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Hospiz- und Palliativgesetz vor Verabschiedung im Bundestag

04.11.2015

Kernelemente des Gesetzes

Das Hospiz- und Palliativgesetz soll Anreize zum Auf- und Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung setzen, die Kooperation der relevanten Versorgungsbereiche fördern und zu einer besseren Information der Versicherten über Versorgungsangebote führen. Um diese Vorgaben umzusetzen, sind u.a. folgende Maßnahmen vorgesehen:

  • Es wird zunächst gesetzgeberisch klargestellt, dass zur Krankenbehandlung auch die Palliativversorgung und zur Pflege auch die Sterbebegleitung gehört. Palliativversorgung und Sterbebegleitung gehören damit zu den Regelleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. zum Versorgungsauftrag der sozialen Pflegeversicherung.
  • Stationäre Hospize werden vor allem durch zwei Maßnahmen finanziell gefördert: Zum einen tragen die Krankenkassen nun auch bei Erwachsenenhospizen 95 % der zuschussfähigen Kosten (bislang 90 %). Zum anderen wird der von den Krankenkassen pro Tag und betreutem Versicherten an die Hospize zu zahlende Mindestzuschuss von 7 % auf 9 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 I SGB IV erhöht (allein für 2015 bedeutet dies eine Erhöhung von 198,45 Euro auf 255,15 Euro).
  • Ambulante Hospizarbeit wurde bislang durch Zuschüsse zu den Personalkosten unterstützt. Künftig werden sich die Krankenkassen auch an den Sachkosten beteiligen.
  • Um das Angebot an spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (SAPV) auszubauen, wird für diesen Bereich ein Schiedsverfahren eingeführt, das Vertragsschlüsse zwischen den Krankenkassen und SAPV-Anbietern beschleunigen soll.
  • Die Vertragsärzte werden in die Förderung der Kooperation zwischen den an der Versorgung Beteiligten und in die Koordination sowie Qualitätssteigerung der Leistungsangebote eingebunden. Dafür erhalten sie eine zusätzliche Vergütung von den Krankenkassen.
  • Vollstationäre Pflegeeinrichtungen werden verpflichtet, den Pflegekassen über ihre Zusammenarbeit mit einem Hospiz- und Palliativnetz Bericht zu erstatten. Außerdem sollen sie künftig Kooperationsvereinbarungen mit Vertragsärzten abschließen, um die ambulante ärztliche Betreuung in den Einrichtungen zu verbessern.
  • Es wird eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass Pflegeeinrichtungen ihren Bewohnern eine von den gesetzlichen Krankenkassen zu finanzierende individuelle Versorgungsplanung zur medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und seelsorgerischen Betreuung in der letzten Lebensphase anbieten können.
  • Palliativstationen wird das Recht eingeräumt, krankenhausindividuelle Entgelte zu vereinbaren – statt nach einem bundesweit pauschal kalkulierten Tarif abzurechnen.
  • Versicherte erhalten einen Anspruch auf Beratung durch die gesetzlichen Krankenkassen hinsichtlich der unterschiedlichen Hospiz- und Palliativangebote.

Das Hospiz- und Palliativgesetz ist ein Artikelgesetz. Regelungstechnisch werden die beschriebenen Neuerungen in erster Linie durch Änderungen im SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung) vorgenommen. Aber auch das SGB XI (Soziale Pflegeversicherung) und das KHG (Krankenhausfinanzierungsgesetz) werden geändert.

Politische und ökonomische Relevanz

Der Deutsche Bundestag diskutiert in diesen Tagen in besonderem Maße Fragen, die das Ende des menschlichen Lebens betreffen. Das Thema Sterbehilfe steht nur einen Tag nach der voraussichtlichen Verabschiedung des Hospiz- und Palliativgesetzes auf der parlamentarischen Tagesordnung. Die Frage, ob und wie schwerstkranke Patienten Zugang zu effektiven schmerzlindernden Therapien haben, kann auch für die Positionierung in Sachen Sterbehilfe von Bedeutung sein.

Aber auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen im Gesundheitssektor ist das Hospiz- und Palliativgesetz relevant. So geht die Bundesregierung davon aus, dass das Maßnahmenpaket für die gesetzlichen Krankenkassen zu jährlichen Mehrausgaben in Höhe eines unteren bis mittleren dreistelligen Millionenbetrags führen wird. Ein Teil dieser Mittel wird für die zusätzlichen Vergütungen niedergelassener Ärzte verwendet werden. Die im Gesetz angelegten Anreiz- und Förderungsinstrumente betreffen allerdings auch eine Vielzahl weiterer Leistungserbringer (Krankenhäuser, Pflegeheime, stationäre und ambulante Hospize), so dass sich ökonomische Auswirkungen im gesamten Hospiz- und Palliativbereich zeigen dürften. Dabei hängt die wirtschaftliche Relevanz einiger Instrumente maßgeblich von der Inanspruchnahme durch die jeweiligen Akteure ab. So wird sich beispielsweise erst in der Praxis herausstellen, in welchem Maße und mit welchem Erfolg die Krankenhäuser von der Möglichkeit Gebrauch machen, individuelle Entgelte für ihre Palliativstationen auszuhandeln.

Ausblick

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde von den Sachverständigen in den Ausschussberatungen überwiegend positiv aufgenommen, auch wenn es kleinere Änderungswünsche gab. Für die Opposition geht der Gesetzentwurf zwar in die richtige Richtung, aber nicht weit genug.

Die Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag kann als sicher angesehen werden. Sollten in den abschließenden Lesungen Änderungen angenommen werden, so werden diese wohl von überschaubarem Ausmaß sein und dürften die Grundausrichtung des Gesetzes nicht berühren. Auch den Bundesrat dürfte das Einspruchsgesetz passieren (das Gesetz wird am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten).

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