News

Stiftungsrechtsreform beschlossen

15.07.2021

Das Wichtigste zum neuen Recht im Überblick für die Praxis: Stiftungsvermögen - Organverfassung und Haftung - Satzungsänderungen und Beendigung von Stiftungen - öffentliches Stiftungsregister - Ausblick und Empfehlung

Die Reform des Stiftungsrechts ist beschlossen. Der Deutsche Bundestag hat am 24.06.2021 den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts (BT-Drucks. 19/28173) in der vom Rechtsausschuss gefassten Beschlussempfehlung (BT-Drucks. 19/30938 und 19/31118) angenommen und als Gesetz verabschiedet (BR-Drucks. 569/21). Der Bundesrat hat am 25.06.2021 zugestimmt (BR-Drucks. 569/21(B)).

Damit wird nun das Stiftungszivilrecht, das bisher auch in den 16 Stiftungsgesetzen der Bundesländer geregelt ist, vereinheitlicht und abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Praktisch relevant ist die Reform nicht nur für zukünftig errichtete, sondern auch für bestehende Stiftungen, wobei zwei Zeitpunkte wichtig sind:

Das Gesetz wird nun im Wesentlichen am 01.07.2023 in Kraft treten und ist dann insoweit ausdrücklich auf alle bestehenden Stiftungen anzuwenden (ein Jahr später als noch im Regierungsentwurf vorgesehen). Damit sollen Stiftungen „ausreichend Zeit“ haben, um ihre Satzungen anzupassen und sich auf das neue Stiftungszivilrecht einzustellen.

Mit Wirkung zum 01.01.2026 wird dann ein öffentliches Stiftungsregister eingeführt, in dem sich alle Stiftungen anmelden und umfangreiche Informationen samt ihrer Satzung hinterlegen müssen. Damit soll insbesondere die "Transparenz über Stiftungen" verbessert werden.

Mit diesem Beitrag erhalten Sie einen praktischen Überblick über das neue Stiftungsrecht samt Ausblick und Empfehlung:

Neuregelungen ab 01.07.2023

Die wichtigsten und schon ab 01.07.2023 geltenden Neuerungen betreffen das Stiftungsvermögen (nachfolgend 1.), die Organverfassung und Haftung (nachfolgend 2.), Satzungsänderungen (nachfolgend 3.) und die Beendigung von Stiftungen (nachfolgend 4.).

1. Stiftungsvermögen


Bei der Zusammensetzung des Stiftungsvermögens und seiner Verwaltung werden zukünftig zwei Vermögensmassen unterschieden: Das Grundstockvermögen, das grundsätzlich ungeschmälert zu erhalten und aus dessen reiner Nutzung der Stiftungszweck zu erfüllen ist, und das sonstige Vermögen, das unmittelbar für die Erfüllung des Stiftungszwecks verbraucht werden kann, soll oder muss.

Für das Grundstockvermögen und die Pflicht dieses zu erhalten stellen die Gesetzmaterialien klar, dass dies nicht zwingend den Erhalt im tatsächlichen Bestand bedeuten muss, aber kann: z.B. bei Vermögen, das wie Grundstücke oder Einrichtungen unmittelbar der Zweckerfüllung dient und nicht durch gleichwertige Vermögensgegenstände ersetzt werden kann, oder wenn die Satzung ein Veräußerungsverbot enthält. Eine etwaige Pflicht zum Erhalt im Wert soll nominal wie real verstanden werden können.

Von den zuständigen Stiftungsorganen wird verlangt, „das Vermögen als Mittel zur Erfüllung des Stiftungszwecks so zu verwalten, dass die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks durch die Nutzungen aus dem Vermögen sowohl gegenwärtig als auch langfristig gewährleistet wird. Daraus können sich sehr unterschiedliche Anforderungen an die Vermögensverwaltung ergeben, die abhängig sind (i) vom Zweck der Stiftung, (ii) von der Art und dem Umfang ihres Grundstockvermögens sowie (iii) von der konkreten Nutzung des Grundstockvermögens für den Stiftungszweck."

Für die Praxis empfiehlt es sich, dass Stifter, zuständige Stiftungsorgane und weitere für die Verwaltung und Anlage des Stiftungsvermögens Verantwortliche diese Anforderungen konkretisieren und dabei den gesetzlichen Rahmen und das Verhältnis von Zweck, Vermögen und Zweckverwirklichung beachten z.B. mit Vermögenserhaltungskonzepten und/oder Anlagerichtlinien.

