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Straf­freiheit durch effektives Compliance-System

08.09.2015

Im Jahr 2011 hat Spanien durch Art. 31a des spanischen Strafgesetzbuches eine Unternehmensstrafbarkeit für eine Vielzahl von Wirtschaftsstraftaten, u.a. für Korruptionsdelikte, eingeführt (vgl. hierzu Schorn WM 2011, 1689, 1691). Bislang hat das spanische Strafrecht eine Strafmilderung für Unternehmen vorgesehen, die u.a. ein Compliance-System eingerichtet haben, ohne dass Einzelheiten hierzu näher bestimmt waren. Seit Neuestem können Unternehmen, die ein effektives Compliance-System eingeführt haben, Straffreiheit erlangen. Voraussetzung hierfür ist, dass (i) die Geschäftsführung ein Compliance Programm eingerichtet hat, dass bestimmte, gesetzlich näher definierten Mindeststandards erfüllt, (ii) eine Compliance Organisation eingerichtet wurde, die die Befugnis hat, Regelungen zu erlassen und zu überwachen, (iii) nicht vorsätzlich gegen das Compliance Programm verstoßen wurde und (iv) die Compliance Organisation nicht ihre Aufsichts-, Überwachungs- und Kontrollpflichten verletzt hat.

Die neue Vorschrift des Art. 33bis stellt sechs Mindestvoraussetzungen für ein Compliance Programm auf, nämlich:

  1. Risk assessment hinsichtlich der begangenen Straftat
  2. Prozesse und Kontrollen zur Minimierung von Strafbarkeitsrisiken
  3. Finanzielle Kontrollen, um die begangene Straftat zu verhindern
  4. Verpflichtung, der Compliance Organisation jeden Verstoß gegen Prozesse und Kontrollen zu melden
  5. Sanktionssystem, um Verstöße von Leitungspersonen und Mitarbeitern gegen das Compliance Programm zu ahnden
  6. Periodische Überprüfung des Compliance Programms, um notwendige Anpassungen vorzunehmen, wenn ernsthafte Verstöße stattgefunden haben oder wenn im Unternehmen organisatorische, strukturelle oder geschäftliche Änderungen erfolgt sind.

Weitere Voraussetzungen für die Erlangung von Straffreiheit ist der Nachweis durch das Unternehmen, dass die Mitarbeiter hinreichend zum Compliance Programm geschult wurden.

Die Anforderungen des spanischen Strafgesetzbuches an ein Compliance Programm unterscheiden sich zwar nicht wesentlich von denjenigen, die Art. 7 des UK Bribery Act 2010 aufstellt; sie entsprechen allgemein anerkannten Voraussetzungen effektiver Compliance. Entscheidend ist aber, dass das spanische Strafgesetzbuch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen explizit die Straflosigkeit des Unternehmens vorsieht. Damit geht das spanische Strafrecht über die Rechtslage in Deutschland hinaus. Im Bereich des deutschen Kartellrechts ist das Vorhandensein eines effektiven Compliance Programms kein Grund für ein Absehen von einer Unternehmensgeldbuße, noch nicht einmal für eine Bußgeldreduzierung. Auch im sonstigen Wirtschaftsstrafrecht schließt das Vorhandenseins eines hinreichenden Compliance Programms eine Unternehmensgeldbuße nach § 30 OWiG nicht aus, vielmehr stellt dies lediglich einen Abwägungsfaktor für die Ermessensentscheidung dar, ob ein Bußgeld verhängt wird bzw. in welcher Höhe.

Unternehmen haben nunmehr die Möglichkeit, strafrechtliche Risiken in Spanien erheblich zu reduzieren. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Implementierung eines Compliance Programms und die hinreichende Schulung von Mitarbeitern dargelegt werden kann. Konzerne tun also gut daran, die Erfüllung der Compliance-Anforderungen bei ihren spanischen Tochtergesellschaften sicherzustellen und vorhandene Mängel schnell abzustellen.

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