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Sektor­untersuchung der Europäischen Kommission im E-Commerce-Sektor

22.05.2015

Worum geht es, was haben Unternehmen zu erwarten und was sind die Folgen?

Am 6. Mai 2015 leitete die Europäische Kommission eine Sektoruntersuchung im E-Commerce-Sektor ein. Die Kommission will im Rahmen dieser Untersuchung prüfen, ob und welche Hindernisse beim grenzüberschreitenden Handel mit Waren und Dienstleistungen bestehen. Die Sektoruntersuchung ist ein Teil der Strategie für einen „Digitalen Binnenmarkt“ der Europäischen Union, die aus insgesamt 16 Initiativen besteht.

Worum geht es?

Den Schwerpunkt der Sektoruntersuchung soll nach den Verlautbarungen der Kommission auf dem Handel mit Bekleidung, Schuhen und Elektronik sowie digitalen Inhalten liegen. In diesen Branchen hat der Online-Handel bereits eine sehr weite Verbreitung gefunden.

Nicht zuletzt in Deutschland gab es in den vergangenen Jahren bereits eine Reihe von Verfahren, in denen Kartellbehörden vertragliche Regelungen zwischen Herstellern und ihren Vertragshändlern als wettbewerbsbeschränkend eingestuft haben. Zu erwähnen wären beispielsweise Verbote zur Nutzung von Online-Plattformen für den Vertrieb von Waren, Rabatt- und Konditionengestaltungen, durch die Online-Händler benachteiligt wurden, sowie nicht zuletzt auch Meistbegünstigungsklauseln.

Was haben Unternehmen zu erwarten?

Bei einer Sektoruntersuchung besteht kein konkreter Verdacht, dass bestimmte Unternehmen gegen kartellrechtliche Vorgaben verstoßen haben. Vielmehr dient eine solche Untersuchung zunächst dazu, etwaige Wettbewerbshindernisse in allgemeiner Form zu identifizieren.

Zu Beginn der Sektoruntersuchung wird die Kommission zunächst eine Vielzahl von Unternehmen des E-Commerce-Sektors in Europa kontaktieren und zur Beantwortung eines – wahrscheinlich sehr umfangreichen – Fragebogens auffordern. Erfolgt die Befragung nur auf Grundlage eines einfachen Auskunftsverlangens, sind die Unternehmen nicht zur Beantwortung verpflichtet. Entscheiden sie sich für die aktive Teilnahme, müssen die Fragen jedoch wahrheitsgemäß und in nicht irreführender Weise beantwortet werden. Eine Pflicht zur Beantwortung besteht nur, wenn die Kommission einen förmlichen Auskunftsbeschluss erlässt. Bei Verstößen kann die Kommission Buß- und Zwangsgelder verhängen.

Was sind die Folgen?

Nach Auswertung der Rückmeldungen auf die Fragebögen kann es zu detaillierteren Rückfragen durch die Kommission kommen. Weitere Ermittlungsmaßnahmen wie beispielsweise Durchsuchungen sind ebenfalls denkbar, insbesondere wenn die Kommission Hinweise auf ernste Verstöße gegen das europäische Wettbewerbsrecht erhalten sollte.

Nach den Planungen der Kommission soll ein vorläufiger Bericht bis Mitte des Jahres 2016 erstellt und öffentlich diskutiert werden. Der Abschluss der Sektoruntersuchung ist für Anfang des Jahres 2017 vorgesehen.

Aufgrund der mittel- und langfristigen Auswirkungen, die die Antworten der Unternehmen haben, empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der Fragen und Formulierung der Antworten. Hersteller von Waren und digitalen Inhalten sollte diese Gelegenheit wahrnehmen, nicht nur ihre Geschäftspraxis beim Online-Handel zu überprüfen, sondern auch die Wirkungen vertraglicher Regelungen. Sofern diese geeignet sein könnten, den Online-Handel zu beschränken, empfiehlt sich, kritisch zu hinterfragen, ob die Regelungen gerechtfertigt werden können. In Zweifelsfällen sollten vertragliche Anpassungen ernsthaft erwogen werden.

Mehr zur Strategie der Europäischen Union für einen „Digitalen Binnenmarkt“ und ihren Initiativen können Sie hier lesen.

 

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