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US-amerikanische E-Book-Plattform haftet für Urheberrechtsverletzungen in Deutschland

08.05.2019
Mit Urteil vom 30.04.2019 (Az. 11 O 27/18) hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschieden, dass eine US-amerikanische E-Book-Plattform für Urheberrechtsverletzungen an in Deutschland noch nicht gemeinfreien Werken nach deutschem Recht haftet. Auch der Geschäftsführer der Plattform kann für die Urheberrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden.

Sachverhalt

Die Beklagte, eine US-amerikanische „non-profit Corporation“, betreibt eine auch in Deutschland abrufbare Webseite, auf der neben einer Vielzahl anderer Bücher u.a. 18 Werke von Thomas Mann, Heinrich Mann und Alfred Döblin in deutscher Sprache kostenlos abrufbar sind. Die Internetplattform ist in der Weise konzipiert, dass für die Beklagte tätige Dritte („Volunteers“) Bücher auf der Plattform einstellen, deren Gemeinfreiheit nach US-amerikanischen Recht die Beklagte vor der Veröffentlichung prüft. Die Plattform bezeichnet die von den Volunteers hochgeladenen Bücher als „our books“ und verweist auf eine mit der angebotenen Literatur verbundene „Project License“.

Ein Verlag, der in Deutschland die ausschließlichen Rechte an den Werken von Thomas und Heinrich Mann sowie Alfred Döblin hält, klagte auf Unterlassung und hatte in erster Instanz vor dem Landgericht Frankfurt a.M. (Urt. v. 09.02.2018, Az. 2-03 O 4943/14) Erfolg. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat diese Entscheidung bestätigt.

Zuständigkeit deutscher Gerichte und Anwendbarkeit deutschen Rechts

Zunächst musste sich das Oberlandesgericht mit der Frage beschäftigen, ob deutsche Gerichte für den Rechtsstreit zuständig sind und, ob deutsches Recht anwendbar ist. Beides hat das Gericht bejaht. Für die internationale Zuständigkeit reicht aus, dass die Internetplattform auch in Deutschland abrufbar ist.

Die Anwendbarkeit deutschen Rechts richtet sich nach dem sogenannten Schutzlandprinzip. Danach ist das Recht des Staates anzuwenden, für dessen Gebiet Schutz in Anspruch genommen wird. Dies war hier Deutschland. Nach deutschem Recht wurde das Urheberrecht an den Werken durch deren Abrufbarkeit auf der Internetplattform verletzt, da diese in Deutschland noch nicht gemeinfrei waren.

Haftung der Internetplattform

Zudem nahm das Gericht an, dass die Plattform als Täterin für die Urheberrechtsverletzungen haftet. Zwar hatte die Beklagte die Werke nicht selbst hochgeladen. Allerdings hatte sie sich die Inhalte zu eigen gemacht. Maßgeblich hierfür war die von der Beklagten gewählte Bezeichnung („our books“) und auch die in Bezug genommene „Project License“. Hinzu kam, dass die Beklagte die Werke der Autoren auch weiterhin anbot, nachdem die Klägerin auf den in Deutschland noch bestehenden Urheberrechtsschutz hingewiesen hatte.

Haftung des Geschäftsführers der Internetplattform

Schließlich bejahte das Gericht auch eine Haftung des Geschäftsführers der Plattform. Grundsätzlich muss ein Geschäftsführer zwar nicht jede Urheberrechtsverletzung verhindern, die aus dem von ihm geführten Unternehmen heraus begangen wird. Anders sieht es aber bei Rechtsverletzungen aus, die – wie hier – auf einer Maßnahme der Gesellschaft beruht, die typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird. Maßgeblich war in diesem Zusammenhang, dass der Geschäftsführer selbst das Konzept entworfen hatte, die Werke vor der Veröffentlichung lediglich auf die Vereinbarkeit mit US-amerikanischen Recht zu überprüfen, obwohl sich die Internetseite bestimmungsgemäß auch an deutsche Nutzer richtet.

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