  • Neu ist, dass Zuwächse aus der Umschichtung des Grundstockvermögens (sog. Umschichtungsgewinne) zukünftig nach dem Gesetz grundsätzlich für die Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden können, soweit die Satzung dies nicht ausschließt (anders als noch im Regierungsentwurf, der dazu eine ausdrückliche Satzungsermächtigung vorsah) und die Erhaltung des Grundstockvermögens gewährleistet ist. Das ist eine erfreuliche und erhebliche Verbesserung insbesondere für Stiftungen mit Sitz in Bundesländern, deren Stiftungsaufsichtsbehörden Umschichtungsgewinne noch zum Grundstockvermögen rechnen und einen Verbrauch nicht zulassen wollen. Diese Stiftungen gewinnen durch die Reform zusätzlichen Handlungsspielraum und Flexibilität beim Einsatz ihres Grundstockvermögens und der Vermögensanlage, was in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase richtig und wichtig ist und höhere Renditen ermöglicht.

  • Neu ist die gesetzliche Anforderung, dass der Stifter im Stiftungsgeschäft ein Vermögen widmen muss, das der Stiftung zur eigenen Verfügung zu überlassen ist. Nach den Gesetzesmaterialien ist es danach insbesondere grundsätzlich unzulässig, dass ein Stifter eine noch zu errichtende Stiftung als Erbin einsetzt und für den der Stiftung zugewendeten Erbteil Dauertestamentsvollstreckung anordnet. Zulässig sein soll nur Abwicklungstestamentsvollstreckung bis zum Entstehen der Stiftung. Unabhängig von der Richtigkeit dieser Erwägungen müssen deshalb in der Praxis letztwillige Verfügungen (Testament und Erbverträge) mit Stiftungsgeschäften von Todes wegen und Anordnungen zur Testamentsvollstreckung überprüft und ggf. angepasst werden. Ersatzlösungen auf Ebene des Nachlasses außerhalb der Testamentsvollstreckung sind denkbar.

2. Organverfassung und Haftung

 

  • Neu ist die sog. Business Judgement Rule (BJR), die dem Recht der Aktiengesellschaft (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) entlehnt ist und auf die Organmitglieder sich künftig berufen können, wenn sie Geschäftsführungsaufgaben wahrnehmen, insbesondere bei der Anlage des Stiftungsvermögens. Danach handeln Organmitglieder bei Entscheidungen mit Prognosecharakter nicht pflichtwidrig, wenn sie "unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durften, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln." Eine weitergehende Beschränkung der Haftung ist durch die Satzung zulässig (anders als noch im Regierungsentwurf, nach dem dies nur in der Errichtungssatzung zulässig sein sollte).

  • Neu ist ein ausdrücklicher gesetzlicher Satzungsvorbehalt für die Haftungsprivilegierung unentgeltlich tätiger Organmitglieder. Die gesetzliche Beschränkung der Innenhaftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit kann in der Satzung beschränkt oder sogar ausgeschlossen werden, ebenso der gesetzliche Freistellungsanspruch für eine Außenhaftung im Falle einfacher Fahrlässigkeit. In der Praxis kann ein solcher Ausschluss auch zweckmäßig sein, z.B. um für unentgeltlich tätige Organmitglieder eine Innenhaftung für einfache Fahrlässigkeit zu begründen und diese Haftung zu versichern (Stichwort D&O Versicherung).

  • Neu ist eine Ermächtigung der Stiftungsaufsicht zur Notbestellung von Organmitgliedern. Wenn ein Organ wegen Fehlen von Mitgliedern seine Aufgaben nicht wahrnehmen kann, muss die Stiftungsaufsicht in dringenden Fällen die notwendigen Maßnahmen treffen, um die Handlungsfähigkeit des Organs zu gewährleisten. Insbesondere kann sie Organmitglieder befristet bestellen oder von der satzungsmäßig vorgesehenen Zahl von Organmitgliedern befristet abweichen oder einzelne Organmitglieder mit Befugnissen ausstatten, die ihnen nach der Satzung nur gemeinsam mit anderen Organmitgliedern zustehen. In der Praxis empfiehlt es sich, derartige behördliche Notmaßnahmen zu vermeiden, indem die Amtsnachfolge innerhalb von Stiftungsorganen gut geplant wird, rechtlich in der Satzung und tatsächlich personell.

