News

Freistaat Bayern verteidigt erfolgreich seine Marke „NEUSCHWANSTEIN“

26.08.2016

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat mit Urteil vom 05.07.2016 entschieden, dass die vom Freistaat Bayern angemeldete Unionsmarke „NEUSCHWANSTEIN“ schutzfähig ist (Az. T-167/15).

Das Zeichen „NEUSCHWANSTEIN“ wurde 2011 vom Freistaat Bayern als Unionsmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen, u.a. für diverse Souvenirartikel, angemeldet und eingetragen. Im Jahr 2012 beantragte der Bundesverband Souvenir – Geschenke – Ehrenpreise e. V. die Nichtigerklärung der Marke gemäß Art. 52 Abs. 1 lit. a der Verordnung über die Unionsmarke (UMV). Gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. b und c UMV sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben oder die ausschließlich aus Zeichen bestehen, welche zur Bezeichnung der geografischen Herkunft dienen können, von der Eintragung ausgeschlossen. Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) wies sowohl den Antrag auf Nichtigkeitserklärung als auch die hiergegen vom Bundesverband eingelegte Beschwerde zurück. Das EuG hat diese Entscheidung vollumfänglich bestätigt.

Das EuG stellte zunächst fest, dass die Bezeichnung „NEUSCHWANSTEIN“ keine geografische Angabe im Sinne des Art. 7 Abs. 1 lit. c UMV sei, da diese einen Ort bezeichnen müsse, der von den Verbrauchern der Europäischen Union als maßgebliche Verkehrskreise mit den angemeldeten Warengruppen in Verbindung gebracht werde, indem z.B. der geografische Ort für die betreffende Warengruppe berühmt oder bekannt sei. Das Schloss Neuschwanstein könne zwar lokalisiert werden, es sei jedoch kein geografischer Ort im Sinne des Art. 7 Abs. 1 lit. c UMV, da das Schloss vor allem ein musealer Ort sei, der nicht für die dort verkauften Souvenirartikel, sondern dank seiner einzigartigen Architektur bekannt sei. Das Schloss Neuschwanstein sei gerade kein Ort der Herstellung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen. Ein hinreichend direkter und konkreter Bezug zwischen der Marke „NEUSCHWANSTEIN“ und den angemeldeten Waren und Dienstleistungen könne daher nicht hergestellt werden.

Nach Auffassung des EuG fehlt es dem Zeichen „NEUSCHWANSTEIN“ auch nicht an der notwendigen Unterscheidungskraft nach Art. 7 Abs. 1 lit. b UMV, da der von König Ludwig II. gewählte Phantasiename („der neue Stein des Schwans“) in Verbindung mit den angebotenen Waren und Dienstleistung geeignet ist, diese von anderen Waren und Dienstleistungen zu unterscheiden. Die Marke ist damit geeignet die wesentliche Funktion einer Marke, die betriebliche Herkunft von Waren und Dienstleistungen zu identifizieren, zu erfüllen. Das EuG wendet sich mit dieser Einschätzung ausdrücklich gegen eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschl. v. 08.03.2012, Az. I ZB 13/11), der bezüglich der parallel durch den Freistaat Bayern eingetragenen nationalen Marke „Neuschwanstein“ feststellte, dass diesem Zeichen für zahlreiche Warengruppen die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Zur Begründung führte der BGH aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Wort „Neuschwanstein“ im Zusammenhang mit Souvenirartikeln wegen der großen Bekanntheit des Schlosses nur auf das Schloss und nicht als Produktkennzeichen auffassen. Bezugnehmend auf diese Entscheidung des BGH stellte das EuG klar, dass die Regelungen der Unionsmarke als autonomes System unabhängig von der Auslegung nationaler Gerichte interpretiert werden müssen, selbst wenn, wie § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, die nationale Regelungen auf einer harmonisierenden Richtlinie beruhen.

Trotz seiner Niederlage (in weiten Teilen) vor dem BGH kann sich der Freistaat Bayern dementsprechend weiterhin auf markenrechtlichen Schutz des Zeichens „NEUSCHWANSTEIN“ berufen und durch das Anbieten von Waren und Dienstleistungen ebenso wie durch Lizenzvereinbarungen mit Souvenirhändlern und –herstellern verwerten und monetarisieren.

Eine besondere Bedeutung hat dieses Urteil zunächst für Betreiber von Sehenswürdigkeiten und Museen, die die korrespondierenden Bezeichnungen markenrechtlich schützen lassen wollen. Im Allgemeinen zeigen die divergierenden Urteile von BGH und EuG aber auch, dass gleichgelagerte Sachverhalte je nach zugrundeliegendem Schutzsystem (MarkenG bzw. UMV) eine unterschiedliche Beurteilung finden können und daher eine parallele Anmeldung eines Zeichens als nationale Marke sowie als Unionsmarke als strategische Überlegung stets in Betracht gezogen werden sollte, um größtmöglichen Schutz für das angemeldete Zeichen zu erreichen.

Gewerblicher Rechtsschutz

Share