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USA präzisieren die Reichweite ihrer jüngsten Iran-Sanktionen

12.06.2020

Am 10. Januar 2020 verschärften die USA ihre bereits bestehenden Sanktionen gegen den Iran. Sie erstreckten dabei insbesondere die bereits geltenden Iran-Sanktionen auf weitere Sektoren der iranischen Wirtschaft, namentlich den Bausektor, die Bergbauindustrie, die verarbeitende Industrie und die Textilwirtschaft (siehe unsere News vom 14.01.2020). Es handelt sich dabei um sog. secondary sanctions, d. h. Sanktionen, die außerhalb des US-Staatsgebiets auf Geschäfte ohne jeglichen US-Bezug extraterritorial Anwendung finden. Nun haben die USA den Anwendungsbereich dieser Sanktionsregeln vom Januar konkretisiert. Wer erwartet hatte, die USA würden die weit gespannten Sanktionen im Zuge der Konkretisierung sachlich einschränken, wurde enttäuscht. 

Zur Erinnerung: Gegenstand und Ziel der neuen Iran-Sanktionen vom Januar 2020

Die US-Iran-Sanktionen vom 10. Januar 2020 sanktionieren – zusätzlich zu den bereits bestehenden Sanktionen – zum einen jede natürliche oder juristische Person, die im Bausektor, der Bergbauindustrie, der verarbeitenden Industrie oder der Textilwirtschaft wirtschaftlich tätig ist. Zum anderen sanktionieren die neuen Beschränkungen natürliche und juristische Personen, die in signifikantem Umfang Güter und Dienstleistungen in die genannten Sektoren liefern bzw. die in signifikantem Umfang Güter aus diesen Sektoren beziehen. 

Konkretisierungen der neu von den Iran-Sanktionen erfassten Bereiche der iranischen Wirtschaft

Die Konkretisierungen betreffen die von den Iran-Sanktionen im Januar erstmals erfassten Bereiche der iranischen Wirtschaft, nämlich den Bausektor, die Bergbauindustrie, die verarbeitende Industrie und die Textilwirtschaft:

Der Bausektor umfasst danach die Produktion, Beschaffung, Entwicklung, Rahmung oder Anordnung von Teilen oder Materialien im Iran zur Herstellung, Entwicklung und Gestaltung von Gebäuden oder Konstruktionen, einschließlich der Entwicklung, Montage und Errichtung von Wohn-, Geschäfts- oder institutioneller Gebäude vor Ort im Iran. Weiterhin erfasst sind die Durchführung neuer Arbeiten, Ergänzungen, Änderungen, Instandhaltungen und Reparaturen dieser Gebäude.

Vom Bergbausektor umfasst ist jede Handlung, jeder Prozess oder Industriezweig, in dem im Iran Erze, Kohle, Edelsteine oder andere Mineralien oder geologische Materialien im Tagebau oder unterirdisch abgebaut werden.

Der Begriff der verarbeitenden Industrie der iranischen Wirtschaft bezeichnet die Herstellung von Gütern im Iran durch Handarbeit oder Maschinen, die für den Export aus dem Iran oder für den Verkauf innerhalb des Irans bestimmt sind.

Der Begriff des Textilsektors umfasst die Fasersynthese, das Färben, Weben, Stricken oder Filzen von Textilien im Iran, einschließlich Bekleidung, Teppiche, Tücher, Stoffe oder verwandte Güter, die für den Export aus dem Iran bestimmt sind.

Faktisch sämtliche Wirtschaftsbereiche und Dienstleistungen erfasst

Neben dem Verständnis der Sektoren wird auch konkretisiert, was unter den Gütern und Dienstleistungen für die jeweiligen Sektoren zu verstehen ist. Dadurch wird die Reichweite der jüngsten Iran-Sanktionen noch einmal besonders deutlich. So fällt etwa im Bereich der Bauwirtschaft die Lieferung von Bauzubehör, Beton, Gerüsten, Aufzügen, Kräne und anderer mechanisierter Ausrüstung für den Materialtransport unter die Sanktionen; erfasste Dienstleistungen schließen Spreng-, Abbruch-, Bagger-, Elektro-, Aushub-, Maurer-, Klempner-, Takelage- und Schweißarbeiten sowie Architektenleistungen und Baumanagement ein. 