3. Satzungsänderungen


Neu
und bundeseinheitlich abschließend geregelt werden zukünftig Satzungsänderungen, wobei die Voraussetzungen umso strenger ausfallen, je stärker in die Stiftungsverfassung eingegriffen und die Stiftung verändert wird. Dabei werden zukünftig drei Fallgruppen unterschieden:

  • Ein Austausch des Stiftungszwecks, eine die Identität der Stiftung verändernde Beschränkung des Zwecks oder eine Umgestaltung in eine Verbrauchsstiftung ist zulässig, wenn der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann, insbesondere wenn die Stiftung nicht ausreichend Mittel für die nachhaltige Zweckerfüllung hat und in absehbarer Zeit auch nicht erwerben kann (anders als noch im Regierungsentwurf und im noch geltenden Recht wird nicht mehr ausdrücklich eine Unmöglichkeit der Zweckerfüllung verlangt). Zusätzlich muss gesichert erscheinen, dass die Stiftung den beabsichtigten neuen bzw. beschränkten Zweck dauernd und nachhaltig erfüllen kann; das gilt auch für die Ergänzung eines neuen Zwecks, wenn dadurch die Erfüllung des bisherigen Zwecks erheblich eingeschränkt wird. Praktisch vereinfacht gesagt ist für Satzungsänderungen in dieser Fallgruppe erforderlich, dass die Stiftungsaufsicht die Stiftung in ihrer jetzigen Form nicht mehr anerkennen würde, in ihrer neuen Form allerdings schon.

  • Zweckänderungen, welche die Identität der Stiftung nicht verändern, und Änderungen prägender Satzungsbestimmungen (insbesondere Name, Sitz, Zweckverwirklichung, Zusammensetzung von Organen und Aufgabenverteilung zwischen Organen, Erhaltung und Verwaltung des Grundstockvermögens, gemeinnützigkeitsrechtliche Satzungsbestimmungen) sind künftig zulässig, soweit dies zur Anpassung der Stiftung an nach Stiftungserrichtung wesentlich veränderte Verhältnisse erforderlich ist.

  • Andere Satzungsänderungen, insbesondere Änderungen, die den Zweck nicht berühren und Änderungen nicht prägender Satzungsbestimmungen sind künftig zulässig, wenn sie der Zweckerfüllung dienen oder diese erleichtern können.

Abweichungen von den vorgenannten Voraussetzungen kann nur der Stifter im Stiftungsgeschäft vorsehen (d.h. nicht die Organe oder die Stiftungsaufsicht durch spätere Satzungsänderungen). Satzungsänderungen durch die Stiftungsaufsicht kann der Stifter nicht erweitern, sondern nur ausschließen oder beschränken (z.B. durch Ausschluss einzelner Tatbestände oder strengere Voraussetzungen). Satzungsänderungen durch die Organe kann er auch erweitern bzw. erleichtern, sofern er Inhalt und Umfang der Änderungsermächtigung hinreichend bestimmt festlegt. Der Stifter darf den zuständigen Stiftungsorganen dabei keine Blanko- oder Pauschalermächtigung erteilen, sondern muss gewünschte Änderungen inhaltlich vorbestimmen, indem er Leitlinien und Orientierungspunkte vorgibt. An die Bestimmtheit der Ermächtigung in der Satzung sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je bedeutsamer die Änderungen sind, zu denen ermächtigt wird. In diesem Rahmen kann der Stifter auch sich selbst zum Stiftungsorgan bestimmen und zu Satzungsänderungen ermächtigen.

In der Praxis ist das für den Stifter einerseits vorteilhaft, weil es einen rechtssicheren Rahmen für Gestaltungen gewährt. Andererseits bedeutet das aber auch einen erhöhten Aufwand bei der Satzungsgestaltung. Die gilt für Neuerrichtungen, aber auch und vor allem bei einer etwaigen Einführung des vorgenannten gesetzlichen Rahmens in Bestandsstiftungen.

4. Beendigung von Stiftungen


Neu
und ebenfalls bundeseinheitlich abschließend geregelt wird zukünftig die Beendigung von Stiftungen.

