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Nord Stream 2 im Visier der USA

20.12.2019

Neue US-Sanktionen richten sich primär gegen das in Washington stark kritisierte Nord Stream 2-Projekt – kurz vor dessen Vollendung. Im Fokus stehen die zur Verlegung der Pipeline benötigten Schiffe.

Sanktionen stehen kurz bevor

Schon seit Langem ist Nord Stream 2 den USA ein Dorn im außenpolitischen Auge. Doch vor extraterritorial wirkenden Sanktionen, die letztlich die Autonomie europäischer Energiepolitik beeinträchtigen, schreckte man zurück. Bislang. Der im Juli 2019 auf den Weg gebrachte Protecting Europe’s Energy Security Act geht auf den Republikaner Ted Cruz und die Demokratin Jeanne Shaheen zurück. Eingebettet in den National Defense Authorization Act für das Jahr 2020 (Titel LXXV) hat der Senat inzwischen zugestimmt. Nur noch Trumps Unterschrift steht aus. Doch die will er in der Nacht auf Samstag (MEZ) leisten.

Hintergrund

Hintergrund des Gesetzes sind drei Annahmen: (1.) Mittels Staatsunternehmen instrumentalisiere Russland den Energiebereich aus rein politischen Gründen. (2.) Russland verfolge strategisch das Interesse, europäische Staaten abhängig von russischen Energielieferungen zu machen. (3.) Nord Stream 2 spiele dafür eine zentrale Rolle.

EU-Handelskommissar Phil Hogan hat umgehend die prinzipielle Ablehnung der EU-Kommission zum Ausdruck gebracht. Viele Beobachter vermuten politisch verbrämte Wirtschaftsinteressen hinter dem paternalistisch klingenden Protecting Europe’s Energy Security Act.

Inhalt und Folgen

Der Sache nach richten sich die Sanktionen gegen „ausländische Personen“, die für den Bau einer Pipeline von Russland nach Deutschland – wie Nord Stream 2 – oder aber gen Türkei – wie Turk Stream – „Verlegeschiffe“ zum Bau der Pipelines verkaufen, vermieten oder sonst zur Verfügung stellen bzw. Tarn- und Umgehungsgeschäfte ermöglichen. Mit „Verlegeschiffen“ sind solche gemeint, die zur Rohrverlegung in Tiefen von 100 Fuß und mehr eingesetzt werden. Reparaturarbeiten fallen nicht unter die Sanktionen.

Diesen ausländischen Personen droht die Verweigerung bzw. Aufhebung von Visa sowie die Aufnahme in eine Sanktionsliste, die zur Folge hätte, dass US-Personen keine Geschäftsbeziehungen mehr mit diesen eingehen dürfen. Auch andere Geschäftspartner weltweit, wie Banken, schrecken wegen der großen Reichweite der US-Sanktionen vor Geschäften mit gelisteten Personen zurück, weshalb die Sanktionierung eine äußerst empfindliche Maßnahme darstellt.

Ausblick

Das Inkrafttreten des National Defense Authorization Act steht unmittelbar bevor. Ab diesem Zeitpunkt blickt Außenminister Pompeo auf mögliche Verstöße und erstellt spätestens 60 Tage nach Inkrafttreten einen Bericht, auf dessen Grundlage Präsident Trump dann die „notwendigen Maßnahmen“ erlassen wird. Das Risiko späterer Sanktionierung resultiert also aus der unternehmerischen Tätigkeit ab Inkrafttreten des National Defense Authorization Act. Dieses enthält zwar die Möglichkeit einer wind-down period von 30 Tagen ab Inkrafttreten – sie gilt aber nur für Unternehmen, die glaubhaft bloße Abwicklungstätigkeiten darlegen können. Die US-Sanktionen werden die Fertigstellung von Nord Stream 2 daher mit hoher Wahrscheinlichkeit verzögern.

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