehen; in jedem Fall kommt ihm erhebliche strafmildernde Wirkung zu.

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