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Stürmische Zeiten in den USA und UK

11.03.2019

Der Erwerb ausländischer Staatsangehörigkeiten als Sicherheitsmaßnahme

Im Rahmen der arbeits- und aufenthaltsrechtlichen Beratung häufen sich seit einiger Zeit Fragen nach den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit. Gerade aufgrund der politischen und für Ausländer zeitweise unsicheren Lage in den USA (Maßnahmen von Präsident Trump) und auch aufgrund des bevorstehenden Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands aus der Europäischen Union (BREXIT) besteht bei Deutschen, die weiterhin in den USA bzw. im Vereinigten Königreich mit ihrer Familie leben wollen, ein hohes Interesse, die US-amerikanische bzw. britische Staatsangehörigkeit zu erwerben. Zugleich aber wollen sie zumeist (aus unterschiedlichen Gründen) ihre deutsche Staatsbürgerschaft nicht aufgeben. Unter welchen Voraussetzungen ist das möglich?

Spielregeln für doppelte Staatsangehörigkeiten

Dreh- und Angelpunkt ist nach deutschem Recht § 25 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG).

  • Grundsatz: § 25 Abs. 1 StAG sieht vor, dass ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit grundsätzlich verliert.
     
  • Ausnahme 1 (EU, Schweiz, völkerrechtlicher Vertrag): Dieser Verlust tritt aber zunächst einmal nicht ein, wenn ein Deutscher die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Schweiz oder eines Staats erwirbt, mit dem die Bundesrepublik Deutschland einen völkerrechtlichen Vertrag nach § 12 Abs. 3 StAG abgeschlossen hat. 

  • Ausnahme 2 (Beibehaltungsgenehmigung): Bei Erwerb der Staatsangehörigkeit eines Drittstaates (beispielsweise USA) kann der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit hingegen nur durch einen Antrag auf die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 25 Abs. 2 StAG (sogenannte „Beibehaltungsgenehmigung“) vermieden werden. 

    • Diese Genehmigung muss erteilt sein, bevor die andere Staatsangehörigkeit erworben wird, sonst ist die deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Aufgrund der enormen Zahl an Anträgen auf Beibehaltungsgenehmigungen vor allem von Antragstellern, die seit einiger Zeit verstärkt die US-Staatsangehörigkeit erwerben wollen, dauern die Verfahren beim zuständigen Bundesverwaltungsamt derzeit mindestens 18 Monate.

Besonderheit: BREXIT

Ungeeignetheit der bisherigen Lösungen

Wegen des unmittelbar bevorstehenden BREXIT stellt der Erwerb der britischen Staatsbürgerschaft einen Sonderfall dar, für den die bisherigen Lösungen nicht passen:

Bis zum Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union führt der Erwerb der britischen Staatsangehörigkeit nicht zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Wird über britische Staatsangehörigkeitsanträge aber erst nach dem Brexit entschieden, würde deren Erwerb zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit führen. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist der Zeitpunkt des Erwerbs der fremden Staatsangehörigkeit und nicht der Zeitpunkt der Antragstellung. Die Beantragung der Beibehaltungsgenehmigung würde hier nicht helfen, da dieser Antrag vor dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU als unzulässig zurückgewiesen werden würde. Er ist ja nicht erforderlich, solange das Vereinigte Königreich noch in der EU ist.

Neue Lösung: Neue Gesetz(entwürf)e

Da immer noch unklar ist, ob zwischen der EU und Großbritannien rechtzeitig ein Austrittsabkommen geschlossen wird, das diese Problematik behandeln würde, hat der deutsche Bundestag zwei Gesetzesentwürfe beschlossen.

  • Absicherung bei Abkommen der EU mit dem Vereinigten Königreich: Entwurf eines Gesetzes für den Übergangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (Brexit-Übergangsgesetz)

§ 3 Abs. 2 des Brexit-Übergangsgesetzes sieht vor, dass Deutsche, die vor Ablauf des (in dem Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU definierten) Übergangszeitraums einen Antrag auf Einbürgerung im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland gestellt haben, ihre deutsche Staatsangehörigkeit nach § 25 Abs. 1 StAG nicht verlieren, auch wenn der Erwerb der britischen Staatsangehörigkeit erst nach Ablauf des Übergangszeitraums erfolgt. Der Gesetzgeber möchte vermeiden, dass deutsche Einbürgerungsbewerber aufgrund nicht vorhersehbarer oder länger dauernder Bearbeitungszeiten bei britischen Behörden für ihren Einbürgerungsantrag vorsorglich eine Beibehaltungsgenehmigung beantragen müssen. Dieses Gesetz tritt an dem Tag in Kraft, an dem das geplante Austrittsabkommen in Kraft tritt. Das setzt daher voraus, dass zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich überhaupt ein Abkommen vereinbart wird (Deal-Szenario). Der Bundesrat hat diesem Gesetz am 15.02.2019 zugestimmt. Es muss noch vom Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet werden.

  • Absicherung ohne Abkommen der EU mit dem Vereinigten Königreich: Gesetz zu Übergangsregelungen im Bereich Arbeit, Bildung, Gesundheit, Soziales und Staatsangehörigkeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (BrexitSozSichÜG)

Artikel 3 Abs. 2 des BrexitSozSichÜG sieht vor, dass Deutsche, die vor dem 30.03.2019 eine Antrag auf Einbürgerung im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland gestellt haben, ihre deutsche Staatsangehörigkeit nicht nach § 25 Abs. 1 StAG verlieren, auch wenn der Erwerb der britischen Staatsangehörigkeit erst nach dem 29.03.2019 erfolgt. Diese Regelung verfolgt die gleiche Intention wie das Brexit-Übergangsgesetz, nur kommt es hier nicht darauf an, ob zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ein Austrittsabkommen vereinbart wird (No-Deal-Szenario).

Das Gesetz tritt frühestens an dem Tag in Kraft, an dem der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union wirksam wird, sofern bis dahin kein Austrittsabkommen zustande kommt. Das Parlament hat das Gesetz am 21.02.2019 mit breiter Mehrheit angenommen und nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet.

Dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit sollte eine ausführliche Prüfung der Rechtslage vorausgehen. Gerne beraten wir Sie hierzu.

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