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Umsatz­steuer: Zeitliche Grenze für die Option bei Immobilien­verkäufen

15.02.2016

Das deutsche Umsatzsteuerrecht sieht für den Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien eine Befreiung von deutscher Umsatzsteuer vor (§ 4 Nr. 9 Buchst. a) UStG). Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Verkäufer jedoch auf diese Befreiung verzichten bzw. zur Umsatzsteuer optieren (§ 9 UStG). Dies führt zum Anfall von Umsatzsteuer in Bezug auf den Grundstücksverkauf, die prinzipiell der Grundstückserwerber als Leistungsempfänger schuldet (§ 13b Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 UStG). Eine Option zur Umsatzsteuer kann für den Verkäufer u.a. sinnvoll sein, um mit diesem Grundstücksumsatz zusammenhängende Vorsteuern abzuziehen und Berichtigungen von in der Vergangenheit bereits abgezogenen Vorsteuern (§ 15a UStG) zu vermeiden.

Das Gesetz sieht vor, dass die Option zur Umsatzsteuer bzw. der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei Lieferungen von Grundstücken (außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens) nur in dem gemäß § 311b Abs. 1 BGB notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden kann (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UStG). Bislang wurde insbesondere von der Finanzverwaltung mitunter vertreten, dass die Option nicht nur im notariell zu beurkundenden Vertrag (§ 311b Abs. 1 BGB), sondern auch in einer notariell zu beurkundenden Vertragsergänzung oder -änderung erklärt werden könnte.

Der Bundesfinanzhof hat nunmehr allerdings in einem zu Jahresanfang veröffentlichten Urteil (BFH vom 21.10.2015 – XI R 40/13) entschieden, dass das Gesetz u.a. eine zeitliche Grenze für die Erklärung des Verzichts auf die Umsatzsteuerbefreiung enthält. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ermögliche die Vorschrift des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG einen solchen Verzicht nur in dem der Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariell zu beurkundenden Vertrag nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB. Hierunter versteht das Gericht den (originären) Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben (Verpflichtungsvertrag, welcher der Auflassung und der Grundbucheintragung vorhergeht). Eine erst nachfolgend vereinbarte Option zur Umsatzsteuer, z.B. im Wege einer Neufassung des Vertrags, einer Ergänzungs- oder einer Änderungsvereinbarung, lehnt der Bundesfinanzhof – selbst im Fall ihrer notariellen Beurkundung – ab.

Auswirkungen für die Praxis

Soweit eine ganz oder teilweise Option zur Umsatzsteuer im Rahmen eines Immobilienverkaufs angezeigt sein kann, sollten vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung bereits entsprechende Verzichtserklärungen vorsorglich in die originären notariell zu beurkundenden Verträge aufgenommen werden. In gleicher Weise sollte auch in Fällen von (vermeintlichen) Geschäftsveräußerungen im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG) – u.a. auch bei Einbringungs- und Umwandlungsvorgängen – sowie in Fällen von Grundstücksverkäufen innerhalb von (vermeintlichen) umsatzsteuerlichen Organschaften höchstvorsorglich verfahren werden. Insbesondere Teiloptionen sollten möglichst sorgfältig und passgenau ausgestaltet werden.

Im Übrigen ist es bislang in der Praxis üblich, in den umsatzsteuerlichen Optionsklauseln der (originären) Immobilienkaufverträge die Parteien zu verpflichten, eine etwaig unzureichende Option zur Umsatzsteuer durch notariell zu beurkundende Nachtrags- oder Änderungsvereinbarung nachzubessern. Ob eine solche Nachbesserung durch die vorbeschriebene Rechtsprechung nunmehr gänzlich ausgeschlossen wird, lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht abschließend beantworten. Im Unterschied zu dem entschiedenen Sachverhalt des vorgenannten Urteils sollte man in diesen Fällen berücksichtigen, dass die Parteien bereits im originären Vertragswerk und damit nicht erstmalig in der Nachbesserungsvereinbarung eine Umsatzsteueroption vorsehen wollten und mitunter vorgesehen haben. Bis zur Klärung dieses Aspekts durch die Rechtsprechung sollte daher von den zuvor beschriebenen Nachtrags- oder Änderungsvereinbarungen noch nicht gänzlich Abstand genommen werden.

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