Sanktionierte Güter im Bereich der verarbeitenden Industrie umfassen Rohstoffe und Werkzeuge, sanktionierte Dienstleistungen im Bereich der verarbeitenden Industrie umfassen die Neuanschaffung, Wartung und Reparatur von Fertigungsausrüstung, die Beschaffung oder Lieferung von Rohstoffen für die verarbeitende Industrie sowie Vertriebsdienstleistungen für die verarbeitende Industrie.

Gerade mit Blick auf die Sanktionen im Zusammenhang der verarbeitenden Industrie verbleiben faktisch keine Bereiche der iranischen Wirtschaft – außer dem Bereich der Landwirtschaft –, die nicht sanktioniert wären. 

Signifikante Transaktionen

Wie beinahe immer bei US-Sekundärsanktionen müssen die relevanten Transaktionen einen „signifikanten“ Umfang aufweisen, um in den Anwendungsbereich der Sanktionen zu fallen. Wann eine Transaktion signifikant ist, lässt sich nicht allgemein beurteilen, sondern wird von den US-Sanktionsbehörden in jedem Einzelfall nach der Gesamtheit der Fakten und Umstände ermittelt. Von besonderer Bedeutung sind dabei u.a. Wert und Anzahl der Güter bzw. Wert und Häufigkeit von Dienstleistungen sowie ob die Güter oder Dienstleistungen unter Einsatz von Maßnahmen geliefert oder erbracht wurden, die Verstöße gegen die US-Sanktionen verschleiern sollen.  

Von den Wirtschaftssanktionen ausgenommene Teilbereiche

Ausdrücklich von den jüngsten US-amerikanischen Wirtschaftssanktionen ausgenommen sind humanitäre Güter und Dienstleistungen sowie Güter und Dienstleistungen, die den Schutz von Leben und die Verhütung von Verletzungen von Personen gewährleisten. Dazu gehören insbesondere die Herstellung von Medizin- und Hygieneprodukten und -einrichtungen sowie persönliche Schutzausrüstungen und Systeme für industrielle Sicherheit. 

Rechtsfolgen und Umgang mit den Iran-Sanktionen

Bei signifikanten Transaktionen in den genannten Sektoren der iranischen Wirtschaft droht deutschen und europäischen Unternehmen, ins Visier der US-Sanktionsbehörden zu geraten und selbst auf die SDN-Liste gesetzt zu werden. Verstöße gegen die neuen Sanktionen im Bereich der iranischen Bau-, Bergbau-, Textil- und Fertigungswirtschaft können zudem ein Einreiseverbot in die USA nach sich ziehen. Die Folgen einer SDN-Listung sind verheerend und kommen einer weitgehenden wirtschaftlichen Handlungsunfähigkeit gleich. US-Unternehmen ist es unter Strafandrohung untersagt, mit als SDN gelisteten natürlichen und juristischen Personen Geschäfte einzugehen, und die allermeisten westlichen Geschäftspartner unterlassen aus Gründen der Risikoabwägung ebenfalls Geschäfte mit SDN – aus Sorge, selbst als SDN gelistet zu werden. 

Deutschen Unternehmen mit iranischen Geschäftsbeziehungen empfehlen wir dringend, ihr Sanktionslisten-Screening zu aktualisieren und mit großer Sorgfalt zu betreiben. Dabei sollten Geschäftspartner sowie – soweit möglich – deren Anteilseigner auf eine SDN-Listung überprüft werden. Beim Umgang mit US-Sekundärsanktionen gegen den Iran sind zugleich die Vorgaben der EU Blocking Regulation einzuhalten (vgl. unsere News vom 07.08.2018).

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