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Herausforderungen der betrieblichen Nutzung von Messenger-Diensten

23.08.2017

Um sich den Wünschen ihrer Kunden sowie neuen technischen Entwicklungen anzupassen, greifen Unternehmen neben den klassischen Kommunikationsmitteln wie E-Mail oder Postverkehr vermehrt auf die Nutzung von Messenger-Diensten wie „WhatsApp“, „Viber“ oder „Facebook Messenger“ als neue Formen der Kommunikation zurück. Unternehmen müssen sich dabei zunächst einer Reihe von rechtlichen aber auch praktischen Herausforderungen stellen, um eine rechtssichere Nutzung der Messenger-Dienste zu ermöglichen. Der nachfolgende Kurzbeitrag verschafft einen Überblick über relevante Handlungsfelder.

Vereinbarkeit mit den Nutzungsbedingungen des Messenger-Dienstes

Ob Messenger-Dienste überhaupt für berufliche Zwecke des Nutzers als Mitarbeiter und damit mittelbar für gewerbliche Zwecke seines Arbeitgebers genutzt werden dürfen, hängt maßgeblich von den Nutzungsbedingungen des jeweiligen Messenger-Dienstes ab. Nicht jeder Messenger-Dienst lässt eine gewerbliche Nutzung zu; manche Messenger-Dienste setzen den Erwerb einer gesonderten gewerblichen Lizenz voraus. Hier ist ein sorgsames Vorgehen angebracht. Denn Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen können eine Vertrags- und Urheberrechtsverletzung sein, die entsprechende Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des jeweiligen Messenger-Dienstes nach sich ziehen und sogar nach § 106 UrhG strafrechtlich relevant sein können.

Unternehmerische Pflichten

Auch sind unternehmerische Pflichten im Rahmen der Kommunikation gegenüber Kunden einzuhalten. Hier sollte geprüft werden, ob der kommunikative Austausch über die Messenger-Dienste die Einhaltung der Formvorschriften für Geschäftsbriefe (Mindestangaben zur Rechtsform, Sitz der Gesellschaft, Registergericht etc.) erfordert (§ 35a Abs. 1 GmbHG, § 80 Abs. 1 AktG, § 37a HGB oder § 125 a HGB). Wenn die Messenger-Dienste jedoch im Rahmen einer schon bestehenden Geschäftsbeziehung verwendet werden, müssen die Pflichtangaben für Geschäftsbriefe nicht in jeder Messenger-Mitteilung wiederholt werden.

Gesetzliche und steuerliche Aufbewahrungspflichten

Häufig wird unterschätzt, dass die gesetzlichen und steuerlichen Aufbewahrungspflichten auch für Chat-Nachrichten Anwendung finden. Gemäß § 257 Abs. 1 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Dokumente für einen Zeitraum von sechs oder zehn Jahren aufzubewahren, wenn sie der Vorbereitung, dem Abschluss, der Durchführung oder Rückgängigmachung von Handelsgeschäften dienen. Dies betrifft beispielsweise Angebote, Bestellungen und Rechnungen und gilt auch für Chat-Nachrichten, die in Messenger-Diensten ausgetauscht werden.

Die steuerrechtlichen Aufbewahrungspflichten gemäß § 147 Abs. 1, 2 und 3 AO entsprechen den handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten gemäß § 257 HGB. Nach § 147 Abs. 6 S. 1 AO hat die Finanzbehörde allerdings im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die einschlägigen Dokumente zu nehmen, also auch in entsprechende Chat-Nachrichten. Um diesen spezifischen Anforderungen gerecht zu werden, sollte ein Export und eine entsprechend strukturierte Ablage der Messenger-Nachrichten sichergestellt werden.

Sonstige Dokumentationsobliegenheiten

Um im Falle  gerichtlicher oder außergerichtlicher Streitigkeiten mit einem Kunden die Erfüllung vertraglicher Verhaltens-, Aufklärungs- oder Informationspflichten darlegen und beweisen zu können, sollten Chatverläufe zwischen Mitarbeitern und Kunden exportiert und zentral beim Unternehmen abgelegt werden. Dies ist auch ratsam, um gegebenenfalls die mangelnde Erfüllung arbeitsvertraglicher Verpflichtungen der Mitarbeiter des Unternehmens nachzuweisen.

Datenschutz und Datensicherheit

Mitarbeiter, die ein dienstliches Smartphone nutzen, müssen zur Vermeidung von Verstößen gegen datenschutzrechtliche Vorschriften angewiesen werden, den Zugriff des Messenger-Dienstes auf das betriebliche Kontakteverzeichnis zu unterbinden. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Kontaktdaten von Personen, die nicht als Nutzer bei dem jeweiligen Dienst registriert sind, an diesen übermittelt werden. Da es hierfür an einer gesetzlichen Legitimation fehlt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG), würden sich Unternehmer als datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle datenschutzwidrig verhalten. Im schlimmsten Fall könnten dann auf das Unternehmen erhebliche Geldbußen zukommen.

Außerdem sollten nur solche Messenger-Dienste genutzt werden, die eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anbieten. Nur so können Unternehmen ihren datenschutzrechtlichen Verpflichtungen zum Ergreifen technischer und organisatorischer Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der Chat-Verläufe ausgetauscht werden könnten, gerecht werden. Dafür müssen die Kommunikationspartner jeweils die neueste App-Version installiert haben. Daher sollten Unternehmen ihre Mitarbeiter, die Messenger-Dienste zu dienstlichen Zwecken nutzen, anweisen, das neueste Release der jeweiligen App zu installieren.

Notwendigkeit der Regelung des Umgangs mit dem Messenger-Dienst

Die dargestellten Handlungspflichten der Unternehmen machen es notwendig, Nutzungsregelungen zum Umgang mit den Messenger-Diensten aufzustellen, die die jeweiligen Pflichten widerspiegeln. Aufgrund der mittlerweile großen Anzahl von Messenger-Diensten sollten diese nicht speziell auf einen Messenger-Dienst beschränkt sein.

Existiert ein Betriebsrat, ist dieser zumindest nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beteiligen, da die Messenger-Dienste als technische Einrichtung zur Verhaltens- und Leistungskontrolle grundsätzlich geeignet sind. Für die Implementierung solcher Nutzungsregelungen empfiehlt sich regemäßig der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsführung und dem zuständigen Betriebsrat. Denn Betriebsvereinbarungen wirken unmittelbar und zwingend und können die Arbeitnehmer so direkt verpflichten. Durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung werden gleichzeitig die Beteiligungsrechte des Betriebsrats ausgeübt, sodass es einer weiteren Beteiligung nicht bedarf. Schließlich sind Betriebsvereinbarungen auch Rechtsvorschriften im Sinne des § 4 Abs. 1 BDSG, sodass sie datenschutzrechtlich relevante Vorgänge rechtfertigen können.

Fazit

Messenger-Dienste können ein praktikables Mittel darstellen, um die unternehmerische Kommunikation im Alltag zu vereinfachen. Eine Implementierung sollte jedoch angesichts der bestehenden Rahmenbedingungen sorgsam vorbereitet werden. Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Thematik empfehlen wir die Lektüre unserer Beiträge in der Zeitschrift Multi Media und Recht (MMR) 2017, Hefte 10 und 11.

 

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