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„Fack Ju Göhte“ – Film ja, Marke nein

23.02.2018

Am 24. Januar 2018 hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) eine Klage der Constantin Film Produktion GmbH (Constantin Film) zwecks Eintragung der Unionsmarke „Fack Ju Göhte“ abgewiesen und damit die Auffassung der Vorinstanzen bestätigt (Rechtssache T-69/17). Constantin Film hat nun zwei Monate Zeit, um Rechtsmittel gegen das Urteil beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzulegen.

Im Jahr 2015 hatte Constantin Film die Bezeichnung „Fack Ju Göhte“ für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen (Parfümerie, Schmuck, Schreibwaren, Bekleidung, Spielzeug, Lebensmittel, Telekommunikations- und Ausbildungsdienste, usw.) als Unionsmarke angemeldet. Die Prüfungsabteilung und die Fünfte Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) wiesen die Anmeldung nach Maßgabe des Artikels 7(1)(f) Unionsmarkenverordnung (UMV) zurück. Danach sind Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen, von der Eintragung ausgeschlossen.

Nach Ansicht des EUIPO würden die maßgeblichen Verkehrskreise, nämlich die deutschsprachigen Allgemeinverbraucher innerhalb der Europäischen Union (d.h. diejenigen in Deutschland und Österreich), den Bestandteil „fack ju“ als identisch mit dem englischen „fuck you“ wahrnehmen. Selbst wenn die Verbraucher dem Ausdruck keine sexuelle Bedeutung beimäßen, so stelle er doch eine Beschimpfung dar, die nicht nur geschmacklos, sondern auch anstößig und vulgär sei. Der zusätzliche Bestandteil „Göhte“, mit dem ein hochangesehener Schriftsteller wie Johann Wolfgang von Goethe posthum in herabwürdigender und vulgärer Weise beschimpft werde, noch dazu in fehlerhafter Rechtschreibung, könne vom verletzenden und gegen die guten Sitten verstoßenden Charakter der Beschimpfung „fack ju“ keinesfalls ablenken. Unter Umständen eröffne die Bezugnahme zu Johann Wolfgang von Goethe möglicherweise sogar eine weitere Ebene des Sittenverstoßes. Dies umso mehr, als dass die betreffenden Waren Gegenstände des alltäglichen Ge- und Verbrauchs von einem harmlosen, unbedenklichen Charakter sind, so dass der Verbraucher nicht damit rechnen muss bzw. darauf vorbereitet ist, bei ihrem Erwerb mit einer derartigen Obszönität konfrontiert zu werden. Gleiches gelte für die Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation und insbesondere der Ausbildung, die der intellektuellen und moralischen Anleitung von unter anderem Kindern und Jugendlichen dienen.

Der EuG schloss sich der Ansicht des EUIPO an und bejahte einen Verstoß gegen die guten Sitten. Dass der Film „Fack Ju Göhte“ seit seinem Kinostart von mehreren Millionen Menschen gesehen wurde, bedeute nicht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise nicht von der angemeldeten Marke schockiert wären. Das Argument von Constantin Film, es handle sich dabei in seiner Gesamtheit um ein originelles und prägnantes Zeichen, das einen offensichtlichen satirischen, scherzhaften und verspielten Gehalt aufweise, wies das Gericht zurück. Die besondere Rechtschreibung allein genüge nicht, um dem Zeichen einen solchen Gehalt zu verleihen. Es sei nicht erwiesen, dass das relevante Publikum in dem Zeichen den Titel eines erfolgreichen Films erkennen und als einen Scherz in Bezug auf den Schulfrust der Schüler aufgreifen würde. Selbst wenn beispielsweise Jugendliche eine äußerst derbe Ausdrucksweise für akzeptabel halten mögen, seien die Kriterien einer vernünftigen Person mit durchschnittlicher Empfindlichkeit- und Toleranzschwelle zugrunde zu legen. Schließlich war auch der von Constantin Film gezogene Vergleich mit der zugelassenen Unionsmarke „Die Wanderhure“ erfolglos. Anders als im vorliegenden Fall ist „Die Wanderhure“ beschreibend für den Inhalt des gleichnamigen Films und zudem deutlich weniger vulgär als das hier angemeldete Zeichen.

Im Ergebnis ist dies eine Entscheidung, über die sich – zumindest aus moralischer Sicht – gewiss streiten lässt. So betrifft die Beanstandung aufgrund Verstoßes gegen die guten Sitten subjektive Werte, die von Person zu Person bzw. Land zu Land unterschiedlich sein können. In diesem Sinne hat das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) zum Beispiel das Zeichen „LECK MICH, SCHILLER“ (ebenfalls von Constantin Film) als deutsche Marke für diverse Waren und Dienstleistungen anstandslos eingetragen. Das vorliegende Urteil des EuG entspricht allerdings der allgemeinen Praxis des EUIPO, Marken mit „fuck“ (bzw. vergleichbaren Begriffen) als nicht eintragungsfähig zurückzuweisen.

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