  • Eine (Selbst-) Auflösung der Stiftung durch das zuständige Stiftungsorgan mit Genehmigung der Stiftungsaufsicht ist vorrangig und nur möglich, wenn die Stiftung ihren Zweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllen kann, und zwar endgültig in dem Sinne, dass die Stiftung nicht durch Satzungsänderung so umgestaltet werden kann, dass sie ihren Zweck wieder dauernd und nachhaltig erfüllen kann (anders als noch im Regierungsentwurf und im noch geltenden Recht wird auch hier nicht mehr ausdrücklich eine Unmöglichkeit der Zweckerfüllung verlangt).

  • Eine behördliche Aufhebung durch die Stiftungsaufsicht kann nur subsidiär erfolgen, wenn dies erforderlich ist, weil das zuständige Organ über die Auflösung nicht oder nicht rechtzeitig entscheidet (z.B. pflichtwidrig oder aufgrund nicht ordnungsgemäßer Organbesetzung). Eine behördliche Aufhebung muss erfolgen im Fall einer Gemeinwohlgefährdung durch die Stiftung, die nicht auf andere Weise beseitigt werden kann (z.B. durch Satzungsänderung oder Abberufung von Stiftungsorganen); ebenso bei Begründung des Verwaltungssitzes im Ausland und Erfolglosigkeit aufsichtsrechtlicher Mittel der Stiftungsaufsicht zur Wiederbegründung im Inland innerhalb angemessener Zeit.

  • Als bisher spezielle Unterfälle einer Beendigung sind künftig auch die Zulegung einer Stiftung zu einer anderen Stiftung und die Zusammenlegung mehrerer Stiftungen zu einer neuen Stiftung geregelt. In einem besonderen stiftungsrechtlichen Verfahren ist es dann möglich, das Stiftungsvermögen im Ganzen zu übertragen, entweder vertraglich durch die Stiftungen mit Genehmigung der Stiftungsaufsicht oder durch die Stiftungsaufsicht selbst, jeweils mit der Wirkung, dass das Vermögen im Ganzen übergeht und die übertragenden Stiftungen erlöschen. Möglich sind Zulegung und Zusammenlegung nur dann, wenn sich für die Stiftungen die Verhältnisse wesentlich verändert haben und eine Anpassung durch Satzungsänderung nicht möglich ist. Zudem muss der Zweck der übertragenden Stiftung im Wesentlichen mit einem Zweck der übernehmenden Stiftung übereinstimmen (anders als noch der Regierungsentwurf, für die die aufnehmende Stiftung im Wesentlichen die gleichen Zwecke wie die übertragenden Stiftungen verlangte).

Die Regelungen zur Beendigung von Stiftungen sind künftig zwingend, soweit sie durch die Satzung nicht erleichtert oder erschwert werden können. Die Regelungen für Zulegung und Zusammenlegung können vom Stifter in der Satzung ausgeschlossen werden.

Neuregelungen ab 2026: Öffentliches Stiftungsregister

Zum 01.01.2026 wird ein elektronisches Stiftungsregister eingeführt, das zentral vom Bundesamt für Justiz geführt wird und in dem sich alle Stiftungen bis spätestens 31.12.2026 anmelden müssen. Dabei müssen nicht nur die Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter samt Vertretungsmacht angegeben, sondern auch die Dokumente über die Bestellung und die Satzung beigefügt werden. Zur Eintragung angemeldet werden müssen dann alle Änderungen hinsichtlich des Vorstandes und jede Satzungsänderung (unter Beifügung der ändernden Dokumente).

Das Stiftungsregister wird negative Publizitätswirkung haben, nach dem Vorbild des Handels- und des Vereinsregisters. Einzutragende Tatsachen können von der Stiftung einem Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn sie tatsächlich auch im Register eingetragen oder dem Dritten bekannt sind. Dritte können insoweit auf das Schweigen des Registers vertrauen. Und einzutragende Tatsachen, die tatsächlich auch im Register eingetragen sind, müssen Dritte grundsätzlich gegen sich gelten lassen. Damit sollen insbesondere die von den Stiftungsaufsichtsbehörden ausgestellten Vertretungsbescheinigungen und ohne Publizitätswirkung geführten Verzeichnisse ersetzt werden.

Einzelheiten zu Aufbau, Führung sowie Einsichtnahme sind in einem eigenen Stiftungsregistergesetz geregelt, das Teil des Reformgesetzes ist. Ein Aspekt sticht dabei besonders ins Auge: Jedermann darf Einsicht nehmen in das Stiftungsregister und die dort eingereichten Dokumente wie z.B. die Stiftungssatzung (falls der Zugang zu den Dokumenten nicht aufgrund eines berechtigten Interesses der Stiftung oder Dritter beschränkt oder ausgeschlossen wurde). Hier stellen sich vielfältigste Fragen zu gewünschter und unerwünschter Transparenz, wie sie vergleichbar schon zum Transparenzregister diskutiert werden.

