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Kohleausstieg bis 2038: „Kohlekommission“ legt Abschlussbericht vor

29.01.2019

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat am 26.01.2018 ihren lang erwarteten Abschlussbericht vorgelegt, nachdem sich zuletzt bereits Kompromisse in zentralen Konfliktfeldern abgezeichnet hatten (siehe unseren Newsbeitrag vom 21.01.2019).

Reduzierung der Verstromungskapazitäten und endgültiges Abschaltdatum

Die Kohlekommission empfiehlt zunächst eine stufenweise Reduzierung der Kohleverstromung in Deutschland. Bis zum Jahr 2022 soll die Gesamtkapazität der Braun- und Steinkohlekraftwerke um insgesamt 12,5 Gigawatt (GW) auf 30 GW reduziert werden. Bis 2030 sollen die Kapazitäten weiter bis auf 17,5 GW zurückgefahren werden. Konkrete Kraftwerke nennt der Abschlussbericht nicht und überlässt diese Entscheidung den Verhandlungen zwischen Bundesregierung und Kraftwerkbetreibern. Am Ende des Jahres 2038 soll das letzte Kohlekraftwerk vom Netz gehen. Zugleich enthält der Bericht eine Öffnungsklausel, wonach im Jahre 2032 überprüft werden soll, ob die Entwicklung insbesondere auf dem Strom- und Arbeitsmarkt einen Kohleausstieg im Einvernehmen mit den Betreibern bereits bis zum Jahre 2035 zulässt. In den Jahren 2023, 2026 und 2029 soll der Ausstiegsplan im Hinblick auf Auswirkungen auf Versorgungssicherheit, Strompreis, Arbeitsmarkt und Erreichung der Klimaziele evaluiert werden.

Rechtliche Umsetzung des Ausstiegs aus der Kohleverstromung

Hinsichtlich des rechtlichen „Wie“ des Kohleausstiegs befürwortet der Abschlussbericht ein Mischmodell. In Bezug auf Braunkohlekraftwerke empfiehlt die Kohlekommission der Bundesregierung den Abschluss von Verträgen, in denen sich die Betreiber gegen eine Entschädigung zu einer Kraftwerksabschaltung verpflichten sollen. Die Höhe der Entschädigungen soll sich maßgeblich am Alter der Kraftwerke orientieren. Als Orientierungswert verweist der Bericht auf die bereits in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen im Zusammenhang mit der Überführung von Kraftwerken in die sogenannte Sicherheitsbereitschaft. Damals wurden ca. 600 Millionen Euro pro GW Leistung gezahlt. Sollte eine vertragliche Einigung bis Juli 2020 nicht gelingen, wird empfohlen, den Ausstieg über ordnungsrechtliche Verfügungen zu realisieren, wobei auch in diesem Fall Entschädigungen angeraten werden. Für die Stilllegung von Steinkohlekraftwerken favorisiert die „Kohlekommission“ hingegen ein Ausschreibungsmodell. Dabei soll der Bund im Wesentlichen eine bestimmte stillzulegende Kapazität ausschreiben. Den Zuschlag soll grundsätzlich derjenige Kraftwerksbetreiber erhalten, der die geringste Stilllegungsprämie für die Abschaltung verlangt.

Strukturpolitische Begleitmaßnahmen

Der Vorschlag der Kohlekommission umfasst auch eine strukturpolitische Begleitung des Ausstiegs und umfangreiche Finanzhilfen für die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen vor. Diese sollen bis 2040 insgesamt 40 Milliarden Euro erhalten. Davon sollen pro Jahr 1,3 Milliarden Euro unmittelbar Projekten in diesen Regionen zugutekommen, ein Anhang des Berichts nennt hierzu über 600 Beispiele. 700 Millionen Euro sollen projektungebunden an die Bundesländer fließen. Diese Bundeshilfen sollen durch einen Staatsvertrag, der Bund und Länder auch nach Neuwahlen binden soll, abgesichert werden. Über die Einzelheiten wird die Bundesregierung nun ab Donnerstag mit den Ländern Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen verhandeln.

Erwogen werden ferner die Ansiedlung von Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen in den drei ostdeutschen Bundesländern und die Verbesserung der Verkehrsanbindung. Zudem steht eine Investitionszulage für Unternehmer im Raum. Der Abschlussbericht erachtet die Schaffung von bis zu 5000 neuen Arbeitsplätzen durch den Bund bis 2028 für „angemessen“. Weitere Wirkung entfalten sollen ein Sonderfinanzierungsprogramm zur Verbesserung des Verkehrs und ein Sofortprogramm bis 2021 in Höhe von 1,5 Milliarden Euro, die bereits im Bundeshaushalt eingeplant sind. Haushalte und Unternehmen sollen von steigenden Strompreisen entlastet werden. Die Kommission hält zu diesem Zweck Zuschüsse von jährlich etwa 2 Milliarden Euro ab 2023 für erforderlich, um zum Beispiel die Netzentgelte zu senken. Die Strompreiskompensation für energieintensive Industrieunternehmen soll bis 2030 verlängert werden. Ferner sind Hilfen für die Beschäftigten in der Kohleindustrie vorgesehen, wie etwa ein Anpassungsgeld für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab 58 Jahren zur Überbrückung der Zeit bis zum Renteneintritt.

Nach dem Willen der Kommission sollen bereits bis Ende April 2019 Eckpunkte eines „Maßnahmengesetzes“ zur Umsetzung der Empfehlungen der Kohlekommission ausgearbeitet werden. Den Empfehlungen der Kommission entsprechend soll die rechtliche Umsetzung der (politischen) Empfehlungen der Kommission schon in Kürze beginnen.

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