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Shop-like-a-local: Bundes­netz­agentur darf künftig Buß­gelder und Zwangs­gelder verhängen

19.11.2018

Bundesregierung (BMWi) verabschiedet Gesetz zur Umsetzung von Sanktionen gemäß der Vorgaben der Geoblocking-Verordnung

Am 02.03.2018 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die sog. Geoblocking-Verordnung Nr. 2018/302 veröffentlicht. Sie ist am 22.03.2018 in Kraft getreten und gilt ab dem 03.12.2018. Sie ist Teil der von der Juncker-Kommission angeführten „Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa“.

Die Geoblocking-VO legt in Zukunft verbindlich diejenigen Verhaltensweisen fest, die als „ungerechtfertigtes“ Geoblocking zu qualifizieren sind und somit auch gegen Art. 20 (2) der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EC verstoßen.

Ziel der Geoblocking-Verordnung ist es, einen reibungslos funktionierenden Binnenmarkt zu gewährleisten und den Zugang zu Waren und Dienstleistungen in der gesamten Union ohne Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung sicherzustellen. Hierdurch wird zur Vervollständigung des Digitalen Binnenmarktes beigetragen.

Bei Unternehmen besteht daher die Notwenigkeit, Webseiten, Allgemeine Geschäftsbedingungen und Zahlungsmodalitäten an die Anforderungen aus den Artikeln 3, 4 und 5 der Geoblocking-VO anzupassen, um Diskriminierungen zu beseitigen.

Künftige Zuständigkeit der Bundesnetzagentur – Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Die Geoblocking-VO enthält die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, eine oder mehrere Stellen zu benennen, die für die Durchsetzung der Verordnung zuständig sind, und Maßnahmen für Verstöße gegen die Verordnung erlassen, mit denen die Einhaltung dieser Verordnung sichergestellt wird. Zudem sollen Verbraucher die praktische Unterstützung der zuständigen Stelle zur Beilegung von sich aus der Anwendung der Verordnung ergebenden Streitigkeiten mit Anbietern in Anspruch nehmen können.

Die Vorgaben der Geoblocking-VO sollen nun dergestalt umgesetzt werden, indem die Bundesnetzagentur im Telekommunikations-
gesetz als zuständige Stelle im Sinne der Verordnung benannt wird. Dazu wird Art. 116 Telekommunikationsgesetz geändert und die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur für die Durchsetzung der Geoblocking-VO neu begründet. § 116 TKG weist die behördlichen Aufgaben und Befugnisse aus dem TKG der Bundesnetzagentur zu. Der Bundesnetzagentur obliegt zukünftig auch die Aufsicht über die Einhaltung der in Artikel 3, 4 und 5 der Geoblocking-VO (EU) 2018/302 geregelten Anforderungen.

Die Bundesnetzagentur ist nach Auffassung der Bundesregierung für die Durchsetzung der Geoblocking-VO geeignet, da sie im Rahmen von Zuständigkeiten für andere europäische Verordnungen bereits über Vorerfahrungen hinsichtlich der Sanktionierung von gesetzwidrigem unternehmerischen Verhalten im Onlinebereich sowie bei der Sicherstellung von Verbraucherschutzrechten (u. a. Netzneutralitätsverordnung) verfügt. Zur Durchsetzung dieser Gesetze hat sie über das Telekommunikationsgesetz die Möglichkeit, Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen und Bußgelder zu verhängen. Zudem wird die Bundesnetzagentur zukünftig für die Durchsetzung der Paket-Verordnung zuständig sein. Die Paket-Verordnung und die Geoblocking-VO wurden von der Kommission im Rahmen der Digitalen Binnenmarktstrategie als kombiniertes Maßnahmenpaket für den E-Commerce vorgeschlagen.

Parallele Zuständigkeit des Bundeskartellamts

Die Zuständigkeit des Bundeskartellamt hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen Aspekte des Artikel 6 Geoblocking-VO im Business-to-Business-Verhältnis bleibt von der Zuständigkeitszuweisung an die Bundesnetzagentur unberührt.