Das genaue Verfahren zur Einsichtnahme einschließlich Regelungen zur Beschränkung oder zum Ausschluss der Einsicht in die eingereichten Dokumente wird noch durch eine Rechtsverordnung geregelt, die genauso mit Spannung erwartet werden darf, wie die absehbaren Streitigkeiten in Registerangelegenheiten, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein wird.

Ausblick und Empfehlungen

Mit Inkrafttreten der wesentlichen Regelungen am 01.07.2023 und der Anwendung auf alle dann bestehenden Stiftungen wird die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts mehr Rechtssicherheit erhalten und damit als Rechtsform noch attraktiver werden. Die bundesgesetzliche Vereinheitlichung und abschließende Regelung des Stiftungszivilrechts im BGB ist der Startpunkt dafür. Weitere Schritte werden die Folgeänderungen der 16 Stiftungsgesetze der Bundesländer sein, die Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis der Stiftungsaufsichtsbehörden und in der Folge zum einheitlichen Bundesrecht ergehende Rechtsprechung.

Das gegenüber dem Regierungsentwurf um ein Jahr verschobene Inkrafttreten (2023 statt 2022) ist auf den ersten Blick eine gewisse Verbesserung. Zeitlich wird aber voraussichtlich auch das nicht reichen, um die in den Gesetzesmaterialien formulierte Erwartung zu erfüllen, dass die heute mehr als 23.000 Bestandsstiftungen ihre Satzungen anpassen. Hier stellen sich nämlich teils schwierige Fragen wie z.B. für die Implementierung des neuen gesetzlichen und teils zwingenden Rahmens für Satzungsänderungen und/oder die Auflösung und Aufhebung von Stiftungen. Die Stiftungsaufsichtsbehörden sind schon ohne solche Fragen mit ihrem bisherigen Tagesgeschäft stark belastet.

Qualitativ verschärft sich durch das hinausgeschobene Inkrafttreten zugleich die ohnehin schon bestehende Herausforderung, bei Errichtung neuer Stiftungen deren Satzungen nach dem noch nicht, aber ab 2023/26 geltenden Recht zu gestalten. In der Praxis muss im Einzelfall geprüft und entschieden werden, inwieweit das überhaupt interessengerecht und zweckmäßig ist, oder ob man es auf eine spätere Satzungsänderung ankommen lassen will. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der gesetzliche Rahmen für Satzungsänderungen - auch für Änderungen zur Anpassungen an das neue Recht - jedenfalls zum 01.07.2023 ändern wird. Nicht ausgeschlossen, dass Satzungsänderungen in der Praxis dann noch aufwendiger werden. Die Stiftungsaufsichtsbehörden werden damit wahrscheinlich auch unterschiedlich umgehen, jedenfalls bis zum Inkrafttreten der wesentlichen Neuregelungen 2023, wenn nicht sogar darüber hinaus.

Sehr erfreulich und zu begrüßen sind neu gewonnene Handlungsspielräume und Flexibilitäten im Bereich der Vermögensverwaltung und Vermögensanlage, auch vor dem Hintergrund der zukünftigen Business Judgement Rule. Die für das Stiftungsvermögen Verantwortlichen sollten dies nutzen und sich entsprechend beraten (lassen), um aus dem Stiftungsvermögen und damit für die Stiftungszwecke des Beste herauszuholen.

In jedem Fall müssen Stiftungen nun dringend ihre Satzungen mit dem zukünftig geltenden Recht abgleichen, Änderungsbedarf identifizieren und Satzungsänderungen planen, gleich ob diese Änderungen im Einzelfall notwendig oder nur zweckmäßig sind, sei es stiftungszivilrechtlich, oder auch im Hinblick auf das ab 2026 öffentlich einsehbare Stiftungsregister.

Einen noch weiteren Überblick zu den Neuregelungen auf Grundlage des Regierungsentwurfs gibt Ihnen unser wissenschaftlicher Beitrag in der Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge (ZEV) Heft 5 2021, S. 298 ff.

 

Familienunternehmen & Private Clients

Share