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Peking vs. Shanghai: CIETAC Arbitration-Streit beendet?

18.03.2015

Für nationale und internationale Schiedsverfahren mit Schiedsort in China ist die China International Economic and Trade Arbitration Commission (im folgenden „CIETAC“) mit Hauptsitz in Peking die wohl führende staatlich registrierte Schiedsinstitution Chinas. Nach chinesischem Recht werden inländische Schiedssprüche nur anerkannt, wenn die zugrundeliegenden Schiedsverfahren durch eine staatlich anerkannte Schiedsinstitution administriert worden sind. Bis 2012 erfasste die staatliche Anerkennung der CIETAC auch die Unterkommissionen der CIETAC in Shanghai, Shenzhen, Tianjin und Chongqing.

Mit Inkrafttreten der überarbeiteten Schiedsordnung der CIETAC zum 01.05.2012 (weitere Informationen zu den jeweiligen Überarbeitungen der CIETAC Schiedsgerichtsordnung von 2012 sowie von 2015 finden Sie auch in unserem Newsletter sowie in der Newsrubrik unserer Homepage) kam es jedoch zum Streit zwischen der Zentrale der CIETAC in Peking und deren Unterkommissionen in Shanghai und Shenzhen. Die CIETAC suspendierte die Befugnisse dieser Unterkommissionen und erklärte, dass diese nicht mehr ermächtigt seien, Schiedsverfahren anzunehmen und zu administrieren. Im Januar 2013 erklärten sich die beiden Subkommissionen in Shanghai und Shenzhen daraufhin für eigenständig. Zu diesem Zweck erließen sie eigene Schiedsregeln und entwarfen eine eigene Musterschiedsklausel. Zudem benannten sich die beiden ehemaligen CIETAC-Unterkommissionen in Shanghai International Arbitration Center (SHIAC; auch Shanghai International and Economic Trade Arbitration Commission) bzw. Shenzhen Court of International Arbitration (SCIA) um.

Der Entzug der Autorisierung durch die CIETAC führte in der Folgezeit zu Unklarheiten im Hinblick auf die jeweiligen Zuständigkeiten sowie über die Anerkennungsfähigkeit von Schiedssprüchen, welche im Rahmen von durch das SHIAC oder den SCIA verwalteten Schiedsverfahren ergangen waren bzw. noch ergehen würden. Diese Unsicherheit wurde durch die Rechtsprechung des Intermediate People’s Court of Suzhou zunächst verstärkt. Das Gericht lehnte die Anerkennung und Vollstreckung eines im Rahmen eines SHIAC-Schiedsverfahrens ergangenen Schiedsspruchs wegen der vermeintlichen Unzuständigkeit dieser Schiedsinstitution ab. Der Supreme People’s Court stellte dann am 04.09.2013 in Form einer Notice an alle High People’s Courts Auslegungsregeln auf. Um den Konflikt über die Zuständigkeit der CIETAC bzw. einer ihrer früheren Subkommissionen auszuräumen und eine einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten, sollten nach dieser Notice Streitigkeiten über die Zuständigkeit der CIETAC, des SHIAC und des SCIA im Fall von „Altklauseln“, welche die Zuständigkeit einer der beiden früheren Subkommissionen der CIETAC vorsahen, an den Supreme People’s Court gemeldet werden, wenn sich diese Streitigkeiten auf die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarungen oder Anfechtungen oder die Vollstreckung von Schiedssprüchen bezogen.

Durch zwei kürzlich – am 31.12.2014 und 06.01.2015 – ergangene Beschlüsse chinesischer sogenannter Mittelgerichte scheint der Zuständigkeitskonflikt nun weiter aufgeklärt:

  • Zunächst hat der No. 2 Intermediate People’s Court of Shanghai Municipality mit Beschluss vom 31.12.2014 („(2012) Hu Er Zhong Min Ren (Zhong Xie) Zi Di 5 Hao“) entschieden, dass das Shanghai International Arbitration Center (SHIAC) eine wirksam gegründete und durch die zuständigen Verwaltungsbehörden (Bureau of Justice of Shanghai Municipality sowie Shanghai Municipal Government und Shanghai Commission for Public Sector Reform) genehmigte eigenständige Schiedsinstitution darstelle. Als solche sei das SHIAC eine zuständige Institution, um Schiedsverfahren auf der Grundlage entsprechender Schiedsklauseln zu administrieren. Der Hintergrund dieses Verfahrens war eine „alte“ Schiedsklausel, welche die „CIETAC Shanghai Subcommission“ als zuständige Schiedsinstitution für die Streitigkeiten aus dem Vertrag bestimmte. Trotz zunächst bei der CIETAC eingereichter Schiedsklage gab der No. 2 Intermediate People’s Court of Shanghai Municipality der auf die Feststellung der Unzuständigkeit der CIETAC gerichteten Klage statt und bejahte die Zuständigkeit des SHIAC.
  • Im Rahmen eines weiteren Rechtsstreits – nunmehr vor dem Intermediate People’s Court of Shenzhen – lehnte auch dieses Gericht mit Beschluss vom 06.01.2015 („(2013) Shen Zhong Fa She Wai Zhong Zi Di 133 Hao“) die Zuständigkeit der CIETAC ab und bestätigte die Zuständigkeit der ehemaligen Subkomission der CIETAC in Shenzhen, jetzt Shenzhen Court of International Arbitration (SCIA). Nach der Begründung des Gerichts sei durch eine entsprechende Registrierung beim Guangdong Bureau of Justice unter der Bezeichnung SCIA eine rechtmäßige Subkommission gegründet worden. Grundlage dieses Verfahrens war eine Schiedsklausel, nach welcher eine Schiedsklage zur „CIETAC South China Subcommission“ zu erheben war.

Diese aktuellen Beschlüsse bringen nun jedenfalls etwas mehr Klarheit über das Schicksal von Schiedsklauseln, welche vor der Eigenständigkeit des Shanghai International Arbitration Center sowie des Shenzhen Court of International Arbitration vereinbart worden sind und auf die ehemaligen CIETAC-Subkommissionen verweisen. Anders als zunächst angenommen, bestehen nun mit der jüngeren Rechtsprechung der Gerichte an den Schiedsorten Shenzhen und Shanghai gute Gründe dafür, dass diese Schiedsklauseln nicht per se als unwirksam einzustufen sind. Vielmehr bleiben offenbar – unter der neuen Bezeichnung – der SCIA beziehungsweise das SHIAC für nationale sowie internationale Schiedsverfahren zuständig. Dennoch ist wohl letztlich abzuwarten, wie sich andere chinesische Gerichte im Hinblick auf den Zuständigkeitskonflikt positionieren werden. Diese Frage dürfte auch im Rahmen der internationalen Vollstreckung von SHIAC- und SCIA-Schiedssprüchen eine Rolle spielen.

Wenn Sie mehr zu nationalen oder internationalen Schiedsverfahren – auch mit Bezug zu China – erfahren möchten, sprechen Sie uns gerne an!

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