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Haftung des Quasi­herstellers nach § 4 ProdHaftG: Anschriften­nennung in Informations­material

20.11.2014

Nach dem Produkthaftungsgesetz, das eine verschuldensunabhängige Haftung für sicherheitsrelevante Produktfehler statuiert, ist nicht nur der tatsächliche Hersteller zum Ersatz etwaiger Schäden verpflichtet, sondern auch der sogenannte Quasi-Hersteller. Nach der Definition in § 4 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG ist Quasi-Hersteller, „wer sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt“.

Dabei stehen Unternehmen häufig vor der Frage, ob jede Nennung des eigenen Namens und der eigenen Anschrift im Zusammenhang mit dem Produkt diese Eigenschaft als Quasi-Hersteller begründet. Das OLG Koblenz hat sich in seinem Beschluss vom 24.7.2012 (Az. 5 U 299/12, VersR 2013, S. 1142) näher damit beschäftigt, welche Kriterien hierbei anzuwenden sind.

Es ging in der Sache um (rein psychische) Schäden, die durch einen Fehler eines Defibrillators (hier eine defekte Sonde) verursacht wurden. Die Sonden wurden in Deutschland durch die Beklagte vertrieben, allerdings von deren Muttergesellschaft in den USA hergestellt und von einer dritten Gesellschaft in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt.

Eine Haftung der Beklagten kam daher nur als Quasi-Herstellerin gem. § 4 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG in Betracht. Der Kläger berief sich zur Begründung der Quasi-Hersteller-Eigenschaft  auf die Nennung der Beklagten mit Anschrift in zwei ihm bei der Implantation des Defibrillators überreichten Dokumenten, dem Patientenausweis und der Informationsbroschüre. 

Entscheidung des OLG Koblenz

Das OLG Koblenz verneint die Quasi-Hersteller-Eigenschaft aufgrund dieser Angaben mit folgender Begründung:

Zum einen verweist das Gericht auf die BGH-Rechtsprechung, die den oben zitierten Gesetzeswortlaut dahingehend konkretisiert hat, dass der Name (oder ein anderes unterscheidungskräftiges Kennzeichen) auf dem Produkt angebracht sein müssen (BGH, NJW 2005, 2695). Hierzu mögen auch noch Produktverpackung und Produktbeschreibung zu zählen sein, nicht hingegen andere Begleitgegenstände.

Zum anderen beschäftigt sich das OLG Koblenz mit der Darstellung des Namens und der Anschrift der Beklagten in den genannten Dokumenten. Dabei kommt es zu dem Ergebnis, dass hier zwar Name und Anschrift der Beklagten deutlich genannt sind, sich aber aus den Dokumenten ergebe, dass dies lediglich eine Service-Kontaktadresse sein soll, nicht hingegen die Herstellerangabe. In dem Patientenausweis wurde nach den Feststellungen des Gerichts eine andere Gesellschaft eindeutig als Hersteller angegeben. Die Namensnennung der Beklagten setzte sich in der Bezeichnung und im Schriftbild deutlich von dieser Herstellerangabe ab. In der Informationsbroschüre waren verschiedene Ansprechpartner für verschiedene Vertriebsländer aufgeführt, zu denen auch die Beklagte gehörte. Nach der Wertung des Gerichtes wird dadurch nicht die Vorstellung geweckt, dass alle diese Ansprechpartner Hersteller seien. Vielmehr ergebe sich das Bild einer einheitlichen Produktion und eines europaweiten Produktvertriebes, für den jeweils regional verantwortliche Ansprechpartner genannt werden. Hierdurch werden die einzelnen Ansprechpartner aber nicht zum Quasi-Hersteller.

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