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Gefährdet die Corona-Pandemie Forward Deals und Forward Leases?

01.04.2020

Hintergrund

In den letzten Jahren wurden zunehmend Forward Deals abgeschlossen, um sich Projekte bereits in der Projektentwicklung zu bestimmten Preisen zu sichern. Dementsprechend investierten auch Anleger mit steigender Tendenz entweder direkt oder indirekt in Projektentwicklungen durch Forward Deals. Dabei kauft sich der Investor bereits während der Projektentwicklungsphase in eine Immobilie ein und bezahlt entweder in Raten je nach Baufortschritt (Forward Funding) oder bei Fertigstellung (Forward Purchase). Derartige Forward Deals sind entweder als Asset-Deal oder Share-Deal abgeschlossen worden.

Forward Deals

Das scheinbar risikolose Geschäft holt jetzt Verkäufer und Käufer ein, denn es verwirklicht sich ein Risiko, für das Forward Deals aufgrund der langen Zeitdauer zwischen Vertragsschluss und Erfüllung anfällig sind. Das Risiko der Corona-Pandemie kann diverse Einflüsse auf den Vertrag nehmen, seien es die Fragen nach Einhaltung von Vertragsfristen, Geltendmachung von Vertragsstrafen, Fälligkeit von Voraus- oder Abschlagszahlungen, seien es Fragen nach der Auswirkung von Unterbrechungen von Liefer- oder Nachunternehmerketten sowie evtl. Ansprüche auf zusätzliche Vergütungen und Entschädigungen, seien es Probleme bei der Nichterfüllung von Erstvermietungsgarantien, beim „Wegbrechen“ von Mietern, bei der Belastung der Bilanzen der Zielgesellschaft und Finanzierung der Zielgesellschaft u.a. Plötzlich erscheinen auch großzügig gewählte Long-Stop-Dates als problematisch und Verkäufer und Käufer – aber auch finanzierende Banken – fragen sich, ob sie daran noch gebunden sind.

Forward Deal mit Vorsorgeklauseln

Dabei sind Forward Deals komplexe Verträge, bei denen die Risiken nicht nur besprochen, sondern auch in den Verträgen einer Regelung zugeführt werden müssen, da es prinzipiell keine direkte gesetzliche Vertragstypik des Forward Deals gibt. Wer daher Klauseln zu „höherer Gewalt“ oder „Force Majeure“ oder zu Behinderungen oder Unterbrechungen des Projekts vorgesehen hat, hat schon einmal auch für die Corona-Pandemie verwertbare Regeln geschaffen, die weiterhelfen können. Denn mit einer Corona-Pandemie hatte zumindest bei Vertragsschlüssen vor dem März 2020 keine der Parteien zu rechnen.

Forward Deal ohne Vorsorgeklauseln

Schwieriger wird es für die Verträge, die keine Vorsorge für die typischen Risiken einer Projektentwicklung getroffen haben, oder in denen Versprechen abgegeben wurden, die jenseits der gesetzlichen Risikozuordnung sind. Dabei muss man sich vergewissern, dass ein Forward Deal in der Regel ein Typenkombinationsvertrag ist, der aus einem werkvertraglichen und einem kaufrechtlichen (und/oder auch gesellschaftsrechtlichen) Teil bestehen kann. Dies hat zur Folge, dass genau analysiert werden muss, welche Rechtsnorm auf bestimmte Leistungsstörungen anzuwenden ist (Kombinations- oder Absorptionsmethode/Schwerpunkttheorie).

Wenn man davon ausgeht, dass die Corona-Pandemie höhere Gewalt ist und nicht voraussehbar war und diese die Ursache der Leistungsstörungen ist, geben die gesetzlichen Vorschriften genügend Spielraum, eine sachgerechte Lösung bzgl. Fristverlängerungen, fehlende Haftung oder fehlenden Verzug des Projektentwicklers zu entwickeln. Jedoch ist nicht jeder Ausfall von Arbeitskräften bei Projektbeteiligten „höhere Gewalt“, ebenso wenig die Verteuerung von Materialien oder Nachunternehmer- oder Finanzierungskosten etc.

Ebenso sind „wildes“ Eingreifen oder gar Anordnungen gegenüber dem Verkäufer seitens des Käufers zu vermeiden, solange die Sach- und Rechtslage nicht geklärt ist und vor allem, solange nicht die Länge der Pandemie absehbar ist.

Sehr problematisch sind Verträge, in denen der Verkäufer bestimmte weitere Risiken übernommen hat, sei es weil eine Garantie vorbehaltslos erklärt wurde und der Verkäufer auch ohne Verschulden haftet, sei es weil ein Rücktritt vom Vertrag vorgesehen wurde, sollte bis zu einem bestimmten Zeitpunkt – aus welchen Gründen auch immer – der Vertrag nicht vollzogen sein. Hier muss dann schon tiefer in die juristische „Trickkiste“ gegriffen werden. Stichpunkte sind hier atypische Risiken bei Garantien, vorübergehende Unmöglichkeit und damit fehlende (vorübergehende) Fälligkeit u.a. Das bloße Berufen auf den Wegfall bzw. Störung der Geschäftsgrundlage hingegen hilft nicht immer, denn oft werden vor allem zwei entscheidende Punkte bei dieser Rechtsgrundlage übersehen: die der vertraglichen oder gesetzlichen Risikozuordnung und die der Unzumutbarkeit für die sich hierauf berufende Partei unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls.

Nicht zu vergessen ist die Zeitschiene, die den Parteien eines solchen Vertrags verbleibt. Der Verkäufer steht oft in einem Spannungsfeld zwischen Käufer und seinen Nachunternehmern oder den von der Zielgesellschaft beauftragten Unternehmern sowie seinen Finanzierungsinstituten. Womöglich hat er sich noch einer persönlichen Haftung unterworfen. Daher sind in vielen Fällen einvernehmliche Lösungen anzustreben.

Forward Lease

Spiegelbildlich zu den Forward Deals existiert der sog. Forward Lease („Vermietung vom Reißbrett“). In diesem Fall sichert sich der Bauherr für seine Projektentwicklung bereits die künftige Mieterstruktur mit einem Mietvertrag, der abgeschlossen wird noch bevor der Mietgegenstand bezugsfertig oder gar errichtet ist. Aber auch bei Bestandsimmobilien werden Mieteinheiten maßgeschneidert für bestimmte Mieter umgebaut, was meist mit einem fest vereinbarten Übergabetermin des Mietgegenstands einhergeht.

Sowohl zu Forward Deals als auch zu Forward Leases sind die notwendigen Bauverträge abzuschließen, die die Inhalte des jeweiligen Vertrages spiegeln.

Beim Forward Lease stellen sich vor der Übergabe an den Mieter wegen der Corona-Pandemie ähnliche Probleme wie oben zum Forward Deal dargestellt werden. Auch hier ist maßgeblich, ob die Vertragsparteien typische Risiken einer Projektentwicklung im Vertrag geregelt haben oder nicht oder ggf. sogar weitergehende Risiken übernommen haben, als das Gesetz vorsieht. Beim Forward Lease ist aber zudem zu beachten, ob der Übergabetermin als Fixgeschäft anzusehen ist und ob dies zu der gesetzlichen Garantiehaftung des Vermieters und Bauherrn gegenüber dem Mieter führt.

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