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Slowakei: Strengere Regeln zu Arbeitnehmerentsendung. Was Arbeitgeber in der Slowakei beachten sollten

06.08.2020

Ab dem 30. Juli 2020 müssen alle EU-Mitgliedsstaaten bei der Entsendung von Arbeitnehmern in andere Mitgliedsstaaten strengere Regeln anwenden. Um die EU-Richtlinie 2018/957 in nationales Recht umzusetzen, wurde in der Slowakei eine Novellierung des Arbeitsgesetzbuchs verabschiedet, mit der neue strengere Regelungen bei der Entsendung von Arbeitnehmern eingeführt werden. Diese Änderungen betreffen Arbeitgeber aus anderen Mitgliedsstaaten (nichteinheimische Arbeitgeber), die ihre Mitarbeiter vorübergehend in die Slowakei zur Arbeitsausübung entsenden. Doch auch Arbeitgeber in der Slowakei (einheimische Arbeitgeber), die ihre Mitarbeiter in einen anderen Mitgliedsstaat entsenden wollen, sollen die neuen Regeln beachten, denn ähnliche Änderungen werden angenommen in der gesamten EU.

Dauer der Entsendung

Zu den vielen Änderungen, die durch die neue Gesetzgebung eingeführt werden, zählen unterschiedliche Beschäftigungsbedingungen je nach der Länge der Entsendung. Bei der Dauer der Entsendung selbst gelten weiterhin keine Einschränkungen. Den Arbeitgebern, die ihre Arbeitnehmer ins EU-Ausland entsenden, obliegen ab dem ersten Tag, an den die Merkmale der Entsendung erfüllt sind, bestimmte Pflichte. So sind sie vor allem verpflichtet sicherzustellen, dass die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen mit denen in dem Aufnahmemitgliedsstaat übereinstimmen. Der Umfang dieser Mindestbedingungen ist jedoch gesetzlich beschränkt auf, unter anderen, Sicherheit und Gesundheitsschutz, Mindestlohn, bezahlten Mindestjahresurlaub und Höchstarbeitszeiten (“harter Kern”). Entsandte Beschäftigte und die lokalen Angestellten in dem Land, in das die entsandten Arbeitnehmer entsandt werden, sollten, einfach genommen, gleich behandelt werden. 

Wenn die Entsendungsdauer mehr als 12 Monate beträgt, finden neben den obigen Bedingungen gemäß dem „harten Kern“ auch sonstige Bestimmungen gemäß nationalem Arbeitsrecht Anwendung. Davon ausgenommen sind Abschluss und Beendigung des Arbeitsvertrags und Wettbewerbsverbote, die weiterhin der Gesetzgebung des Mitgliedsstaats unterliegen, aus dem der jeweilige Arbeitnehmer entsandt wird. 

Die obige Entsendungsdauer von 12 Monaten kann um weitere 6 Monate verlängert werden, wenn der nichteinheimische Arbeitgeber bei der einheimischen Arbeitsaufsichtsbehörde (in der Slowakei ist zuständig Národný inšpektorát práce) eine mit einer Begründung versehene Mitteilung vor dem Ablauf des 12-monatigen Zeitraums vorlegt. Die Einreichung erfolgt entweder mittels eines von der Arbeitsaufsichtsbehörde vorgegebenen Formulars oder via das Registrierungs-Portal, das auf der Website der Behörde zugänglich ist. Arbeitgeber in der Slowakei, die ihre Angestellte in einen anderen Mitgliedsstaat entsenden, haben in dem Aufnahmemitgliedsstaat dieselben Mitteilungspflichten gegenüber dortigen Behörden.

Ersetzt der Arbeitgeber einen entsandten Arbeitnehmer durch einen anderen entsandten Arbeitnehmer, der die gleiche Tätigkeit am gleichen Ort ausführt, so gilt als Entsendungsdauer die Gesamtdauer der Entsendezeiten der betreffenden einzelnen entsandten Arbeitnehmer. 

Entlohnung

Vor der erwähnten Novellierung des slowakischen Arbeitsgesetzbuchs waren Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter in die Slowakei entsandten, verpflichtet, diesen den Mindestlohn, die Mindestlohnbedingungen sowie die Überstundenzuschläge im Einklang mit dem Arbeitsgesetzbuch und sonstigen slowakischen arbeitsrechtlichen Bestimmungen zu gewährleisten. Aufgrund der Neuregelung müssen alle entsendenden Arbeitgeber ihren Mitarbeitern alle die Entlohnung ausmachenden Bestandteile, die in dem Aufnahmemitgliedsstaat zwingend vorgeschrieben sind, sicherstellen. Die in die Slowakei entsandten Arbeitnehmer haben nunmehr Anspruch auf Zulagen für Nacht-, Feiertags- und Wochenendarbeit, für erschwerte Arbeitsausübung und auf weitere obligatorische Lohnbestandteile. 

Gleiches gilt auch umgekehrt – Arbeitgeber in der Slowakei, die ihre Arbeitnehmer in einen Mitgliedsstaat entsenden, müssen alle im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat geltenden gesetzlichen Lohnverpflichtungen einhalten. Um dieser Pflicht nachzukommen, sollen sie sich bemühen, Informationen zu den in dem Aufnahmemitgliedstaat geltenden arbeitsrechtlichen Regelungen zu erlangen. Aufsichtsbehörden in einzelnen Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, die Informationen über die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen auf den offiziellen nationalen Websites zu veröffentlichen. 

Erstattung der Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten 

Vor der Wirksamkeit der EU-Richtlinie ab Ende Juli fiel die Regelung der Reisekostenerstattung in die einzelstaatliche Zuständigkeit jedes Mitgliedsstaats. Beispielsweise das slowakische Gesetz über Reisekosten garantiert den aus der Slowakei entsandten Arbeitnehmern Erstattung aller Reisekosten während der gesamten Entsendungsdauer, so wie es bei einer Dienstreise der Fall ist. 

Die slowakische Gesetzgebung bietet somit bereits einen stärkeren Arbeitnehmerschutz als die neue EU-Richtlinie. Arbeitgeber in der Slowakei müssen jedoch die im Aufnahmemitgliedstaat geltende Legislative beachten, damit sie die für den entsandten Arbeitnehmer günstigeren Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen anwenden. 

Tarifverträge

Um die Mindestbeschäftigungsbedingungen zu gewährleisten, sind Arbeitgeber im Einklang mit der Richtlinie verpflichtet, die durch Tarifverträge oder Schiedssprüche festgelegten Bedingungen zu verfolgen. Dies betrifft ausschließlich Tarifverträge, die in dem Aufnahmemitgliedsstaat als allgemein verbindlich erklärt wurden oder die für alle in den jeweiligen geographischen Bereich fallenden und die betreffende Tätigkeit oder das betreffende Gewerbe ausübenden gleichartigen Unternehmen allgemein wirksam sind und/oder die, die von den auf nationaler Ebene repräsentativsten Organisationen der Tarifvertragsparteien geschlossen werden und innerhalb des gesamten nationalen Hoheitsgebiets zur Anwendung kommen. In der Slowakei gelten als repräsentative Tarifverträge die Tarifverträge gemäß Artikel 7 des Gesetzes über Tarifverhandlungen. 

Auch hier sind Arbeitgeber in der Slowakei, die ihre Arbeitnehmer nach EU-Ausland entsenden wollen, verpflichtet, die Mindestbeschäftigungsbedingungen gemäß Tarifverträgen, die im jeweiligen Aufnahmemitgliedsstaat für allgemein verbindlich erklärt wurden, zu prüfen. 

Arbeitsrecht

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