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Online-Streit­beilegung in Verbraucher­angelegenheiten

11.12.2015

Der Bundestag hat am 3.12.2015 das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in dritter Beratung verabschiedet (BT-Drucks. 18/6904). Ruft der Bundesrat nicht den Vermittlungsausschuss an, kommt ein Inkrafttreten des Gesetzes Anfang des Jahres 2016 in Frage.

Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2013/11/EU über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten sowie der Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten.

Bei Kauf- und Dienstleistungsverträgen muss über die staatliche Ziviljustiz hinaus den Verbrauchern die außergerichtliche kostenfreie Streitbeilegung durch Schlichtungsstellen, insbesondere auch über die Online-Streitbeilegungs-Plattform („OS-Plattform“) der Europäischen Kommission, welche ab dem kommenden Jahr zur Verfügung stehen soll, ermöglicht werden. Dies wird sich insbesondere im E-Commerce auswirken, wo die Hemmschwelle zu einer Klage gegen einen unbekannten und weit entfernten Vertragspartner oftmals besonders hoch ist.

Unternehmer, die sich dieser Art der Schlichtung nicht gänzlich verschließen – was theoretisch zulässig ist, jedoch jedenfalls dann, wenn der Unternehmer eines der Gütesiegel für Online-Shops erwerben möchte, wohl faktisch nicht möglich sein wird –, müssen darüber dann auf ihrer Homepage und in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen informieren und sich bei der Ablehnung einer Verbraucherbeschwerde darüber erklären, ob sie zur Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens bereit sind.

Hinsichtlich der mit dem Schlichtungsverfahren verbundenen Kosten bleibt das Gesetz vage – während Kosten für den Verbraucher bei missbräuchlicher Inanspruchnahme der Verbraucherschlichtungsstelle auf 30 € begrenzt sind, kann die Schlichtungsstelle vom Unternehmer, der zur Teilnahme an dem Streitbeilegungsverfahren bereit ist oder verpflichtet ist, ein „angemessenes Entgelt“ verlangen. Da die Schlichtungsstellen als Vereine zu organisieren sind und die Unternehmer die Wahl haben, welcher Stelle sie sich anschließen, können sich Unternehmensverbände hier auch selbst engagieren, um kostengünstige Schlichtungsstellen zu schaffen (§ 9 Abs. 1 VSBG). Bis sich Gebührenordnungen der privaten Verbraucherschlichtungsstellen etabliert haben werden, bieten die für die Universalschlichtungsstellen der Länder in § 31 VSBG vorgesehenen Gebühren einen Anhalt: diese betragen bei einem Streitwert bis zu 100 € schon 190 € und bleiben erst bei Streitwerten von mehr als 250 € überhaupt hinter dem Streitwert selbst zurück. Als Maximalbetrag sind 380 € vorgesehen. Da der Unternehmer sich jedenfalls bei der Universalschlichtungsstelle auch durch sofortiges Anerkenntnis nicht der Mindestgebühr von 75 € entziehen kann, wird schon allein die Drohung mit der Anrufung der Schlichtungsstelle durch den Verbraucher gerade bei geringen Streitwerten einen erheblichen Druck auf den Unternehmer zur Gewährung einer Kulanzlösung ausüben können.

Über die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes war zuvor kontrovers diskutiert worden. Dies betraf u. a. die von den Schlichtern zu verlangende Qualifikation. Hier konnte sich letztlich eine strengere Handhabung im Hinblick auf die Belange der Rechtspflege durchsetzen – dem neugefassten § 6 Abs. 2 VSBG zufolge können nur Volljuristen und zertifizierte Mediatoren Streitmittler sein. Dies bringt für die Unternehmen, welche sich ggf. nur unter dem Druck des Marktes der freiwilligen Schlichtungsmöglichkeit anschließen werden, trotz der generellen Unverbindlichkeit der Schlichtervorschläge erhöhte Rechtssicherheit mit sich.

Bedeutsam für den grenzüberschreitenden Verkehr ist schließlich, dass jeder EU-Mitgliedstaat eine Kontaktstelle zu benennen hat, die als innerstaatliche Anlaufstelle für Verbraucher, Unternehmer und Streitbeilegungsstellen in grenzübergreifenden Konflikten aus online geschlossenen Verträgen zur Verfügung steht.

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