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Krypto­werte­transfer­verordnung: Zunehmende Regulierung von Krypto­werten

19.01.2022

Nicht nur der Krypto- und Blockchain-Bereich entwickelt sich dynamisch, sondern auch dessen Regulierung: Am 1. Oktober 2021 ist die Kryptowertetransferverordnung („KryptoWTransferV“) in Kraft getreten. Sie soll die Rückverfolgbarkeit der Übertragung von Kryptowerten verbessern. Denn bisher können Kryptowerte weitgehend anonym transferiert werden. Der Gesetzgeber nimmt bei diesen Transfers daher ein gesteigertes Risiko von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstigen kriminellen Aktivitäten an.

Hintergrund

Nach dem Kreditwesengesetz („KWG“) sind schon seit Anfang 2020 Kryptowerte als Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 10 KWG eingeordnet, so dass sog. „Kryptoverwahrgeschäfte“ erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen darstellen (§ 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG). Die Regulierung von Kryptowerten zur Bekämpfung der Geldwäsche ist in den Fokus des deutschen wie des europäischen Gesetzgebers geraten. Auf einen Vorschlag der Financial Action Task Force (FATF), einer Unterorganisation der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), reagierte die EU-Kommission im Sommer 2021 mit gleich mehreren Gesetzesvorschlägen zur Geldwäschebekämpfung.

Weil sich die europäischen Gesetzgebungsvorhaben aber noch in vergleichsweise frühen Umsetzungsstadien befinden, soll in Deutschland übergangsweise bis zur Neufassung der europäischen Geldtransferverordnung (Verordnung (EU) 2015/847, „GTVO“) die KryptoWTransferV gelten. Sie begründet Sorgfaltspflichten für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GwG), die Transfers von Kryptowerten (legaldefiniert in § 1 Abs. 11 S. 4 und 5 KWG) durchführen. Dabei umfasst ihr Geltungsbereich ausschließlich deutsche Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie inländische Zweigstellen und Zweigniederlassungen ausländischer Institute.

Zentrale Pflichten für Kredit- und Finanzinstitute

Die KryptoWTransferV unterscheidet bei ihrem Pflichtenkatalog für die Finanzdienstleister vor allem danach, ob bei dem Kryptowertetransfer ausschließlich Kryptowertedienstleister mitwirken. Kryptowertedienstleister werden definiert als Unternehmen, die Bankgeschäfte i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 KWG, Finanzdienstleistungen i.S.d. § 1 Abs. 1a S. 2 KWG oder Wertpapierdienstleistungen i.S.d. § 3 Abs. 2 bis 4 Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) in Bezug auf Kryptowerte erbringen (§ 2 Nr. 5 KryptoWTransferV). Betroffen sind damit alle (Bank-)Unternehmen, die den Handel mit Kryptowerten im weiteren Sinne ermöglichen.

Pflichten bei Transfers, an denen ausschließlich Kryptowertedienstleister beteiligt sind

 

Werden bei einem Kryptowertetransfers sowohl für den Auftraggeber als auch für den Begünstigten ausschließlich Kryptowertedienstleister tätig, gelten fortan zentrale Regelungen der GTVO entsprechend (§ 3 Abs. 1 und 2 KryptoWTransferV). Der Anwendungsbereich dieser Verordnung wird in Deutschland auf den Transfer von Kryptowerten erweitert.

Bei der Übertragung von Kryptowerten muss der Kryptowertedienstleister des Auftraggebers nun insbesondere

    • dem Kryptowertedienstleister des Begünstigten Angaben zum Auftraggeber und zum Begünstigten des Transfers übermitteln – wozu der Name, die Kontonummer, die Anschrift und die Nummer eines amtlichen persönlichen Dokuments des Auftraggebers (Art. 4 Abs. 1 GTVO) sowie der Name und die Kontonummer des Begünstigten (Art. 4 Abs. 2 GTVO) gehören; und
    • vor Durchführung eines Kryptowertetransfers die Richtigkeit der Angaben über den Auftraggeber anhand von Dokumenten, Daten oder Informationen überprüfen (Art. 4 Abs. 4 GTVO).

Der Kryptowertedienstleister des Begünstigten muss dagegen insbesondere

    • wirksame Verfahren einrichten, um sowohl das Fehlen von Angaben zum Auftraggeber oder zum Begünstigten festzustellen (Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 GTVO) als auch die Angaben zu überprüfen (Art. 7 Abs. 3 und Abs. 4 GTVO);
    • wirksame risikobasierte Verfahren einrichten, um zu bewerten, ob eine Transaktion auszuführen, zurückzuweisen oder auszusetzen ist, und welche Folgemaßnahmen zu treffen sind (Art. 8 Abs. 1 GTVO); und
    • verdächtige Transaktionen unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde melden (Art. 8 Abs. 2 GTVO).

