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Update E-Zigarette

18.12.2015

Referentenentwürfe zur Umsetzung der neuen EU-Tabakrichtlinie – umfassende Regulierung von nikotinhaltigen und nikotinfreien E-Zigaretten

Im November hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) neue Referentenentwürfe für ein Gesetz sowie eine Verordnung zur Umsetzung der neuen EU-Tabakrichtlinie (Richtlinie 2014/40/EU) sowie eines ersten Änderungsgesetzes und einer ersten Änderungsverordnung zirkuliert. Würden diese Entwürfe in der aktuellen Ausgestaltung tatsächlich Gesetz, käme auf Hersteller von E Zigaretten – und zwar auch solcher nikotinfreier Produkte – eine massive Regulierung zu. Begleitet wird diese Regulierung von einem nahezu umfassenden Werbeverbot für die betroffenen Produkte.

Der vorliegende Beitrag versteht sich als ein kurzes Update in Sachen E Zigarette insoweit, als einleitend die zwischenzeitlich obergerichtlich entschiedene Frage der rechtlichen Einordnung von E Zigaretten noch einmal aufgegriffen werden soll. Im Anschluss sollen die nach Maßgabe der EU-Tabakrichtlinie bzw. der aktuellen deutschen Referentenentwürfe künftig geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen für diejenigen Produkte dargestellt werden, die – nach Maßgabe der nach der Rechtsprechung relevanten Abgrenzungskriterien – derzeit als reine Verbraucherprodukte keiner spezifischen Regulierung unterliegen.

Rechtliche Einordnung der E Zigarette

Bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes („BVerwG“) am 20.11.2014 war ungeklärt, ob es sich bei nikotinhaltigen E-Zigaretten und den dazugehörigen Liquids um einfache Verbraucherprodukte handelt (welche aktuell keiner spezifischen Regulierung unterliegen) oder ob nikotinhaltige Liquids wegen ihrer vermeintlichen pharmakologischen Wirkung als Arzneimittel und die E-Zigarette selbst als Medizinprodukt anzusehen ist.

Seit der Entscheidung des BVerwG steht nun fest, dass es sich grundsätzlich nicht um Arzneimittel bzw. Medizinprodukte handelt. Zur Begründung führte das BVerwG aus, dass nikotinhaltige Liquids nicht als ein sog. Funktionsarzneimittel anzusehen sein, da das Nikotin zwar die menschlichen, physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung nennenswert beeinflusse (was nach der gängigen Definition des Arzneimittelbegriffs grundsätzlich genügt hätte); es fehle aber an einer nach dem Sinn und Zweck der entsprechenden gesetzlichen Regelung ergänzend zu fordernden therapeutischen Wirksamkeit. Verbraucher würden den nikotinhaltige Liquids überwiegend gerade keine arzneiliche Zweckbestimmung beimessen, sondern diese als Genussmittel verwenden.

Auch nach der Entscheidung des BVerwG kommt aber nach wie vor eine Einordnung von E-Zigaretten und Liquids als Medizinprodukt bzw. Arzneimittel in Betracht, wenn die Produkte im Einzelfall als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten vermarktet („präsentiert“) werden. Denn in diesen Fällen läge begrifflich ein sog. Präsentationsarzneimittel vor, das ebenso wie ein Funktionsarzneimittel – den arzneimittelrechtlichen Regularien unterliegt. Dies betrifft insbesondere diejenigen Fällen, in denen eine E-Zigarette und deren Liquids als Mittel zur Raucherentwöhnung beworben werden. Sofern dies der Fall ist, sind die rechtlichen Anforderungen für Arzneimittel bzw. Medizinprodukte einzuhalten, welche die nachstehend dargestellten neuen tabakrechtlichen Vorgaben für E-Zigaretten verdrängen. Für solche Funktionsarzneimittel sind die nachfolgenden Ausführungen ohne Belang, da sowohl die EU-Tabakrichtlinie als auch die Referentenentwürfe sowohl Arzneimittel als auch Medizinprodukte von ihrem Anwendungsbereich ausdrücklich ausnehmen. 

Regulierung von E Zigaretten nach Maßgabe der Referentenentwürfe

Das BMEL hat sich aufgrund der bereits am 20.05.2016 endenden Frist zur Umsetzung der EU-Tabakrichtlinie entschieden, zunächst in einem ersten Schritt die Vorgaben der EU-Tabakrichtlinie durch zwei Referentenentwürfe bestehend aus einem „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse“ sowie einem Entwurf einer ergänzenden „Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse“ umzusetzen. Erst in einem zweiten Schritt will das BMEL – um die Einhaltung der Umsetzungsfrist nicht zu gefährden – die über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehenden Teile der deutschen Entwürfe im Wege einer Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes bzw. der Tabakerzeugnisverordnung integrieren. Denn bezüglich dieser überschießenden Inhalte ist mit erheblichem Widerstand der Industrie zu rechnen. Während die Richtlinie nämlich selbst nur nikotinhaltige Produkte (E-Zigaretten und Nachfüllbehälter) erfasst, gehen die Referentenentwürfe darüber hinaus, indem sie die regulatorischen und werberechtlichen Vorgaben gleichermaßen für nikotinhaltige als auch für nikotinfreie Produkte angewendet wissen möchten. Im Einzelnen sind folgende Neuerungen im Vergleich zur aktuellen Rechtslage vorgesehen:

