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Neue Zweckgesellschaft: mit INSTEX gegen US-Iran-Sanktionen?

01.02.2019

Das sog. Iran-Atomabkommen, der Joint Comprehensive Plan of Action, ist spätestens seit Mai 2018, als Präsident Trump den Rückzug der USA eben aus diesem Abkommen angekündigt hatte, in Gefahr. In Europa wurde daraufhin laut über die Gründung einer Zweckgesellschaft zur fortdauernden Ermöglichung des Außenhandels abseits des US-Bankensystems nachgedacht. Am 05.11.2018 traten die US-Iran-Sanktionen vollständig wieder in Kraft (wir berichteten) – die Zweckgesellschaft indes ließ auf sich warten (wir berichteten). Doch das Warten hat ein Ende.

„INSTEX“ geht an den Start

INSTEX heißt die neue Zweckgesellschaft („Instrument in Support of Trade Exchange“ ) und sie wird von Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich – allesamt Vertragsparteien des JCPOA – finanziert. Dieses sog. „E3“-Trio spiegelt sich auch in der inneren Organisation wider: INSTEX sitzt in Paris, die Geschäftsleitung übernimmt ein Deutscher, während der Vorsitz im Aufsichtsrat einem Briten zugedacht ist. Weitere Staaten sollen INSTEX in Zukunft beitreten können.

Zwar handelt es sich hierbei nicht um ein EU-Projekt, aber durchaus um einen mit allen EU-Mitgliedstaaten koordinierten Vorstoß. Dementsprechend begrüßte die EU-Außenbeauftragte Mogherini gestern anlässlich des Treffens der EU-Außenminister in Bukarest die Gründung von INSTEX. Schließlich verfolgen alle EU-Mitgliedstaaten dasselbe Ziel: den JCPOA aufrechtzuerhalten, speziell nachdem die iranischen Unmutsäußerungen in jüngerer Vergangenheit zugenommen hatten.

Barter-Clearing – zunächst beschränkt

Von Anfang bestand das Konzept darin, Handel mit dem Iran ohne Involvierung der Finanzmarktinfrastruktur der USA, die etwa im Falle von US-Dollar-Transaktionen zwingend eingebunden wäre, und ohne Sanktionsrisiko für europäische bzw. sonstige Banken zu ermöglichen. In diesem Sinne soll es zwischen iranischen und nicht-iranischen Gesellschaften zu einem Güteraustausch ohne direkte Finanztransaktionen kommen. Dafür fungiert INSTEX als Barter-Clearingstelle. Das bedeutet beispielsweise: Eine iranische Gesellschaft liefert ein Produkt nach Deutschland, eine deutsche Gesellschaft liefert ein anderes Produkt in den Iran, und weder die iranische noch die deutsche Seite leistet Zahlungen an die jeweils andere Seite – stattdessen verrechnet INSTEX die beiderseitigen Forderungen miteinander. Wann genau INSTEX operativ tätig wird und wie das Clearing technisch abgewickelt wird – all dies ist noch nicht bekannt.

Allerdings beschränkt sich der zugelassene Handel für nicht-iranische Unternehmen zunächst auf Waren für humanitäre Hilfe, Arzneimittel und Medizinprodukte sowie landwirtschaftliche Güter, wie der gemeinsamen Erklärung der „E3“-Außenminister zu entnehmen ist. Dabei dürfte es sich durchweg um nicht von den Sekundärsanktionen der USA erfasste Güter handeln (siehe hierzu unsere News vom 07.08.2018 und vom 05.11.2018). Eine Ausweitung des über INSTEX abgewickelten Handelsverkehrs auf andere Güter soll zu einem späteren Zeitpunkt folgen.

Was hat der Iran davon? Und wie werden die USA reagieren?

Too little, too late? Das mag man so sehen, jedenfalls sofern INSTEX für den Übergang zu einem unbeschränkten Handel allzu viel Zeit benötigen sollte. Angesichts der im Iran immer lauter hörbaren Gegner des JCPOA könnte es dann zu spät sein. Andererseits belief sich der Export von Arzneimitteln und Medizinprodukten aus Europa in 2017, also vor dem vollständigen Wiederaufleben der US-Iran-Sanktionen, auf die beachtliche Summe von knapp EUR 800 Mio. Außerdem könnte die Zeit des Übergangs zu einem unbeschränkten Handel dazu dienen, dass die Akteure im Markt – vornehmlich werden kleinere und mittelgroße Unternehmen angesprochen – Vertrauen bilden können, zudem kann INSTEX in dieser Phase die eigene Funktionalität beweisen und verbessern.

Insgesamt überwiegen im Markt unterdessen die Befürchtungen, dass INSTEX die erhoffte Wirkung verfehlen wird. Zum einen, weil INSTEX bzw. die dahinter stehenden Staaten dem US-amerikanischen Druck politisch womöglich nicht gewachsen sein werden. Zum anderen, weil die Angst der Banken und Unternehmen vor den wirtschaftlichen Folgen gegen sie gerichteter Sanktionsmaßnahmen der USA zu groß sein könnte.

Die USA haben bereits verlautbaren lassen, von ihrer „Politik des maximalen Drucks“ nicht abweichen zu wollen. Andererseits stellten am vergangenen Dienstag die Chefs der US-Geheimdienste im Kongress klar, dass der Iran sich umfassend an die Vorgaben des JCPOA gehalten habe. Dass dies zu einer Anpassung der Iran-Politik des US-Präsidenten führen würde, ist indes – auch nach dessen Twitter-Reaktionen – gegenwärtig nicht zu erwarten.

Eine an sich denkbare Sanktionierung von INSTEX  würde die transatlantischen Beziehungen wohl an einen neuen Tiefpunkt führen. Jedenfalls in der Übergangsphase scheint dies aber wenig wahrscheinlich.

Ausblick

Unternehmen, die Geschäfte mit iranischen Partnern machen wollen und aus Gründen potentieller Sanktionsrisiken auf Finanzierungsprobleme stoßen, sollten sich mit INSTEX befassen. Denn es steht zu erwarten, dass die Gründungsstaaten die über INSTEX abgewickelten Handelsgeschäfte bald auf weitere und schließlich auf sämtliche Güter erstrecken werden, deren Handel EU-rechtlich nicht untersagt ist. Denn nur so lassen sich die mit INSTEX verfolgten politischen Ziele erreichen. Es bleibt die Hoffnung, dass bis dahin politisch wie diplomatisch die Weichen so gestellt sind, dass es zu keiner Eskalation kommt – weder im Verhältnis zu den USA, noch im Verhältnis zum Iran.

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