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Russische Gegen­sanktionen: Ausgestaltung der Regeln zur Vermögens­einfrierung

04.12.2020

Seit dem 22. Oktober 2018 ist das in Russland befindliche Vermögen mehrerer hundert meist ukrainischer Personen eingefroren gemäß Präsidialerlass 592 vom 22. Oktober 2018 (“Präsidialerlass 592“) und Regierungsverordnung 1300 vom 1. November 2018 (“Regierungsverordnung 1300“).[1]  Bei diesen und anderen Sanktionen gegen die Ukraine handelt es sich um die bislang einzigen Maßnahmen, die aufgrund des Föderalen Gesetzes 127-FZ “Über Maßnahmen (Gegenmaßnahmen) als Reaktion auf unfreundliche Handlungen der Vereinigten Staaten [...]“ vom 4. Juni 2018 ergriffen wurden.[2]

Am 23. Oktober 2020 hat die Staatsduma nun in erster Lesung Gesetzesentwurf 996800-7[3] (“Gesetzesentwurf“) angenommen, der die praktische Umsetzung der Sanktionen regelt:

  • Durch den Gesetzesentwurf werden Änderungen in das Föderale Gesetz 281-FZ “Über besondere wirtschaftliche Maßnahmen“ vom 30. Dezember 2006 eingeführt, deren Anwendbarkeit dann auf die seit dem 22. Oktober 2018 bestehenden Sanktionen gegen die Ukraine erstreckt wird. Somit gelten die neuen Bestimmungen auch für die Einfrierung des Vermögens von derzeit mehr als 600 natürlichen und 75 juristischen Personen gemäß Präsidialerlass 592 und Regierungsverordnung 1300.
  • Gemäß Regierungsverordnung 1300 ist nicht nur das Vermögen (unbare Geldmittel, nichtverbriefte Wertpapiere, sonstige Vermögensgegenstände) der sanktionierten Personen eingefroren, sondern auch das der von ihnen kontrollierten Organisationen. Im Gesetzesentwurf wird nun klargestellt, was Kontrolle bedeutet – das Recht, direkt oder indirekt, aufgrund von Aktienbesitz oder Vertrag, über mehr als 25% der Stimmrechte im obersten Leitungsorgan der kontrollierten Organisation zu verfügen.
  • Die Vermögenseinfrierung wird im Gesetzesentwurf sehr weit definiert als das Verbot sämtlicher Geschäfte mit Geldmitteln, Wertpapieren oder anderem, den sanktionierten Personen gehörendem Vermögen sowie sämtlicher anderer Geschäfte im Interesse oder zum Vorteil der sanktionierten Personen. Ausnahmen gelten lediglich für Geschäfte zum Erhalt oder Verbrauch gesetzlich vorgesehener Renten, Stipendien, Unterstützungs- und Sozialleistungen sowie Steuer- und Strafzahlungen.
  • Umzusetzen ist das Verbot von Organisationen, die gemäß der russischen Gesetzgebung Geschäfte mit Geldmitteln, Wertpapieren oder anderem Vermögen tätigen. Zu diesen, im Gesetzesentwurf aufgelisteten Organisationen gehören Kreditinstitute und andere Finanzdienstleister wie Versicherer, Zahlungsdienstleister und Wertpapierhändler. Diese haben der Bank von Russland oder ihren jeweiligen anderen Aufsichtsbehörden regelmäßig darüber Bericht zu erstatten, wie die Sanktionen umgesetzt werden.
  • Weder Präsidialerlass 592 noch Regierungsverordnung 1300 noch der Gesetzesentwurf sehen ein allgemeines Bereitstellungsverbot im Hinblick auf die sanktionierten Personen oder secondary sanctions für nichtrussische Personen vor. Es ist daher jeweils im Einzelfall zu ermitteln, inwieweit Geschäftsbeziehungen mit den sanktionierten Personen trotz der Vermögenseinfrierung aufrechterhalten werden können.

Vieles spricht dafür, dass der Gesetzesentwurf in dieser Form noch in diesem Jahr in Kraft treten wird. Hierzu erforderlich sind die Annahme des Gesetzesentwurfs durch die Staatsduma in drei Lesungen, die Zustimmung des Föderationsrats sowie die Unterzeichnung durch den russischen Präsidenten.

 

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[1] Regierungsverordnung 1300 in der inzwischen durch mehrere Regierungsverordnungen geänderten Fassung
[2] Siehe Noerrs Russische Gegensanktionen: Jahresrückblick 2018 und Ausblick auf 2019
[3] https://sozd.duma.gov.ru/bill/996800-7

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