  • Die Entwürfe enthalten – wie von der Richtlinie (dort insbesondere Art. 20) vorgegeben – rechtliche Regelungen für E-Zigaretten im Hinblick auf deren In-haltsstoffe, die Produktsicherheit, die Verpackungsgestaltung sowie zu spezifischen Handlungspflichten der Hersteller, Importeure und Händler (etwa in Bezug auf das Rückrufmanagement).
  • Anlage 2 des ersten Verordnungsentwurfes zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung enthält dabei eine umfangreiche Liste von in elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern verbotenen Inhaltsstoffen. Dies betrifft beispielsweise Bestandteile, Extrakte und Öle von verschiedenen Pflanzen, wie Kamille, Salbei, Pfefferminze, Weihrauch u. v. m. Verboten sind zudem etwa auch Koffein, Taurin oder sonstige Zusatzstoffe und stimulierende Mischungen, welche mit Energie und Vitalität assoziiert werden, z. B. Bestandteile, Extrakte und Öle der Kaffeepflanze, der Guaranapflanze oder des Mate-Strauches.
  • Nach den neuen Vorgaben dürfen elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie kinder- und manipulationssicher sowie bruch- und auslaufsicher sind und über einen Mechanismus für eine auslauffreie Nachfüllung verfügen.
  • Daneben stellen die Entwürfe entsprechend den Vorgaben der Richtlinie Anforderungen an die Gestaltung von Packungen und Außenverpackungen sowie an die Gestaltung des obligatorisch beizufügenden Beipackzettels. Bei nikotinhaltigen elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern ist zudem eine gesundheitsbezogener Warnhinweis anzubringen.
  • Schließlich enthalten die Entwürfe – ebenfalls im Einklang mit der Richtlinie – umfangreiche Mitteilungspflichten gegenüber Behörden, insbesondere eine Pflicht zur Mitteilung umfangreicher Produktinformationen an die zuständige Behörde spätestens 6 Monate vor dem beabsichtigten Inverkehrbringen (bei elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern, die vor dem 20. Mai 2016 bereits im Verkehr sind, soll diese Mitteilung innerhalb von 6 Monaten ab diesem Datum erfolgen).
  • Umfangreiche Einschnitte sehen die Entwürfe letztlich auch mit Blick auf die Zulässigkeit von Werbung für entsprechende Produkte vor. Für Tabakerzeugnisse galten bereits bisher umfangreiche Werberestriktionen, etwa was die Werbung im Hörfunk, in der Presse und anderen gedruckten Erzeugnissen, in den Diensten der Informationsgesellschaft sowie in der sonstigen audiovisuellen kommerziellen Kommunikation anbelangt. Diese Werbeverbote werden nunmehr auch auf E Zigaretten (gleich ob nikotinhaltig oder nikotinfrei) übertragen. Daneben werden durch den Referentenentwurf zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes weitere Werbeverbote eingeführt, nämlich das Verbot der Außenwerbung, der kostenlosen Abgabe entsprechender Erzeugnisse an Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Ausspielung entsprechender Produkte. Zusätzlich sieht der Entwurf Einschränkungen bezüglich der Kinowerbung vor. Kinowerbung wird danach zwar nicht gänzlich untersagt. Sie soll aber nur noch im Zusammenhang mit Filmen zulässig sein, die von der obersten Landesbehörde oder einer Organisation der Freiwilligen Selbstkontrolle im Rahmen des Verfahrens nach § 14 Abs. 6 JuSchG mit „Keine Jugendfreigabe“ gekennzeichnet worden sind. Raum für Werbung bliebe damit letztlich fast nur noch am Ort des Verkaufs.
Es bleibt abzuwarten, ob die erläuterten Referentenentwürfe in dieser Form – insbesondere im Hinblick auf diejenigen Teil der Entwürfe, die über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehen – tatsächlich Gesetz werden. Während der erste Schwung der Entwürfe, nämlich der „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse“ sowie der Entwurf einer ergänzenden „Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse“ – da sie ohnehin nur die Vorgaben der Richtlinie umsetzen – das Gesetzgebungsverfahren ohne größere Probleme passieren dürfte, ist mit Blick auf die im Anschluss geplanten Änderungen des Tabakerzeugnisgesetzes bzw. der Tabakerzeugnisverordnung mit erheblichem Widerstand von Seiten der Industrie zu rechnen.

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