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Recht an Daten in der Smart Factory

17.02.2017

Die Hauptvoraussetzung für die „intelligente Fabrik“, die als ein Ergebnis der laufenden vierten industriellen Revolution zu erwarten ist, sind große Mengen an Daten und deren Verarbeitung von im Unternehmen vernetzten Maschinen. Die Fragen, wem die nötigen maschinengenerierten Daten gehören und welche Rechte Dritten zur Nutzung zustehen, stellen eine der wichtigsten zu klärenden Rechtsfragen im Bereich der „Industrie 4.0“ dar. Ausführlich hatte sich Noerr mit vielen Rechtsfragen der „Industrie 4.0“ bereits in einem Rechtsgutachten für den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) beschäftigt  [Rechtliche Herausforderungen der Digitalisierung].

Daten stellen im Zeitalter der Digitalisierung ein zentrales Wirtschaftsgut dar. Sie haben jedoch keine körperliche Form und können somit nicht Gegenstand eines Eigentumsrechts nach § 903 BGB sein, weil das BGB Eigentum nur an Sachen, also an einem körperlichen Gegenstand anerkennt. Es wird z. Zt. eine rechtspolitische Diskussion geführt, ob das „Eigentum“ an Daten durch eine analoge Anwendung des § 903 BGB geschaffen werden kann und soll. Rechtsdogmatisch müsste dafür jedoch eine vergleichbare Interessenlage sowie eine planwidrige Regelungslücke seitens des Gesetzgebers bestehen, was von den meisten IT-Rechtlern abgelehnt wird. Auch andere Schutzansätze wie zum Beispiel der Schutz als „sonstiges Recht“ nach § 823 Abs. 1 BGB haben sich bisher in der Rechtsprechung nicht durchgesetzt. Somit existiert nach herrschender Ansicht für Daten kein allgemeines Recht mit absoluter Wirkung gegenüber dem gesamten Rechtsverkehr. Zwar erkennt die Rechtsprechung an, dass Zuordnungskriterien für Daten existieren. So hatte etwa das OLG Naumburg im Jahre 2014 entschieden, dass es durchaus Kriterien gibt, unter denen Rechte an Daten für eine bestimmte Person gegeben sein können. So entschied das OLG, dass die Daten aus einer Radarfalle der Polizeidienststelle gehören, welcher der Polizist, der die Daten durch den so genanten „Skripturakt“ erzeugt hatte, angehört. Absolute Rechte im Sinne eines Dateneigentums leitet die Rechtsprechung aber auch aus dem „Skripturakt“ nicht her.

Besondere Vorschriften, wie z. B. UWG und UrhG, bieten für gewisse Kategorien von Daten bestimmte Abwehrrechte gegen einen Zugriff auf Daten und/oder deren Verwendung. Diese gelten jedoch nur unter den im Gesetz bestimmten Tatbestandvoraussetzungen  (zum Beispiel für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse). Aufgrund ihres engen Anwendungsbereichs können diese Regelungen nicht als allgemeine Grundlage für ein Dateneigentum dienen.

Ein Dateneigentum im Rechtssinne existiert nach derzeitiger Rechtslage folglich nicht. Es ist deswegen für Unternehmen empfehlenswert, die Zuweisung von Rechten an Daten durch eindeutige Vertragsregelungen zwischen den an der Datenerzeugung, -verarbeitung und –nutzung Beteiligten zu gewährleisten. Dieser Schutz wird jedoch nur zwischen den Vertragsparteien wirksam sein.

Regelung auf europäischer Ebene

Die EU-Kommission hat in ihrer „Strategie für einen digitalen Binnenmarkt in Europa“ [wir berichteten] aus Mai 2015 eine europäische Initiative zum „freien Datenfluss“ vorgestellt, die sich u.a. mit den Fragen des Eigentums an Daten, ihrer Nutzbarkeit und des Zugangs zu den Daten in bestimmten Situationen, z. B. wenn Daten die von Maschinen und im Zusammenwirken zwischen Maschinen erzeugt werden, befasst. Am 03.10.2016 hat die EU-Kommission die Folgenabschätzung in der Anfangsphase ("Inception Impact Assessment") der Initiative für freien Datenfluss veröffentlicht, welche die nächsten möglichen Schritte der EU-Kommission zusammenfasst. Es wird betont, dass die EU-Kommission das Konzept des Eigentums an Daten weiter erforschen will. Ob sich also die Rechtslage zum  Eigentum an Daten auf europäischer Ebene kurz- oder mittelfristig verändern wird, ist derzeit nicht absehbar – zumal auch zwischen den IT-Rechtlern, welche sich mit der Frage befassen Uneinigkeit besteht, ob eine gesetzliche Regelung notwendig ist.

Ob ein Eigentum an Daten geschaffen wird, ob die Bestimmung der Nutzungsrechte an Daten weiterhin vertraglich erfolgen sollte oder ob der Gesetzgeber eine gänzlich andere Lösung wählt ist eine brisante rechtspolitische Frage, deren Antwort wir mit Spannung erwarten dürfen.

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