News

Steuer­pflicht von Beteiligungs­veräußerungs­gewinnen bei Immobilien­gesellschaften

16.09.2016

Aktuell liegt die Empfehlung des Finanzausschusses des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnverkürzungen und -verlagerungen (Drucksache 406/16), über das der Bundesrat am 23. September 2016 entscheiden soll, vor. Darin ist auch ein Änderungsvorschlag enthalten, der die Besteuerungssituation bei Investitionen in deutsches Immobilienvermögen für ausländische Investoren deutlich verändern würde.

I. Bislang galt

Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, welche in Deutschland belegenen Grundbesitz hält, löst für ausländische Gesellschafter/Investoren in diese Kapitalgesellschaft nur dann eine deutsche Besteuerung aus, wenn

  • die grundbesitzhaltende Kapitalgesellschaft ihren Sitz oder den Ort ihrer Geschäftsleitung in Deutschland hat und damit in Deutschland selbst unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist und eine Beteiligung von mindestens 1% vorliegt (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) EStG); und
  • das Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“) zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters Deutschland das Besteuerungsrecht für den Anteilsveräußerungsgewinn zuweist. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn das jeweilige DBA eine sog. Grundstücksgesellschaftsklausel enthält, wonach Deutschland als Belegenheitsstaat des Grundvermögens den Anteilsveräußerungsgewinn besteuern darf, wenn der Wert der Kapitalgesellschaft zu mehr als 50% / 75% aus in Deutschland belegenen Grundbesitz besteht (z.B. DBA mit Luxemburg, Niederlande, England, Polen).

Dies bedeutet, dass nach derzeitigen Recht, z.B. die Anteile an einer Luxemburger S.a.r.l., welche ausschließlich in Deutschland belegenen Grundbesitz hält, von einem ausländischen (nicht in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen) Gesellschafter ohne Auslösen einer deutschen Veräußerungsgewinnbesteuerung veräußert werden können, weil trotz Grundstücksgesellschaftsklausel in Art. 13 Abs. 2 DBA-Luxemburg, Deutschland das ihm durch das DBA zugewiesene Besteuerungsrecht mangels Bestehens einer inländischen beschränkten Steuerpflicht nicht ausüben kann.

II. Vorgeschlagene Änderung

Dies soll nach den Beschlussempfehlungen nunmehr geändert werden. Deutschland will danach das nach einem DBA zugewiesene Besteuerungsrecht zukünftig auch bzgl. der Anteilsveräußerungsgewinne bei ausländischen Grundstücksgesellschaften ausüben.
Hierzu soll § 49 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG um einen neuen Buchstaben c1 ergänzt werden, nach dem eine beschränkte Steuerpflicht auch für Einkünfte aus § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG gegeben sein soll, d.h. für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, wenn der Wert des Gesellschaftsvermögens zu mehr als 50 % unmittelbar oder mittelbar auf inländischem unbeweglichen Vermögen beruht. Mit anderen Worten, Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, unabhängig davon, ob diese in Deutschland ihren Sitz oder Ort ihrer Geschäftsleitung haben, sollen der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterliegen, wenn diese Gesellschaft ein Vermögen aufweist, das zu mehr als 50 % unmittelbar oder mittelbar aus in Deutschland belegenen Grundbesitz besteht. Damit wären zukünftig im Rahmen der deutschen beschränkten Steuerpflicht auch Anteile an ausländischen Grundstücksgesellschaften, z.B. Luxemburger S.a.r.l oder niederländischen B.V., erfasst.
Nach dem geplanten Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung soll die beschränkte Steuerpflicht unabhängig von der Beteiligungshöhe an der grundstückshaltenden Kapitalgesellschaft eingreifen. Des Weiteren dürfte durch die Verwendung der Wörter „unmittelbar oder mittelbar“ auch die Veräußerung von Holdinggesellschaften, welche Anteile an grundstückshaltenden Gesellschaften halten, von der Neuregelung erfasst sein.

