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Harte Zeiten für Marken mit Cannabis-Bezug in der EU - Gericht weist "CANNABIS STORE AMSTERDAM" wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung zurück

30.12.2019

In seinem Urteil vom 12. Dezember 2019 in der Rechtssache T-683/18 bestätigte das Gericht der Europäischen Union („EuG") die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), die ein Bildzeichen mit den Worten „CANNABIS STORE AMSTERDAM" und Marihuanablättern als gegen die öffentliche Ordnung verstoßend und daher als Unionsmarke ("UM") nicht zulässig befunden hatte. Dieses Urteil kann noch vor dem Gerichtshof der Europäischen Union ("EuGH") angefochten werden.

Im Dezember 2016 reichte Frau Santa Conte (die „Klägerin") folgende UM-Anmeldung für Waren und Dienstleistungen der Klassen 30 (z. B. Backwaren, Konditorwaren, Schokolade und Desserts), 32 (u. a. Erfrischungsgetränke, Bier und Brauereierzeugnisse) und 43 (Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen) ein. Während der Prüfer die Marke als beschreibend und nicht unterscheidungskräftig zurückwies, wurde sie in der (erfolglosen) Beschwerde vor der Zweiten Beschwerdekammer als gegen die öffentliche Ordnung verstoßend angesehen. Dies wurde nun vom EuG bestätigt.

1. Prüfung von Amts wegen

Zunächst hat sich das Gericht auf die Seite der Klägerin gestellt, als es festgestellt hat, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen habe, dass sich „das Symbol eines Marihuanablattes" auf die psychotrope Substanz beziehe, obwohl Marihuana in Wirklichkeit keine Pflanze, sondern eine psychoaktive Substanz sei, die nicht aus Cannabisblättern, sondern aus den getrockneten Blütenständen der weiblichen Cannabisblüten gewonnen werde. Folglich sei die Entscheidung rechtsfehlerhaft, da diese bekannte Tatsache nicht berücksichtigt worden sei. Diese Ungenauigkeit habe jedoch keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung, die in ihrer Gesamtheit zu lesen sei. Insbesondere habe die Beschwerdekammer festgestellt, dass die besondere Form des [Cannabis-]Blattes häufig als Mediensymbol für Marihuana verwendet wird (was von der Klägerin nicht in Frage gestellt werde), was auch die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise sei. Ferner habe sie klar zwischen Cannabis unterschieden, das psychotrope Wirkungen (erst ab einem bestimmten Tetrahydrocannabinol (THC)-Gehalt, nämlich 0,2 %, wird Cannabis in vielen EU-Ländern zu einer illegalen Substanz) und Cannabis, das keine hat. 

Zu dem Hinweis der Beschwerdekammer, die Klägerin hätte dem Zeichen geeignetere Wortelemente „hinzufügen können", um die Eigenschaften von Lebensmitteln und Getränken, die kein THC enthalten (z. B. das Wort „Canapa" oder „Hanf"), hervorzuheben, und den Hinweis auf Amsterdam oder das Mediensymbol für Marihuana weglassen können, hat das Gericht festgestellt, dass dies nur ein obiter dictum sei und daher nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führen könne. Schließlich habe die Klägerin geltend gemacht, dass die Wahl des Wortes „Amsterdam" lediglich auf die Herkunft des von ihr verwendeten Cannabis sowie auf den Stil und die Atmosphäre dieser Stadt in den Niederlanden hinweise. Das Gericht schloss sich insoweit der Feststellung der Beschwerdekammer an, dass „Amsterdam" von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Bezugnahme auf die Stadt in den Niederlanden verstanden werde, die den Konsum von Drogen toleriert und für ihre „Coffeeshops" (die zum Verkauf von Marihuana und von „Space Cakes" zugelassen sind) bekannt ist. Nach der Rechtsprechung ist ein Zeichen jedenfalls dann von der Eintragung auszuschließen, wenn zumindest eine seiner möglichen Bedeutungen das Vorliegen eines absoluten Eintragungshindernisses kennzeichnet.

2. Die maßgeblichen Verkehrskreise

Die maßgeblichen Verkehrskreise bestehen nach Ansicht des Gerichts nicht nur aus englischsprachigen Verbrauchern, sondern aus allen Verbrauchern in der Europäischen Union, die in der Lage sind, die Bedeutung des mit diesem Bildbestandteil verbundenen Wortes „Cannabis" zu verstehen. Da sich die Markenanmeldung außerdem auf Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs bezieht, die für die breite Öffentlichkeit ohne Unterscheidung nach dem Alter bestimmt sind, gibt es keinen triftigen Grund, die maßgeblichen Verkehrskreise (wie von der Klägerin geltend gemacht) auf das junge Publikum zwischen 20 und 30 Jahren zu beschränken. Die maßgeblichen Verkehrskreise sind nämlich nicht nur die Verkehrskreise, an die sich die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, unmittelbar richten, sondern auch andere Personen, die, ohne von diesen Waren und Dienstleistungen betroffen zu sein, diesem Zeichen in ihrem täglichen Leben zufällig begegnen werden, und die insgesamt einem Publikum entsprechen, das aus vernünftigen Personen mit durchschnittlichen Sensibilitäts- und Toleranzschwellen besteht.

Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass die Beschwerdekammer die Entwicklung der kulturellen und sozialen Sichtweise in der Europäischen Union auf Cannabis und seinen rechtmäßigen Gebrauch berücksichtigt habe. In diesem Zusammenhang würdigte das Gericht den Umstand, dass derzeit sowohl über die Verwendung von aus Cannabis gewonnenen Produkten, deren THC-Gehalt sie nicht zu Betäubungsmitteln macht, als auch über ihren Gebrauch zu therapeutischen oder sogar Erholungszwecken, soweit es sich um Betäubungsmittel handelt, viel nachgedacht werde. Zwar hätten sich die Rechtsvorschriften einiger Mitgliedstaaten selbst bereits weiterentwickelt oder befänden sich in einem Prozess der Weiterentwicklung, jedoch sei festzustellen, dass in vielen Ländern der Europäischen Union aus Cannabis hergestellte Produkte mit einem THC-Gehalt von mehr als 0,2 % als illegale Betäubungsmittel gälten. Er stellte fest, dass es in der Europäischen Union keinen einstimmig akzeptierten oder sogar vorherrschenden Trend hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Konsums von Produkten, die aus Cannabis mit einem THC-Gehalt von über 0,2 % hergestellt wurden, gibt.

3. Das streitige Zeichen

Nach Auffassung des Gerichts hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass das fragliche Zeichen in seiner Gesamtheit von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Hinweis auf einen illegalen Suchtstoff wahrgenommen wird. Angesichts der verschiedenen möglichen Bedeutungen des Wortes „Cannabis“, nämlich 1) einer Textilpflanze mit höchstens 0,2 % THC, 2) eines in zahlreichen Mitgliedstaaten verbotenen Suchtstoffs und 3) einer Substanz, deren mögliche therapeutische Verwendung diskutiert wird, seien „weitere Hinweise" in diesem Sinne erforderlich. Angesichts der gemeinsamen Präsenz einer stilisierten Darstellung des Cannabisblattes (das Mediensymbol für Marihuana) und des Wortes „Amsterdam" (die Stadt Amsterdam hat viele Verkaufsstellen für das aus Cannabis hergestellte Betäubungsmittel, da der Verkauf von Cannabis in den Niederlanden unter bestimmten Bedingungen toleriert wird), hatte die Beschwerdekammer festgestellt, dass dies hier der Fall sei. Diese Auslegung wurde durch das Gericht bestätigt, wonach die Worte „Store" und „Amsterdam" zusammen mit dem dominierenden Element „Cannabis" in Verbindung mit der Abbildung von Cannabisblättern einen klaren und unmissverständlichen Hinweis auf den dort verkauften Suchtstoff darstellen.

Schließlich verstößt das streitige Zeichen nach Ansicht des Gerichts gegen die öffentliche Ordnung. Es stellt fest, dass in den Mitgliedstaaten, in denen der Konsum und die Verwendung des aus Cannabis gewonnenen Suchtstoffs weiterhin verboten sind, die Bekämpfung der Verbreitung von Cannabis besonders heikel sei, wodurch das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit verfolgt wird, indem die schädlichen Auswirkungen dieses Stoffes bekämpft werden. Die Bedeutung des Schutzes dieses grundlegenden Interesses werde außerdem durch Artikel 83 AEUV, wonach der illegale Drogenhandel zu den besonders schweren Straftaten mit grenzüberschreitender Dimension gehört, in die der EU-Gesetzgeber eingreifen kann, und durch Artikel 168 Absatz 1 Satz 3 AEUV unterstrichen, wonach die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter Gesundheitsschäden, einschließlich Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen, durch die Union ergänzt werden. Da im vorliegenden Fall eine der Funktionen der Marke darin bestehe, die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu identifizieren, fördere dieses Zeichen, soweit es wie oben beschrieben wahrgenommen wird, implizit, aber zwangsläufig den Kauf dieser Waren und Dienstleistungen oder verharmlost zumindest ihren Verbrauch.

 

Dies ist sicherlich eine interessante Entscheidung, die deutlich die Herausforderung aufzeigt, einen Ausgleich zwischen dem kommerziellen Interesse an der Eintragung von Cannabisbezogenen Marken in der Europäischen Union und den Aspekten der öffentlichen Ordnung zu finden. Zwar sind solche Zeichen nicht per se nicht eintragungsfähig, aber es ist ratsam, die Kombination mehrerer Elemente wie „Cannabis", „Amsterdam" und die Darstellung von Marihuanablättern zu vermeiden, um zu erreichen, dass diese Zeichen in das Register eingetragen werden.

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