Pflichten bei Transfers, an denen nicht ausschließlich Kryptowertedienstleister beteiligt sind


Falls an einer Transaktion nicht ausschließlich Kryptowertedienstleister beteiligt sind, etwa weil der Transfer von oder auf eine selbstverwaltete elektronische Geldbörse (sog. „unhosted wallet“) stattfindet, muss das an der Transaktion beteiligte Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut

    • das Risiko eines Missbrauchs der Transaktion zu Zwecken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung ermitteln;
    • dieses Risiko bewerten; und
    • entsprechende „risikoangemessene Maßnahmen“ treffen. Dies umfasst auch die Sicherstellung der Einhaltung von (Finanz-)Sanktionen und Embargos.

Weil diese Maßnahmen insbesondere die Nachvollziehbarkeit des Transfers sicherstellen sollen, müssen Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute den Namen und die Anschrift der auf der Gegenseite an der Transaktion beteiligten Person erheben, speichern und überprüfen (vgl. § 4 Abs. 3 S. 2 KryptoWTransferV).

Übergangsregelung

Angesichts der raschen Einführung der KryptoWTransferV konnten Kryptowertedienstleister wegen Gründen, die sie nicht zu vertreten haben (etwa: fehlender technischer Standards zur Datenübermittlung), die Aussetzung der Pflichten für bis zu 12 Monate mittels Anzeige bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als der zuständigen Aufsichtsbehörde erreichen. Im Grundsatz war dazu eine Anzeige bis zum 30. November 2021 gegenüber der BaFin erforderlich, die noch bis zum 31. Dezember 2021 zu begründen war.

Beginnt der Kryptowertedienstleister aber erst nach Inkrafttreten (1. Oktober 2021) der KryptoWTransferV mit Tätigkeiten, die zur Qualifikation als Kryptowertedienstleister führen, müssen Anzeige und Begründung erst bei Aufnahme der Tätigkeit erfolgen (§ 5 Abs. 1 S. 2 KryptoWTransferV). Dazu können die Unternehmen das von der BaFin auf ihrer Internetseite seit dem 23. November 2021 bereitgestellte Formular ausfüllen und an das dafür eingerichtete Postfach (kryptowtv@bafin.de) übersenden. In der Begründung anzugeben sind der Hinderungsgrund, seine voraussichtliche Dauer (höchstens 12 Monate) und die Maßnahmen, die zu seiner Beseitigung ergriffen werden. Außerdem ist zu bezeichnen, welche Maßnahmen in der Zwischenzeit zur Risikosteuerung eingesetzt werden (wie etwa der Einsatz von Blockchain-Analyse-Tools).

Ausblick

Mit der KryptoWTransferV ist der deutsche Gesetzgeber bei der weiteren Regulierung von Kryptowerten weit vorgeprescht, obwohl entsprechende Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene noch in vollem Gange sind. Dabei ist der Gesetzgeber auf die während des Gesetzgebungsverfahrens umfassend geäußerte Kritik (vgl. etwa die Stellungnahme des Bitkom, der insbesondere erhebliche Wettbewerbsnachteile für deutsche Dienstleister und eine Zersplitterung des EU-Marks befürchtet) nur in geringem Maße eingegangen. Während Kriminelle trotz der neuen Regeln weiterhin in der Lage sein dürften, ihre Anonymität beim Transfer von Kryptowerten zu gewährleisten, verschärft die KryptoWTransferV den regulatorischen Aufwand für Kryptowertedienstleister erheblich.

Die KryptoWTransferV wird außer Kraft treten, wenn die GTVO neben dem Geldtransfer auch den Kryptowertetransfer umfassen wird (§ 7 Abs. 2 KryptoWTransferV). Dies ist angesichts des laufenden Gesetzgebungsverfahrens absehbar, könnte durch Beteiligung von Europaparlament und Ministerrat allerdings noch etwa zwei Jahre dauern.

Betroffene Akteure sollten zum einen bei der Entwicklung der notwendigen Mechanismen und Kontrollverfahren und der Einhaltung der gesetzlichen Pflichten rechtsanwaltliche Beratung hinzuziehen. Zum anderen sollten sie das sich sehr dynamische Regulierungsumfeld im Krypto- und Blockchain-Bereich im Blick behalten. Zu beachten sind etwa die europäischen Gesetzgebungsverfahren zur Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Regulation on Markets in Crypto-Assets (MiCA)) und zur Verordnung über eine Pilotregelung für auf der Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen (Regulation on a pilot regime for market infrastructures based on distributed ledger technology). Im Übrigen spricht sich der Ampel-Koalitionsvertrag für den Einsatz von Krypto- und Blockchain-Technologien aus. 

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