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Starbucks-Kaffee ist der einzige Kaffee, der „rockt“

02.02.2018

In seinem Urteil vom 16. Januar 2018 hat sich das Gericht der Europäischen Union (EuG) letztendlich der Argumentation der Starbucks Corp. (Starbucks) angeschlossen und entschieden, dass die sich gegenüberstehenden Marken

und  , einerseits, und  , andererseits, tatsächlich ähnlich sind (Rechtssache T-398/16). Mit dieser Entscheidung hob das EuG die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) auf, das jegliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen ausgeschlossen hatte. Gegen dieses Urteil kann nun beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Rechtsmittel eingelegt werden.

Im Jahr 2013 wurde die Unionsmarke (UM)  für Verpflegungsdienstleistungen angemeldet. Starbucks störte sich an dieser Anmeldung und legte u.a. aufgrund mehrerer älterer Unionsmarken sowie einer Marke im Vereinigten Königreich
und  Widerspruch ein. Diese Marken erfassen verschiedene Waren und Dienstleistungen, wie u.a. Dienstleistungen für Cafés, Cafeterias, Snackbars, Kaffeebars und Kaffeehäuser. Starbucks behauptete, es bestehe eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken und dass die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marken ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde (Artikel 8(1)(b) und (5) Unionsmarkenverordnung [UMV]).

Der Widerspruch und die Beschwerde von Starbucks vor der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO wurden zurückgewiesen. Unstreitig war, dass die fraglichen Dienstleistungen identisch sind. Das EUIPO war jedoch der Auffassung, dass die Zeichen unähnlich seien, da sie lediglich in den beschreibenden oder nicht unterscheidungskräftigen Bestandteilen übereinstimmten, nämlich in dem Wort „COFFEE“, dem schwarzen runden Bildelement mit weißen Bestandteilen sowie der Schriftart.

Der EuG schloss sich der Beurteilung des Artikels 8(1)(b) UMV durch das EUIPO, wonach jegliche (selbst geringfügige) Zeichenähnlichkeit fehlte, nicht an und hob die Entscheidung insofern auf. Dem EuG zufolge sei das allgemeine Erscheinungsbild der Zeichen in bildlicher Hinsicht gleich. Beide Zeichen weisen runde Bildelemente aus zwei Teilen auf, welche einen umkreisten Mittelteil enthalten, und die zwei Wortelemente haben die gleiche Struktur und zeigen zwei weiße Sterne bzw. Musiknoten. Nach Auffassung des EuG wird das allgemeine Erscheinungsbild weiter durch die Verwendung derselben Farben (Schwarz und Weiß) sowie derselben Schriftart für die Wortelemente „STARBUCKS COFFEE“ und „COFFEE ROCKS“ verstärkt. Da sich die angemeldete Marke auf keine bestimmte Farbe bezieht, könnte sie in einer beliebigen Farbe nach Wahl des Markeninhabers benutzt werden, und somit auch in den schwarzen, grünen und weißen Farbtönen der älteren Marken  . Daher sei das Argument des EUIPO, die unterschiedliche Farbkombination mache die Zeichen unähnlich, zurückzuweisen.

Entgegen der Ansicht des EUIPO sei die Tatsache, dass die Zeichen das Wort „COFFEE“ gemeinsam haben, zu berücksichtigen, obwohl dieser Begriff beschreibend für die betreffenden Waren und Dienstleistungen ist. Selbst falls – der Auffassung des EUIPO folgend – die Zeichen in ihren unterscheidungskräftigen und dominanten Elementen tatsächlich völlig unterschiedlich seien, so könnten die übrigen Bestandteile (insbesondere die oben genannten Ähnlichkeiten) dennoch nicht vernachlässigt werden. Zwar gebe es in klanglicher Hinsicht durchaus Unterschiede in der Art und Weise, wie „STARBUCKS COFFEE“ und „COFFEE ROCKS“ ausgesprochen werden. Allerdings teilt der EuG nicht die Auffassung des EUIPO, dass die Präsenz des Wortes „COFFEE“ und die ähnlichen Endungen der Wörter „ROCKS“ und „STARBUCKS“ nicht zu einer klanglichen Zeichenähnlichkeit für die englischsprachigen Verbraucher führen. Begrifflich könne angesichts des allgemeinen Erscheinungsbildes der Zeichen und des gemeinsamen Wortes „COFFEE“ nicht ausgeschlossen werden, dass die maßgeblichen Verkehrskreise beide Zeichen mit dem Konzept „Kaffeehaus“ in Verbindung bringen.

Schließlich erinnerte der EuG daran, dass Artikel 8(5) UMV (anders als Artikel 8(1)(b) UMV) lediglich eine Ähnlichkeit voraussetzt, die dazu führen kann, dass die maßgeblichen Verkehrskreise einen Zusammenhang zwischen den fraglichen Marken herstellen (d.h. gedanklich miteinander verknüpfen), und nicht eine Ähnlichkeit, wonach die maßgeblichen Verkehrskreise diese Zeichen verwechseln. Folglich kann der Schutz, den diese Bestimmung bekannten Marken gewährt, selbst dann greifen, wenn lediglich eine geringe Ähnlichkeit zwischen den fraglichen Zeichen besteht.

Das EUIPO habe bei der Prüfung des Artikels 8(1)(b) UMV einen Fehler begangen, indem es jede Ähnlichkeit zwischen den Zeichen ausgeschlossen und die Verwechslungsgefahr nicht geprüft hatte, allein aus dem Grund, dass die Zeichen nicht ähnlich seien. Unter diesen Umständen und aus denselben Gründen hätte das EUIPO es auch nicht unterlassen dürfen, die Voraussetzungen des Artikel 8(5) UMV zu prüfen. Daher hob der EuG die Entscheidung auch insofern auf.

Im Ergebnis lassen sich aus diesem Urteil die zwei nachstehenden Punkte ableiten: Erstens ist die Schwelle für die Feststellung einer Ähnlichkeit sehr niedrig. Bei einem Vergleich der Zeichen als Ganze können beschreibende/nicht unterscheidungskräftige Elemente einer Marke nur dann als vernachlässigbar für den Gesamteindruck angesehen werden, falls andere Elemente die Erinnerung der angesprochenen Verkehrskreisen dominieren. Zweitens hat der EuG bekräftigt, dass – obwohl Artikel 8(5) UMV einen geringeren Ähnlichkeitsgrad verlangt – die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit bei Artikel 8(1)(b) UMV und Artikel 8(5) UMV gleich ist.

Gewerblicher Rechtsschutz

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