Nach Art. 6 Abs. 1 der Geoblocking-VO lässt die Geoblocking-VO Vereinbarungen über Beschränkungen des aktiven Verkaufs im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 oder Vereinbarungen über Beschränkungen des passiven Verkaufs im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 330/2010, die Transaktionen betreffen, die nicht unter die Verbote der Artikel 3, 4 und 5 der vorliegenden Verordnung fallen, unberührt. In den Erwägungsgründen zur Geoblocking-VO wird ausgeführt, dass bei Vereinbarungen durch die Anbieter gegenüber bestimmten Kunden oder Gruppen von Kunden in bestimmten Hoheitsgebieten die Verpflichtung auferlegt wird, keine passiven Verkaufsgeschäfte zu tätigen, im Allgemeinen als wettbewerbsbeschränkend angesehen und in der Regel nicht vom Verbot nach Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommen werden können (zum Einfluss der Geoblocking-VO auf Vertriebsverträge weiterführende Hinweise des Autors in ZVertriebsR 2018, S. 210 ff).

Sanktionierung von Verstößen – Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Durch das Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes sollen Wege geschaffen wer-den, die die Durchsetzung der Geoblocking-VO im Sinne des Art. 7 Absatz 2 Geoblocking-VO ge-währleisten und damit den ortsdatenunabhängigen Zugang zu Waren oder Dienstleistungen si-cherstellen. Diesbezüglich hat der Gesetzgeber nun Regelungen getroffen.
Anordnung eines Zwangsgeldes
Durch das Gesetz soll in § 126 TKG ein neuer Absatz 7 geschaffen werden. Dieser soll die Bundesnetzagentur dazu berechtigen, Maßnahmen nach § 126 Absatz 1,2 und 5 TKG auch für die Verletzung von Pflichten aus der Geoblocking-VO zu treffen. Das Instrumentarium des § 126 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 und 5 TKG ermöglicht der Bundesnetzagentur, einem nach ihrem Kenntnisstand vorliegenden Verstoß gegen die Geoblocking-VO nachzugehen und Anbieter nach Artikel 2 Nummer 18 der Geoblocking-VO zunächst innerhalb einer bestimmten Frist zur Stellungnahme und Abhilfe aufzufordern. Erfolgt innerhalb der Frist keine Abhilfe des Verstoßes, steht der Bundesnetzagentur mit der Anordnung ein Instrument zur Verfügung, die zur Einhaltung der Verpflichtung erforderlichen Maßnahmen aufzuzeigen (§ 126 Absatz 2 TKG). Mit der Möglichkeit, ein Zwangsgeld von bis zu EUR 500.000,00 anzudrohen, erhält die Bundesnetzagentur ein schuldunabhängiges Beugemittel zur Durchsetzung der Anordnung (§ 126 Absatz 5 TKG). Das Zwangsgeld hat präventiven Charakter. Kommt der Anbieter dem verlangten Verhalten nach, entfällt die Zahlungspflicht.

Neuer Bußgeldtatbestand

Zudem soll eine Änderung des § 149 Telekommunikationsgesetz herbeigeführt werden. Nunmehr wird der Verstoß gegen die Geoblocking-VO als Ordnungswidrigkeit aufgenommen. § 149 Abs. 2 Nr. 2 regelt, dass bei Verstößen gegen Artikel 3, 4, und 5 Geoblocking-VO eine Geldbuße bis zu EUR 300.000,00 verhängt werden kann. Die Verhängung der Geldbuße im Ordnungswidrigkeitenverfahren bezweckt die Ahndung von in der Vergangenheit liegenden Verstößen gegen die Geoblocking-VO.


Weitere Folgen des Verstoßes gegen die Geoblocking-VO

Neben dem nun durch den vorliegenden Gesetzesentwurf vorgesehenen Bußgeld kann der Verstoß gegen die Vorschriften der Geoblocking-VO weitere Folgen nach sich ziehen: Gem. Art. 10 Abs. 3 wird die Geoblocking-VO in den Anhang der Unterlassungs-
klagerichtlinie 2009/22/EG aufgenommen. Dies wird dann eine Ergänzung des Kataloges in § 2 UKlaG nach sich ziehen. Insofern können qualifizierte Einrichtungen gegen Anbieter Unterlassungsklagen erheben, wenn diese gegen die Geoblocking-VO verstoßen. Der Verstoß gegen die Geoblocking-VO wird zudem auch ein Fall des unlauteren Wettbewerbs gemäß §§ 3, 3a UWG darstellen. Dies wird damit auch Wettbewerber berechtigen, bei einem Verstoß gegen die Geoblocking-VO nach § 8 UWG Schadensersatz und Unterlassung einzuklagen.


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Wir werden die weitere Entwicklung für Sie im Auge behalten.


Zum Verfasser:

Dr. Mansur Pour Rafsendjani ist Partner der Noerr LLP in München und Mitglied der Digital Business Group und befasst sich schwerpunktmäßig mit Fragen der digitalen Supply Chain und des digitalen Handels (Einkauf, Vertrieb & Logistik).

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