Nach der Gesetzesbegründung soll die Besteuerung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht in Form des Kapitalertragsteuerabzugs erfolgen. Entsprechende Regelung zum Kapitalertragsteuerabzug sehen allerdings derzeit weder der Gesetzesentwurf der Bundesregierung noch die Empfehlung des Finanzausschusses vor. Unabhängig von der bislang fehlenden gesetzlichen Regelung zum Kapitalertragsteuerabzug ist unseres Erachtens auch fraglich, wie dieser umgesetzt werden soll, d.h. wie der Erwerber der Anteile an einer ausländischen Grundstückskapitalgesellschaft zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichtet werden soll. Die deutsche Finanzverwaltung wird i.d.R. die Veräußerung der Anteile erst deutlich nach dem Verkauf zu Kenntnis bekommen, so dass eine Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug zumindest nach § 50a Abs. 7 EStG ausscheiden dürfte.

III. Folgen und Ausblick

Geht man von der nicht untypischen Konstellation aus, dass zum Beispiel eine Cayman Gesellschaft 100 % der Anteile an einer Luxemburger Holding S.a.r.l. hält und diese wiederum 100 % der Anteile an einer Luxemburger PropCo S.a.r.l. hält, welche in deutschen Grundbesitz investiert hat und veräußert dann entweder die Cayman Gesellschaft ihre Anteile an der Luxemburger Holding S.a.r.l. oder die Luxemburger Holding S.a.r.l. ihre Anteile an der Luxemburger Propco S.a.r.l., so dürften nach dem Gesetzeswortlaut beide Fälle der deutschen Veräußerungsgewinnbesteuerung unterworfen werden. Bislang erfolgte hingegen in beiden Fällen keine deutsche Besteuerung; lediglich die Veräußerung der Immobilie durch die Luxemburger Propco S.a.r.l. unterlag der Besteuerung in Deutschland.
Ist der Veräußerer der Anteile an der Grundstücksgesellschaft selbst eine Kapitalgesellschaft, so würden grundsätzlich nach § 8b Abs. 2, 3 KStG lediglich 5% des Veräußerungsgewinns der deutschen Besteuerung mit Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag unterliegen (derzeit ist eine Revision beim Bundesfinanzhof anhängig, ob die 5%-ige Pauschalbesteuerung bei ausländischen Investoren zulässig ist). Gewerbesteuer dürfte mangels deutscher Betriebsstätte nicht anfallen. Handelt es sich beim Veräußerer um eine natürliche Person, so unterliegt der Veräußerungsgewinn der Besteuerung nach dem sog. Teileinkünfteverfahren zu 60% der Besteuerung nach dem progressiven Steuertarif von bis zu 45% zzgl. Solidaritätszuschlag.
Die Begünstigung nach § 8b KStG bzw. dem Teileinkünfteverfahren kommt jedoch insbesondere dann nicht in Betracht, wenn es sich beim Veräußerer um ein Finanzunternehmen handelt, dass die Anteile mit dem Ziel der Erzielung eines kurzfristigen Eigenhandelserfolg erworben hat. Dies kann z.B. im Private Equity Kontext einschlägig sein, da Holdinggesellschaften als Finanzunternehmen zu qualifizieren sind.
Auch wenn es sich bei dem Gesetzesentwurf derzeit nur um die Empfehlung des Finanzausschusses handelt, ist die gesetzliche Umsetzung nicht auszuschließen, da bei allen Neuverhandlungen der deutschen DBA eine Grundstücksgesellschaftsklausel aufgenommen wurde, welche nach derzeitigem Recht in diesen Fällen derzeit ins Leere läuft. Voraussichtlich am 23. September 2016 wird der Bundesrat darüber entscheiden, ob die vorstehend beschriebene Regelung in das weitere Gesetzgebungsverfahren aufgenommen werden soll. Falls die Regelung umgesetzt werden soll, wären allerdings damit zusammenhängende Einzelheiten gesetzestechnisch noch zu regeln. In Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens sollten bestehende Strukturen daraufhin überprüft werden, ob ggf. Umstrukturierungen zur Verbesserung der steuerlichen Position angezeigt sind.

Steuerrecht

Share